Die Zahlen:
Der 1. FC Heidenheim ist seit acht Spielen ungeschlagen, Tabellenführer Bayer Leverkusen bereits die komplette Saison über in 21 Bundesligapartien. Während der FCH als Neuling seine erste Bundesligasaison überhaupt spielt, ist Leverkusen seit 1979 erstklassig und seither nie wieder abgestiegen. 1988 gewann die "Werkself" den UEFA-Cup, 1993 den DFB-Pokal, 2002 stand das Team im Champions-League-Finale. Deutscher Meister wurde Leverkusen noch nie, mehrere zweite Plätze sorgten für den wenig schmeichelhaften Begriff "Vizekusen".
Der Vergleich der Kaderwerte zeigt eindrücklich die unterschiedlichen Fußballwelten, in denen sich beide Klubs bewegen. Während das Internetportal transfermarkt.de das Team des FCH auf einen Gesamtwert von 49,3 Millionen Euro taxiert (nur Darmstadt 98 zählt weniger), wird der Wert des Leverkusener Star-Ensembles auf 566,6 Millionen Euro beziffert (nur Bayern mehr). Kurios: Allein Jung-Nationalspieler Florian Wirtz besitzt mit 100 Million Euro einen doppelt so hohen Transferwert wie der komplette Heidenheimer Kader. Während Leverkusen 19 Nationalspieler in seinen Reihen zählt, spielt beim 1. FC Heidenheim mit Lenny Maloney (USA) bislang nur ein Internationaler.
Bundesliga-Spitzenreiter ist Heidenheim dagegen in Sachen Laufleistung: Das Team spulte in seinen 21 Saisonspielen bereits 2557 Kilometer ab. Bei den Sprints (5282) war nur Wolfsburg stärker.
Die Trainer:
Heidenheims Frank Schmidt (50) ist der Rekordtrainer im deutschen Profifußball. Seit September 2007 sitzt der "ewige Frank" durchgehend auf der Bank der Brenztäler, führte den Klub in diesen 16 Jahren von der Oberliga sensationell bis in die Bundesliga. Der Vertrag des gebürtigen Heidenheimers läuft noch bis 2027. Als Spieler schaffte es der frühere U-20-Nationalspieler Frank Schmidt nie in die Bundesliga, in der zweiten Liga galt er als robuster Abwehrstratege.
Auf eine glanzvolle Spielerkarriere kann Leverkusens Coach Xabi Alonso zurückblicken. Der 42-Jährige spielte für die Top-Klubs Real Madrid, FC Liverpool und Bayern München, holte zahlreiche Titel. Der Spanier absolvierte für sein Land 116 Länderspiele und wurde einmal Weltmeister und zweimal Europameister. Leverkusen ist seit dem 5. Oktober 2022 die erste Cheftrainer-Station des früheren Mittelfeldspielers. In seiner ersten Saison führte Alonso Leverkusen in die Europa League, in dieser Saison ist er mit seinem Team in allen drei Wettbewerben noch ungeschlagen.
Die Torhüter:
Zwischen den Pfosten sind die Heidenheimer sehr gut aufgestellt. Routinier Kevin Müller (32) steigerte sich mit zunehmender Saisondauer, ist mit seiner Körperlichkeit und Reaktionsschnelligkeit der große Rückhalt. Müller steht bereits seit 2015 im Heidenheimer Tor und zählt seit Jahren zu den Führungsspielern. Er parierte von allen Bundesligakeepern die zweitmeisten Torschüsse (86).
Lukas Hradecky (34) ist bei Bayer der Keeper, auf den sich alle verlassen können. Der Finne ist unumstrittener Stammspieler mit seiner Routine von 281 Bundesligaspielen. Hradecky steht in der sechsten Saison im Bayer-Gehäuse und spielte in dieser Saison bereits zehn Mal zu Null.
Die Abwehr:
Die Defensive hat sich beim FCH enorm gesteigert. Nach Eingewöhnungsproblemen und (zu) vielen Gegentoren hat sich die Viererkette gefestigt. Seit Jahresbeginn kassierte der FCH in fünf Spielen nur noch fünf Treffer. Ein entscheidender Schachzug gelang Trainer Schmidt, als er Mittelfeldspieler Benedikt Gimber zum Innenverteidiger umfunktionierte. Gimber, vom Zweitligisten Regensburg gekommen, bildet mit Kapitän und Abwehrchef Patrick Mainka ein stabiles Gespann. Rechts verteidigt mit dem schnellen Omar Traoré die Überraschung der Saison. Der frühere Osnabrücker schaffte fast mühelos den Sprung von der 3. Liga in die Bundesliga. Links ist der Ex-Freiburger Jonas Föhrenbach mit seinen Flankenläufen ein wichtiger Faktor.
SWR Sport | 24.11.2024 SWR Sport mit Ex-VfB Stuttgart-Profi Martin Lanig
Fußball-Feuerwerk bei SWR Sport: Der VfB Stuttgart zwischen Bochum und Belgrad, Heidenheim zwischen Leverkusen und Chelsea, Hoffenheim mit neuem Trainer und Freiburg in Dortmund. Im Studio analysiert Ex-Bundesliga-Profi Martin Lanig die Lage der Liga.
Bayer Leverkusen stellt die beste Defensive der Bundesliga. Nur 14 Gegentore nach 21 Spielen, eine herausragende Bilanz. Bayer ließ auch die wenigsten Torschüsse zu. Eine ganz starke Saison spielt der deutsche Nationalspieler Jonathan Tah, neben ihm verteidigen entweder der Ecuadorianer Hincapie, Tapsoba (Burkina Faso) oder der Ivorer Kossounou.Trainer Alonso hat die Qual der Wahl zwischen mehreren Klassespielern. Als Prunkstück des Teams gilt in dieser Saison aber die Außenverteidigung mit den schnellen und spielstarken Jeremie Frimpong und Alejandro Grimaldo (8 Tore!), die immer wieder in der Offensive für Akzente sorgen und zahlreiche Scorerpunkte sammeln.
Das Mittelfeld:
Die Heidenheimer gelten in der Zentrale als zäh, unermüdlich, lauf- und kampfstark. Als personifizierter FCH gilt dabei US-Nationalspieler Lenny Maloney. Er ist der Aggessiv-Leader des Teams und der laufstärkste Spieler der Bundesliga (250,89 km Laufleistung). Neben ihm ackern Adrian Beck und Jan Schöppner. Auf den Außenbahnen sorgen die Bremen-Leihgabe Eren Dinkci (7 Tore), mit 36,41 km/h der schnellste Spieler der Bundesliga, und vor allem Schusskünstler Jan-Niklas Beste für Furore und Torgefahr. Beste erzielte bereits sechs Treffer und bereitete acht weitere vor, gilt als DER Standard-Spezialist der Bundesliga.
Bayer Leverkusen besitzt mit Neuzugang Granit Xhaka den besten Sechser der Liga. Der Schweizer hält die Zügel fest in der Hand, bringt seine ganze Erfahrung aus vielen Jahren Premier League in England mit ein. Internationale Klasse besitzen auch die beiden Nationalspieler Jonas Hofmann und insbesondere Supertalent Florian Wirtz. Der erst 20-Jährige gilt als DIE Zukunfsthoffnung des deutschen Fußballs und befindet sich seit Monaten in glänzender Form. Die "Kämpfer" neben den "Künstlern" sind der Ex-Heidenheimer Robert Andrich und der argentinische Weltmeister Exequiel Palacios, die für die nötige Balance sorgen.
Der Angriff:
Beim FCH ist Tim Kleindienst als zentrale Spitze gesetzt. Der kampf- und laufstarke Zweitliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison steht aktuell bei sechs Saisontoren, hat aber leider seit einigen Wochen die "Seuche am Schlappen", vergab zuletzt beste Torchancen. Neben Kleindienst gilt Marvin Pieringer als zusätzliche kopfballstarke Variante im FCH-Angriff.
Die 55 Bayer-Treffer werden nur vom FC Bayern (59) übertroffen. Der langfristige Ausfall von Victor Boniface ist für Bayer Leverkusen ein großes Handicap. Der Neuzugang aus Belgien sorgte in der Hinrunde mit zehn Treffern für Furore, verletzte sich aber vor dem Jahreswechsel und fällt bis April aus. Allerdings besitzt der Tabellenführer mit dem Tschechen Patrik Schick eine hochkarätige Alternative. Daneben wurde im Januar noch der wuchtige Spanier Borja Iglesias als Boniface-Ersatz verpflichtet.
Fazit:
Nach Zahlen und Namen hat der Tabellenachte Heidenheim im Vergleich zum Tabellenersten Leverkusen eigentlich keine Chance. Entscheidend aber ist immer noch auf dem Platz, und da besitzt der FCH aufgrund seiner Heimstärke, Kampf- und Laufarbeit sowie seiner mannschaftlichen Stabilität der letzten Monate durchaus eine Außenseiterchance. Vielleicht gelingt den Schwaben ja die Sensation, und Bayer kassiert am Samstag (15.30 Uhr) auf dem ungemütlichen Schlossberg die erste Saisonniederlage. Die 15.000 Fans in der ausverkauften Arena dürfen sich in jedem Fall auf ein packendes Spitzenspiel freuen.
P.S. Kleiner Mutmacher für Heidenheim
Vor gut fünf Jahren, am 5. Februar 2019, trafen beide Teams im Achtelfinale des DFB-Pokals aufeinander. Damals gewann Zweitligist Heidenheim gegen Bundesligist Bayer Leverkusen mit 2:1 (0:1)...