Kennen Sie die bislang erfolgreichste deutsche Mannschaft in dieser Saison im Europapokal? Es ist nicht der FC Bayern, nicht Borussia Dortmund und auch nicht die noch ungeschlagene Frankfurter Eintracht. Es ist der 1. FC Heidenheim nach dem 2:0 bei Heart of Midlothian. Fünf Spiele beim Debüt auf internationalem Parkett, fünf Siege in der Conference League inklusive Qualifikation. Macht eine blütenweiße Weste, sprich makellose Punkte-Bilanz für das Team von Trainer Frank Schmidt und aktuell Platz sechs in der Tabelle der 36 Teams.
Fünf Spiele, fünf Sieg auf internationalem Parkett
Zwei Siege in der Quali gegen Häcken, drei Siege bislang in der Vorrunde der Conference League gegen Ljubljana, bei Pafos und in Edinburgh gegen Heart of Midlothian. Zugegeben, sicherlich nicht die Schwergewichte im kontinentalen Fußball, aber dennoch Gegner mit internationaler Erfahrung, die du erstmal besiegen musst. Was die Heidenheimer dann auch getan haben. Und deshalb Hut ab vor den Brenztälern für diese starke Serie, der Einzug in die K.O.-Phase ist fast schon sicher. Imponierend vor allem, wie sich die Heidenheimer am Donnerstagabend nach schwacher erster Hälfte doch noch den 2:0-Sieg erspielten und erkämpften.
Der Erfolg in Schottlands Hauptstadt sollte dem FCH neuen Mut, neues Selbstvertrauen vor allem für die Bundesliga einhauchen, nachdem zuletzt bei den nationalen Aufgaben eine Ergebnisdelle die Zwischenbilanz etwas verhagelt hat: Vier sieglose Partien in Serie mit nur einem Punkt in der Bundesliga, dazu das ärgerliche Aus im DFB-Pokal bei Hertha BSC mit dem nicht gegebenen Last-Minute-Ausgleich von Paul Wanner sorgten für Frust im Brenztal.
Dennoch gibt es keine Spur von Unruhe in Heidenheim, und das ist auch richtig so. Das Team steht mit immerhin zehn Punkten aus neun Bundesligaspielen auf Platz 12 und damit auf einem ordentlichen Mittelfeldplatz. Mehr vom FCH zu erwarten, wie etwa Platz acht in der überperformten Bundesliga-Premierensaison, würde den Umständen und den Mitteln, mit denen auf dem Schlossberg gearbeitet wird, in keinster Weise gerecht werden.
Umfassende Rotation als Lösung
Zumal nach den Abgängen der drei Offensiv-Leistungsträger Kleindienst, Dinkci und Beste und der bisherigen Dreifach-Belastung mit Bundesliga, DFB-Pokal und Europacup, die kräftemäßig - mental und physisch - nur mit einer außerordentlichen personellen Rotation von Spiel zu Spiel zu bewerkstelligen ist. Sieben oder acht Spieler raus, sieben oder acht frische Akteure rein. So heißt es in der Regel während der zahlreichen Englischen Wochen in Heidenheim von Wettbewerb zu Wettbewerb. Bislang 16 Pflichtspiele sind eine Menge Holz für Kopf und Körper.
Frank Schmidt macht das gut und richtig, verschafft mit seiner umfassenden Rotation jedem Spieler im Kader genügend Spielpraxis, aber auch die nötigen Verschnaufpausen. Und wenns mal nicht rund läuft, wie eben zunächst in Schottland, sitzen erprobte Kräfte als Nachschub auf der Bank. Siehe am Donnerstag beispielsweise Mathias Honsak, mit dem zur Pause neuer Schwung kam. Oder der spät eingewechselte Jan Schöppner, der als kopfballstarker Joker zum entscheidenden 2:0 einköpfte.
Punktesammeln gegen Wolfsburg
Und dennoch muss in der Bundesliga der Blick immer wieder streng nach unten gehen. Stichwort Klassenerhalt, das allein ist das ausgerufene Saisonziel des FCH. Denn der aktuelle Abstand zum Relegationsplatz mit der TSG Hoffenheim beträgt lediglich zwei Zähler. Der sehenswerten Kür in der Conference League sollte jetzt unbedingt wieder eine erfolgreiche Pflicht in der Liga folgen. Und die heißt: Punkte sammeln am Sonntag daheim gegen den VfL Wolfsburg. Auch wenn zuletzt vor allem das Toreschießen extrem schwer fiel.
Nicht nur für Frank Schmidt ist das Duell mit den "Wölfen" ein wichtiges, ein richtungsweisendes Spiel, um den Trend wieder zu drehen und mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause zu gehen. Zumal es danach hammerhart wird, mit Meister Bayer Leverkusen, Überflieger Eintracht Frankfurt, dem Tabellenführer FC Bayern München und dem Vizemeister VfB Stuttgart in dieser Reihenfolge die Bundesliga-Top-Teams auf die Heidenheimer warten.
Spiel des Jahres gegen Chelsea
Daneben geht aber auch die Kür auf dem europäischen Parkett munter weiter. Am 28. November gastiert der ruhmreiche FC Chelsea aus England zum "Spiel des Jahres" auf dem Schlossberg. Heidenheim im Europacup gegen Chelsea - irgendwie immer noch unglaublich, oder? Die Schwaben leben weiter ihren internationalen Fußball-Traum. Ohne allerdings den Alltag zu vergessen. Schließlich ist die Liga ist bei aller Euphorie über die starken Auftritte in Europa immer noch das Kerngeschäft.