Bei den Finals am kommenden Wochenende wird Ruth Spelmeyer-Preuß wieder ihre 400 Meter sprinten und um die deutsche Meisterschaft kämpfen. Dass dahinter viel Trainingsarbeit steckt, ist klar. Worüber aber kaum gesprochen wird ist, welchen Einfluss der Zyklus und die Verhütungsmethoden auf die Trainingsarbeit und die Leistung von Sportlerinnen haben. Leichtathletin Ruth Spelmeyer-Preuß hat im Gespräch mit SWR Sport von ihren Erfahrungen erzählt.
Umstellung von Pille auf Spirale
Nach mehreren deutschen Meistertiteln, stieg die 30-Jährige von der Pille auf die Spirale um. Das habe bei ihr hormonell so viel umgestellt, dass sie "ziemlich sicher im Zuge dessen" zwei Ermüdungsbrüche am Schambein erlitten hatte. Auch wenn im Nachhinein keine Hormonstatus-Analysen mehr möglich seien, vermutet sie, dass die unnatürliche Schwankung im Östrogenwert auch dafür sorgte, dass die Schwachstellen wieder aufgegangen sind.
Mehrere Monate Zwangspause
2018 konnte sie durch die Verletzung keine Wettkämpfe bestreiten, mehrere Monate war Sport unmöglich. "2018 hatten der Heim-EM in Berlin stattgefunden, wo ich eigentlich eine Medaille gewinnen wollte oder zwei am besten." 2019 sei dann das schlimmste Wettkampfjahr gewesen, "weil ich gar nichts mehr konnte (...) Und das hat mir halt richtig viel verhagelt".
Forderung: Teil der sportmedizinischen Untersuchung
Die Sportlerin betont, dass die Erfahrungen zur hormonellen Verhütung immer individuell sind und macht ihrem damaligen Frauenarzt keine Vorwürfe. Dennoch wünscht sie sich mehr Beratung und Aufklärung. Beispielsweise eine gynäkologische Beratung in den jährlichen sportmedizinischen Untersuchungen. "Wo vielmehr solcher Fragen geklärt werden können und vielmehr darauf eingegangen wird." So könne man sehr viel verhindern beziehungsweise einfach von vornherein besser machen, sagt sie im Gespräch mit SWR Sport.
SWR-Umfrage unter Spitzensportlerinnen Sportlerinnen fordern in SWR-Umfrage: Periode im Trainingsplan berücksichtigen
Frauen haben ihre Periode. Das ist nicht neu. Doch im von Männern dominierten Spitzensport ist diese Tatsache vielerorts noch immer ein Tabu. Es fehlt an Studien, an Gender-basierten Trainingsplänen, an Offenheit. Für die Sportlerinnen führt das teils zu massiven Problemen.
Für Aufklärung sorgen
"Gerade in Ausdauersportarten kommt es bei jungen Athletinnen vor, dass sie einfach monatelang ihre Tage nicht bekommen." Von solchen Sachen wüssten die Trainer vielleicht nicht unbedingt, es könne aber zu ernsthaften Schwierigkeiten führen. Um dahingehend für Aufklärung zu sorgen schlägt sie vor, Sportlerinnen gynäkologisch besser zu beraten: "Da ist einfach bei Frauen dieser Bereich, das einfach auszusparen, das ist so, als ob man negieren würde, das es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Die einfach nur mal da sind. Also zumindest biologisch."
Insgesamt noch zu wenige Studien
Dass der weibliche Zyklus und der Einfluss hormoneller Umstellungen in der Trainingsplanung der Sportlerinnen bislang nur wenig berücksichtigt wird liegt unter anderem daran, dass es für viele immer noch ein Tabu-Thema ist. Die Scham von Trainerinnen oder Trainern und den Sportlerinnen sei das Hauptproblem, sagt die Sportmedizinerin Professor Petra Platen. Grundsätzlich fehlten auch wissenschaftliche Studien, die eindeutige Ergebnisse zu den Zusammenhängen lieferten.
Familienplanung bei Spitzensportlerinnen: Nur jede Zehnte fühlt sich unterstützt
Auch ohne die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel zu berücksichtigen, liegt ein Zusammenhang zwischen Verletzungsanfälligkeit und dem Menstruationszyklus nahe. Petra Platen erklärt das durch den höheren Progesteronwert (Gelbkörperhormon) in der zweiten Zyklushälfte. Denn mit dem Progesteron kann sich etwas mehr Wasser einlagern, die Bänder würden laxer und das Körpergefühl könnte sich verändern. "Wenn ich dann also sehr komplexe Bewegungsabläufe mache, die viel Körperkoordination verlangen, da kann es sein, dass dann das Verletzungsrisiko etwas erhöht ist."
Immer mehr Sportlerinnen reden
Neben Ruth Spelmeyer-Preuß haben sich viele Sportlerinnen im Rahmen der SWR-Umfrage unter 700 Sportlerinnen zum Thema Periode im Leistungssport geäußert. Sie alle wollen das Thema aus der Tabu-Ecke holen.
"Aber das muss ja möglich sein, zu sagen, ich fühle mich heute nicht gut, weil ich meine Tage habe und oder ich weiß, ich kriege in den nächsten Tagen meine Regelblutung und ich möchte gerne mein Training daran anpassen", sagt Ruth Spelmeyer-Preuß. "Und ich verstehe auch nicht, warum das wirklich so zäh und lange dauert, bis da einfach das normal ist, dass darüber gesprochen wird."