Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als zehn Forschungseinrichtungen in Deutschland forschen seit rund drei Jahren, wie die Menschen in den Flutgebieten besser vor Hochwasser geschützt werden können.
Schutz der Menschen vor Flut steht im Vordergrund
Der Schutz der Menschen müsse im Vordergrund stehen, sagt Jörn Birkmann, Professor für Raumentwicklung und Umweltplanung an der Uni Stuttgart und Sprecher des bundesweiten Forschungsverbunds Klima-Anpassung, Hochwasser, Resilienz (KAHR).
Birkmann forderte nach seinen Aufenthalten im Ahrtal immer wieder, dass die bereitgestellten Milliarden von Bund und Ländern nicht nur für den Wiederaufbau der zerstörten Gebäude ausgegeben werden.
Denn das mache oft keinen Sinn, meint Birkmann. Ein Beispiel sei eine durch die Flutkatastrophe zerstörten Schule für behinderte Kinder direkt am Ufer der Ahr. Bei einer erneuten Flutkatastrophe wäre das eingeschossige Schulgebäude für rund 100 Schülerinnen und Schüler mit geistigen und körperlichen Behinderungen wieder ein bis zwei Meter überflutet.
Die Schüler seien an diesem Standort schlecht geschützt. Das gelte auch für andere Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen, Wasser- und Stromwerke, so Jörn Birkmann.
Es sei darum besser, hochwassersicher wiederaufbauen. Also zum Beispiel Schulen und Leitungen für Strom und Wasser in höheren Lagen verlegen.
Zehn Empfehlungen für den Wiederaufbau von flutbetroffenen Regionen
Solche Vorschläge basieren auf den zehn Empfehlungen von KAHR-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum zukunftsfähigen Wiederaufbau der flutbetroffenen Regionen. Die Empfehlungen hat Jörn Birkmann auch Bundestagsabgeordeneten und Ministerien auch in Berlin vorgestellt.
Der Bundestag beschloss im vergangen Jahr das Baugesetzbuch für den Wiederaufbau nach Katastrophen anzupassen. Seitdem können Häuser schneller und leichter hochwasserangepasst wiederaufgebaut werden. Ersatzschulen, Kindergärten und Supermärkte können ebenfalls schneller erreichtet werden. Und zwar nicht nur im Ahrtal, sondern überall in Deutschland.
Die Vorsitzende des Bauausschusses des Bundestags Sandra Weeser findet, dass die wissenschaftliche Begleitung und die Versachlichung von Debatten beim Wiederaufbau hilfreich war.
KI-Modell zur Vorhersage von Hochwasser in Flüssen
Wissenschaft soll auch weiterhin beim Wiederaufbau helfen
Die vielen wissenschaftlichen Expertisen seien beim Wiederaufbau hin zu mehr Resilienz eine große Unterstützung gewesen, sagt Herbert Wiemer von der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Vor allem bei den Förderanträgen für den Wiederaufbau hätte man mit wissenschaftlich objektiven Empfehlungen oft erfolgreich begründen können, ein Feuerwehrhaus, ein Wasserwerk, eine Kindertagesstätten oder andere kritische Infrastruktur besonders hochwassersicher wiederaufzubauen.
Für Professor Jörn Birkmann von der Universität Stuttgart ist klar, dass die Arbeit der Wissenschaftler in den Flutgebieten noch lange nicht getan ist. Er wünscht sich, dass das Bundesforschungsministerium das KAHR-Projekt auch über 2024 hinaus fördert, damit die Wissenschaft beim Wiederaufbau weiter helfen kann.