Alternsforschung in Pandemiezeiten
Die Bevölkerung wird immer älter. Alte Menschen werden oft als "die Schwächsten der Gesellschaft" gesehen. Aber "alt" heißt aber nicht gleich "alt". Heimbewohner:innen oder ambulant gepflegte Menschen sind durchaus auf besonderen Schutz in der Pandemie angewiesen. Doch man dürfe die 17 millionenstarke Gruppe der "Älteren" nicht in einen Topf werfen, sagt Prof. Dr. Hans-Werner Wahl von der Universität Heidelberg. Zwischen März und August 2020 hat er in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Berlin eine Studie durchgeführt. Darin geht es u.a. auch darum, wie alte Menschen Krisen bewältigen.
Mit Lebenserfahrung gegen Krisen
In dieser Studie zeigt sich, dass Ältere mehr Strategien für eine Krisenbewältigung besitzen, als beispielsweise Jüngere oder Mittelalte. Zudem wurde ein höherer Erholungseffekt seit Anfang der Corona-Pandemie festgestellt. Ältere Menschen besitzen eine hohe Resilienz (psychische Widerstandskraft). Der Grund ist schlichtweg die vorhandene Lebenserfahrung. Sie haben schon einige gesellschaftliche und persönliche Krisen durchlebt, bestätigt auch Prof. Wahl.
Das zeigen zudem Daten aus den USA im Zusammenhang mit Naturkatastrophen. Senior:innen können eigene Bedürfnisse in einer Krise eher zurücknehmen oder müssen nicht jeden Tag vor die Tür. Außerdem sind sie, laut zahlreicher Studien, besser darin, ihre Zufriedenheit aufrechtzuerhalten. Gerade Menschen im mittleren oder jüngeren Alter haben berufliche Verpflichtung oder Kinder, die man betreuen muss. "Da haben ältere Menschen ja in der Tat auch ein paar weniger Verpflichtungen", sagt Prof. Wahl.
Heimbewohner und ambulante Patienten
Die 800.000 ambulanten Pflegebedürftigen und Bewohner von Pflegeheimen in Deutschland sind dagegen anders zu sehen. Viele haben nur eine Lebenserwartung von einem Jahr oder weniger. Sie sind von vielen Krankheiten gleichzeitig betroffen und leiden, vor allem psychisch, sehr stark unter einem Lockdown. Diese Menschen befinden sich in einer ganz anderen Situation und erfordern eine hohe Sicherheit und Schutz. Doch über 16 Millionen Menschen gehören nicht zu diese Gruppe und haben mit Vorurteilen zu kämpfen.
Altersdiskriminierung in der Pandemie
Sätze wie: "Die Alten haben sowieso nicht mehr lange zu leben." oder "Wegen den Alten müssen wir jetzt unsere Aktivitäten einschränken", konnte man schon während des ersten Lockdowns hören und lesen. Alterdiskriminierungen sind auch in Sachen Impfungen zu spüren. Dort werden Kompetenzen erwartet, die viele ältere Menschen nicht haben, Stichwort: Terminvereinbarungen über das Internet oder Transportmöglichkeiten zur Impfstelle. Außerdem werden Heime oft pauschal durchgeimpft, ohne zu differenzieren, wer wirklich bedürftig ist.