Chemotherapie, Operation und Bestrahlung – das sind seit langem bewährte Waffen im Kampf gegen Krebs. Außerdem profitieren seit einigen Jahren immer mehr Patientinnen und Patienten von Immuntherapien: Vor allem bei schwarzem Hautkrebs, bei Leukämien und bestimmten Tumorarten in Lunge, Niere und Brust hat sich dieser Ansatz bewährt.
Mittlerweile gibt es erste Erfolge mit Immuntherapien, die fast wie Science-Fiction klingen. Sehr große Fortschritte macht in diesem Bereich die sogenannte CAR-T-Zell-Therapie. Dabei werden die Immunzellen eines Patienten so verändert, dass sie die Krebszellen bekämpfen.
Eigene Immunzellen zum Medikament verwandeln
Die CAR-T-Zell-Therapie ist extrem aufwendig: Zunächst muss man die T-Zellen aus dem Blut der Erkrankten gewinnen. Das sind besonders wichtige Immunzellen. Sie werden eingefroren und dann in die USA geflogen. Dort sitzen im Moment noch die Pharmafirmen, die daraus ein individuell maßgeschneidertes Präparat machen.
Die Patientenzellen werden im Labor genetisch verändert – und zwar so, dass sie danach die Tumorzellen der kranken Person gezielt angreifen und vernichten können. Daher kommt der komplizierte Name: Chimären Antigen Rezeptor (CAR) Wichtig ist, dass diese CAR-T-Zellen über eine Infusion wieder im Blut der Patientin oder des Patienten landen und dort bösartige Tumorzellen attackieren.
Die aufgerüsteten Immunzellen werden dann wieder nach Deutschland zurückgeflogen – gewissermaßen als „lebendes Medikament“.
Hohe Erfolgsquote bei Leukämie und Lymphomen
Bei einigen Formen von Blutkrebs hat die Therapie in mehr als 80 Prozent der Fälle die Leukämie zurückgedrängt. Bei Lymphomen lag die Erfolgsquote immerhin bei bis zu 40 Prozent. Und dies sind alles Patienten, die sonst gestorben wären. Nur für sie ist diese Therapie im Moment überhaupt verfügbar. Das heißt: Sehr wenige Menschen werden derzeit so behandelt.
Nachteile der Immuntherapie
Bei der CAR-T-Zell-Therapie gibt es leider gleich mehrere Haken: Der erste Nachteil sind die Nebenwirkungen. Das Immunsystem wird stark stimuliert und kann dabei entgleisen. Schlimmstenfalls kann das tödlich enden.
Außerdem finden sich die angepeilten Zielstrukturen, welche die veränderten Zellen angreifen, nicht nur im Tumor, sondern zusätzlich in gesunden Zellen. Auch diese werden dann attackiert, sodass mit anderen Medikamenten gegengesteuert werden muss.
Zusätzlich ist die Behandlung extrem teuer: Allein die Herstellungskosten für einen Patienten liegen bei rund 300.000 Euro. Forschende am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg sind jedoch zuversichtlich, dass die Therapie mittelfristig viel günstiger angeboten werden kann.
Pilotstudie zur Brustkrebsbehandlung in Heidelberg
Deutsche Unikliniken wollen in naher Zukunft selbst CAR-T-Zellen herstellen. In Heidelberg soll es in den nächsten Monaten schon losgehen. Bald soll dort auch eine erste Pilotstudie mit Brustkrebspatientinnen beginnen. Die Hoffnung ist, dass die neuartige Immuntherapie in ein paar Jahren nicht nur bei Blutkrebs, sondern auch bei soliden Tumoren, zum Beispiel in Brust, Magen oder Lunge nutzbar sein kann. Ob das gelingt, ist noch offen.
Welche Rolle spielen mRNA-Medikamente in der Krebsforschung?
Die Corona-Impfung hat der Krebsforschung mit mRNA neuen Schwung verliehen. Ein richtiger Durchbruch ist trotzdem nicht absehbar. Es ist deutlich schwieriger, die Boten-RNA gegen Tumore einzusetzen als gegen Viren. Auch deshalb, weil beim Viren-Impfstoff nur eine einzige Wirksubstanz entwickelt werden muss, die dann alle Geimpften gleichermaßen schützt.
Bei mRNA-Medikamenten für Krebspatienten geht es dagegen um maßgeschneiderte, individuelle Mittel – genau wie bei den CAR-T-Zell-Therapien. Das heißt, man muss über Genanalysen bei jeder Patientin und jedem Patienten zuerst die richtigen Angriffspunkte für den jeweiligen Tumor finden. Denn die Krebszellen unterscheiden sich sehr stark von Patient zu Patient. Daraufhin muss man die mRNA dafür kodieren, herstellen und die Kranken damit behandeln.
Erste Erfolge der mRNA-Krebsbehandlung
Noch gibt es keine zugelassenen Medikamente, aber vereinzelt schon Studienergebnisse, die Hoffnung machen. Biontech zum Beispiel konnte zeigen, dass die Tumore bei einigen Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem schwarzen Hautkrebs nach mRNA-Behandlung deutlich schrumpften. Allerdings galt das vor allem bei denen, die gleichzeitig noch eine weitere Form der Immuntherapie bekommen haben, nämlich sogenannte Immuncheckpoint-Inhibitoren.
Biontech und andere Firmen wollen mRNA auch gegen Darmkrebs nutzen - bei Patienten mit besonders hohem Rückfallrisiko. Da setzen die Forschenden darauf, dass sich dank mRNA kleinste Metastasen sofort erkennen und vernichten lassen. Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts Paul Cichutek sieht mRNA gegen Krebs im Moment vor allem als Zusatzbehandlung in Kombination mit anderen Therapien. Mit ersten zugelassenen Medikamenten rechnet er frühestens in fünf Jahren.