Raumfahrt

"New Glenn": Bricht Jeff Bezos die Dominanz von SpaceX?

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Autor/in
Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.
Richard Kraft
Richard Kraft, Reporter für SWR Wissen Aktuell.

Heute morgen um 8:03 Uhr (MEZ) startete die neue Rakete „New Glenn“ von Blue Origin in den Orbit. Könnte sich das Kräfteverhältnis im Weltraum verändern? Kann Jeff Bezos mit Elon Musks SpaceX gleichziehen? 

Erfolgreicher Start der Rakete New Glenn von Blue Origin, heute um 8.03 Uhr (MEZ).

New Glenn: Erfolgreicher Start der Blue Origin-Rakete

Nachdem der Start mehrfach verschoben werden musste, ist die neue Rakete „New Glenn” heute erfolgreich vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet. Sie ist die erste Orbitalrakete des Unternehmens Blue Origin und direkter Konkurrent zur SpaceX-Rakete „Falcon Heavy“. Benannt wurde „New Glenn“ nach dem Astronauten John Glenn, der 1962 als erster Amerikaner die Erde in einem Raumschiff umkreiste.

Astronaut John Glenn betritt das Raumschiff, mit dem er als erster Amerikaner die Erde umkreiste. Nun wurde die Schwerlastrakete von Blue Origin nach ihm benannt.
Astronaut John Glenn betritt das Raumschiff, mit dem er als erster Amerikaner die Erde umkreiste. Nun wurde die Schwerlastrakete von Blue Origin nach ihm benannt.

Was kann die Rakete?

Mit 98 Metern Höhe ist "New Glenn" in etwa so hoch wie ein 30-stöckiges Gebäude. Die Rakete besteht aus zwei Stufen, die sich wenige Minuten nach dem Start trennen. Die obere Stufe beinhaltet die Nutzlast. Die untere Stufe, die für einen Großteil des Antriebs verantwortlich ist, kehrt zur Erdoberfläche zurück und sollte dort eigentlich unbeschadet landen und dann für weitere Missionen wiederverwendet werden. Dies gelang Blue Origin heute allerdings nicht. 

SpaceX gelang es bereits hunderte Male, die erste Stufe der "Falcon 9" Rakete zu landen und dann wiederzuverwenden. Blue Origin glückte das heute nicht.
SpaceX gelang es bereits hunderte Male, die erste Stufe der "Falcon 9" Rakete zu landen und dann wiederzuverwenden. Blue Origin glückte das heute nicht.

Für Blue Origin ist das mit unerwünschten zusätzlichen Kosten verbunden. Denn eigentlich sollte ein solches "Recycling” der unteren Raketenstufe den finanziellen Aufwand für einen Raketenstart deutlich reduzieren. Dem Konkurrenten SpaceX glückte diese Strategie mit seiner Trägerrakete "Falcon 9" bereits hunderte Male. Allerdings war es nicht SpaceX sondern Blue Origin, dem die Landung einer Rakete erstmals gelang – und zwar mit seiner Suborbital-Rakete „New Shepard".

Im Vergleich zu „New Shepard“, die Weltraumtouristen in lediglich 110 Kilometer Höhe befördert, erreicht „New Glenn“ mehr als die dreifache Höhe und könnte so theoretisch sogar Raumschiffe auf den Weg zur internationalen Raumstation ISS bringen. Eine Kapsel zum Transport von Menschen hat Blue Origin allerdings noch nicht entwickelt. Pläne dafür will das Unternehmen bis 2030 umsetzen.   

Zu ihrem Jungfernflug transportierte die Rakete "New Shepard" von Blue Origin vier Weltraumtouristen in dieser Kapsel in 106 Kilometer Höhe. Mit an Bord waren Jeff Bezos und sein Bruder.
Zu ihrem Jungfernflug transportierte die Rakete "New Shepard" von Blue Origin vier Weltraumtouristen in dieser Kapsel in 106 Kilometer Höhe. Mit an Bord waren Jeff Bezos und sein Bruder.

Wofür soll "New Glenn" eingesetzt werden? 

Mit seiner neuen Schwerlastrakete will sich Blue Origin zu einer Art Logistik-Dienstleister in der Erdumlaufbahn entwickeln. So hat das Unternehmen bereits mehrere Deals mit Kunden abgeschlossen, darunter auch der NASA. “New Glenn” soll aber auch für eigene Projekte, wie zum Beispiel die von Blue Origin geplante Raumstation “Orbital Reef”, als Kurier dienen.

Blue Origin plant außerdem, mit “New Glenn” mehr als 3.000 Satelliten des Amazon-Projekts Kuiper in die Erdumlaufbahn zu befördern. Die Satelliten sollen Breitband-Internetverbindungen über das All anbieten, ähnlich dem bereits etablierten Starlink-Netzwerk von SpaceX.  

Raumstation ISS im Erdorbit. Eine komerzielle Raumstation wie die von Blue Origin geplante "Orbital Reef" gab es bisher noch nicht.
Momentan ist die ISS die einzige Raumstation im Erdorbit. Eine komerzielle Raumstation wie die von Blue Origin geplante "Orbital Reef" gab es bisher noch nicht.

An Bord der jetzt gestarteten “New Glenn” sollten ursprünglich zwei NASA-Raumsonden zur Untersuchung des Mars transportiert werden. Aufgrund von Verzögerungen bei der Entwicklung der Rakete kam es jedoch nicht dazu. Stattdessen transportiert die “New Glenn” nun an ihrer Spitze den Prototypen eines neuen Raumfahrzeugs in den Orbit. Dieser “Raumschlepper” mit eigener Energieversorgung und eigenem Antrieb namens “Blue Ring” soll dabei helfen, Satelliten und Nutzlasten auf ihre Umlaufbahn zu bringen oder neu zu betanken. 

Ende der Dominanz von SpaceX im All? 

Ob die Schwerlastrakete von Blue Origin mit der Raketenflotte von SpaceX mithalten kann, hängt vom Preis pro Kilogramm Fracht ab. Dieser ergibt sich aus den Kosten für den Raketenstart und der Beladungsmenge. “New Glenn” transportiert mit 45 Tonnen zwar weniger Nutzlast in den Orbit als ihre Konkurrenz-Rakete “Falcon Heavy”, die für 64 Tonnen ausgelegt ist. Die “Falcon Heavy” ist aber nur beim Transport von Lasten bis zu 30 Tonnen auch wiederverwendbar und spart damit Startkosten. Wieviel ein Start der “New Glenn” kostet, hat Blue Origin noch nicht bekannt gegeben.

Darüber hinaus testet SpaceX bereits ein weitere Schwerlastrakete. Das “Starship” kann 120 Tonnen Nutzlast transportieren. Außerdem sollen bei ihm beide Raketenstufen wiederverwendbar sein. Das könnte weitere Kosten sparen. Wird die Zweitstufe nicht wiederverwendet, steigt die Nutzlast sogar auf 250 Tonnen. SpaceX hat sich das ambitionierte Ziel gesteckt, bis 2026 fünf unbemannte Missionen mit dem “Starship” zum Mars zu absolvieren.

Sorgen um seine dominante Marktposition im Weltraum muss sich SpaceX daher in nächster Zeit vermutlich nicht machen. Für das Jahr 2025 hat Musk auf X mehr als 150 Starts der “Falcon 9” angekündigt. Für die "New Glenn" sind gerade einmal 10 Starts angedacht. Trotzdem könnte die Konkurrenz durch die “New Glenn” das Weltraum-Geschäft beleben. Ob das Unternehmen von Jeff Bezos das Kräfteverhältnis ernsthaft aus dem Gleichgewicht bringen kann, muss sich erst noch zeigen.

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