Folgen einer unruhigen Nacht

Schlafmangel macht egoistisch

Stand
Autor/in
Ulrike Till
Onlinefassung
Antonia Weise

Nach einer schlechten Nacht sind wir morgens oft gereizt und es fällt schwerer sich zu konzentrieren. Ein Forschungsteam aus Kalifornien hat nun herausgefunden, dass Schlafmangel auch egoistisch machen kann.

Hilfsbereitschaft nimmt ab

Schlafmangel macht egoistisch – das ist die Essenz der neuen Studie in PLOS Biology. Die Ergebnisse sind eindeutig, denn gleich drei unterschiedliche Versuchsreihen zeigen den Zusammenhang.

In einem Experiment wurde der Schlaf von mehr als 100 Freiwilligen überwacht. Am nächsten Morgen wurde dann die Hilfsbereitschaft der Probanden abgefragt. Das Ergebnis: Wer schlecht geschlafen hatte, war am Tag darauf weniger bereit, einer anderen Person die Fahrstuhltür aufzuhalten oder einem Verletzten auf der Straße zu helfen. Doch wie lässt sich das erklären?

Frau unterstützt eine ältere Dame beim Laufen.
Wenn wir wenig beziehungsweise schlecht geschlafen haben, sind wir weniger hilfsbereit. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Studie der University of California.

Schlafmangel führt zu Veränderungen in bestimmten Gehirnregionen

Die Forschenden haben klare Hinweise gefunden, warum das so ist: Bei Untersuchungen im Kernspintomograph zeigten sich nach einer schlaflosen Nacht bei 24 gesunden Versuchsteilnehmern eindeutige Veränderungen im Gehirn. Genau die Hirnregionen, die uns Mitgefühl und Verständnis für die Bedürfnisse anderer ermöglichen waren weniger aktiv als sonst. „Es ist, als ob diese Hirnregionen einfach nicht reagieren, wenn wir zu wenig Schlaf bekommen haben“, so beschreibt es Studienleiter Ben Simon.

Der Effekt ist zum Glück nicht dauerhaft – nach einer ausgeruhten Nacht sind Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft wieder so ausgeprägt wie vorher.

Arzt legt Patienten eine Kopfspule an einem Magnetresonanztomograph (MRT) an.
Kernspintomografie wird auch als Magnetresonanztomografie (kurz MRT) bezeichnet. Mit diesem Verfahren lassen sich unter anderem Veränderungen im Gehirn feststellen.

Zusammenhang zwischen Zeitumstellung und Spendenbereitschaft

Den dritten Beweis für seine These hat das Team bei der Auswertung großer amerikanischer Spendenregister gefunden.

Die meisten US-Staaten stellen die Uhr im Sommer vor und rauben ihren Bürgern damit eine Stunde Schlaf. In genau diesen Staaten sank die Spendenbereitschaft deutlich. Zehn Prozent weniger Spenden gingen eine Woche nach der Umstellung auf die Sommerzeit ein. In den Regionen ohne Zeitumstellung flossen die Spenden dagegen auf dem selben Level wie immer.

"Wir sollten den Schlaf wertschätzen"

Der Schlafforscher Ben Simon kommt zu dem Ergebnis, dass Schlaf so etwas wie ein sozialer Schmierstoff unserer Gesellschaft ist. Wir sollten ihn wertschätzen und nicht versuchen, mit immer weniger auszukommen, so sein Fazit. In Industrieländern bekommt mehr als die Hälfte der Bevölkerung zu wenig Schlaf – das gefährdet nicht nur die Gesundheit der Betroffenen, sondern lässt möglicherweise auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckeln. 

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