Schlafstörungen

Melatonin als Einschlafhilfe?

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Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Ralf Kölbel

Melatonin wird derzeit überall als Allheilmittel bei Schlafstörungen angepriesen. Was ist wirklich dran an diesem Hype? Oder sollte man bei der Nutzung doch lieber Vorsicht walten lassen?

Produkte mit Melatonin sind als Nahrungsergänzungsmittel ohne Rezept frei verkäuflich und werden enorm stark beworben – im Fernsehen, im Netz, auf Plakatwänden. Überall wird signalisiert: Melatonin – am besten noch als Mundspray genommen – sorgt für problemlosen Schlaf. Und die Werbung scheint erfolgreich. Seit dem Pandemiebeginn sind die Verkaufszahlen enorm angestiegen. Das weiß man zumindest aus den USA – für Deutschland gibt es leider keine Daten.

Melatonin wird als natürliches Schlafhormon in der Zirbeldrüse produziert

Grundsätzlich gilt das Schlafhormon Melatonin als gute Alternative zu Schlaftabletten. Denn es verursacht z.B. keine Abhängigkeit und auch keine starken Nachwirkungen wie Schwindel oder Übelkeit. Melatonin wird von unserem Körper selbst produziert. Wenn es dunkel wird, bildet die Zirbeldrüse im Hirn das Schlafhormon.

Melatonin ist eigentlich ein natürliches, in der Zirbeldrüse produziertes Hormon, das beim Einschlafen hilft. Immer mehr Menschen nutzen Melatonin-Sprays - Tabletten oder sogar -Gummibärchen, um damit besser in den Schlaf zu finden.
Melatonin ist eigentlich ein natürliches, in der Zirbeldrüse produziertes Hormon, das beim Einschlafen hilft. Immer mehr Menschen nutzen Melatonin-Sprays, -Tabletten oder sogar -Gummibärchen, um damit besser in den Schlaf zu finden.

Es gibt auch ein rezeptpflichtiges Medikament mit Melatonin, in Deutschland allerdings nur genau ein Präparat - und das nur für Menschen über 55 Jahre. Denn nur hier ist die Datenlage ausreichend, um eine gute Wirkung zu zeigen. Doch als Nahrungsergänzungsmittel ist Melatonin frei verkäuflich, dann allerdings nur in niedriger Dosierung. Eine Tablette oder auch ein Stoß Mundspray darf nicht mehr als 1 mg Melatonin enthalten. Doch wem nutzt es eigentlich?

Melatonin als Einschlafhilfe bei Jetlag oder Schichtarbeit

Sicher ist: Melatonin kann bei Jetlag oder Schichtarbeit helfen, die innere Uhr wieder ins Lot zu bringen. Denn dadurch verursachte Schlafstörungen können tatsächlich mit einem niedrigen Melatonin-Spiegel zusammenhängen. Der Schweizer Schlafforscher Albrecht Vorster sagt, bei einer gestörten inneren Uhr kann Melatonin durchaus helfen – es verlängert nicht den Schlaf, aber hilft beim Einschlafen.

Bei Jugendlichen verschiebt sich Zeitfenster der Melatonin-Ausschüttung

Die Beobachtung, dass gerade viele Teenager zu den frei verkäuflichen Sprays greifen, hält er nicht für gefährlich. Jugendlichen könne das Hormon tatsächlich helfen, da sich in der Pubertät das Schlaffenster um zwei Stunden nach hinten verschiebe und so auch erst später Melatonin ausgeschüttet werde. Doch die Heranwachsenden hätten ja eigentlich kein Problem, wenn die Schule für sie erst später beginnen würde. Mit den Melatonin-Sprays reagierten die Kids nur auf den Anspruch, dass alle das gleiche Schlaffenster haben, so Schlafforscher Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie in Bern.

Dass es eher Frühaufsteher und eher Langschläfer gibt ist eine bekannte Tatsache. Für viele Kinder und Jugendliche beginnt der Schultag gefühlt zu früh.
Dass es Frühaufsteher und Langschläfer gibt ist eine bekannte Tatsache. Für viele Kinder und Jugendliche beginnt der Schultag gefühlt zu früh.

Schlaf lässt sich mit Melatonin nicht erzwingen

Viele Schlafforscherinnen und -forscher ärgern sich über die Versprechen der Melatonin-Werbung. Denn mit den geringen Konzentrationen an Melatonin in den Nahrungsergänzungsmitteln könnten bestenfalls Placebo-Wirkungen ausgelöst werden.

Generell gilt: Wer Melatonin zur Einschlafförderung nimmt muss geduldig sein, denn Melatonin erzwingt nicht den Schlaf, sondern reguliert ihn. Es kann zwei bis drei Wochen dauern, bis man eine Wirkung merkt. Und wenn man es zu wechselnden Uhrzeiten einsetzt, dann kommt die innere Uhr durcheinander.

Überdosierung von Melatonin kann Nebenwirkungen hervorrufen

Andererseits ist die längere Einnahme von Melatonin noch weitgehend unerforscht. Und wer zu viel davon nimmt, kann Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Nervosität und Magenbeschwerden haben oder Albträume bekommen.

Deshalb ist es am besten, erstmal zu checken, was die Ursache von Einschlafstörungen oder Schlafproblemen sein könnte und daran zu arbeiten. Zur Zeit kann auch die große Hitze im Schlafzimmer eine Ursache für schlechten Schlaf sein. Und dagegen hilft auch kein Melatonin.

Schlafstörungen können vielfältige Ursachen haben. Melatonin ist jedenfalls auch kein Schlaf-Wundermittel.
Schlafstörungen können vielfältige Ursachen haben. Ein Schlaf-Wundermittel ist Melatonin jedenfalls nicht.

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