Flugbahn der ESA-Sonde "Juice" entlang des Mondes und der Erde.

Weltpremiere der Raumfahrt

ESA-Sonde "Juice" fliegt jetzt an Mond und Erde vorbei

Stand
Autor/in
Uwe Gradwohl
Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell.
Onlinefassung
Lilly Zerbst
Portraitbild der Reporterin Lilly Zerbst.

Die ESA wagt ein nie dagewesenes Doppelmanöver: Ihre Sonde "Juice" fliegt jetzt dicht an Mond und Erde vorbei, um so schrittweise auf die richtige Flugbahn in Richtung Jupiter zu gelangen.

Die Sonde "Juice" fliegt den Riesenplaneten Jupiter auf einem verschlungenen Weg an. Er führt sie jetzt kurz nacheinander in geringem Abstand an Mond und Erde vorbei. ESA-Verantwortliche vergleichen das Manöver mit einer Hochgeschwindigkeitsfahrt durch eine sehr enge Gasse. Gesteuert wird die Sonde aus Darmstadt. An Bord hat sie einige Messinstrumente aus Deutschland. Sie wurden zum Teil in Immenstaad am Bodensee entwickelt.

Weltpremiere mit Risiko

Ein solcher Mond-Erde-Vorbeiflug wurde bislang nie gewagt, weil ein Raumfahrzeug bei ungenauem Anflug von den Anziehungskräften der beiden Himmelskörper unkontrolliert ins All geschleudert werden kann. Die ESA ist sich aber sicher, den Anflug von "Juice" so exakt und fein steuern zu können, dass das Manöver erfolgreich sein wird.

Ariane-5-Rakete vor dem Start am Weltraumbahnhof Kourou. An Bord ist die ESA-Sonde "Juice". Jetzt fliegt sie noch einmal an Mond und Erde vorbei.
Im April 2023 startete die "Juice"-Sonde an Bord einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou ins All. Jetzt fliegt sie noch einmal an Mond und Erde vorbei.

Einzigartiges Manöver spart Treibstoff

Der Lohn für das Risiko: "Juice" könnte im Anschluss durch weitere Vorbeiflüge an der Erde und der Venus so viel Schwung holen, dass die Sonde den Jupiter sehr spritsparsam erreicht.

Ein schneller Direktflug zum Jupiter würde 60 Tonnen Treibstoff erfordern – das zehnfache des Eigengewichts der Sonde. Dabei noch nicht eingerechnet wäre weiterer Treibstoff, um bei der schnellen Ankunft am Jupiter auch Abbremsen zu können. Um dagegen spritsparsam zu fliegen und am Ende der Reise sanft in eine Umlaufbahn einzuschwenken, lässt sie sich von den Anziehungskräften von Mond, Erde und Venus abbremsen und beschleunigen.

Ablauf der "Juice"-Mission. Illustration der Flugbahn um Erde, Mond zum Jupiter.
Ablauf der "Juice"-Mission. Mehr als ein Jahr nach ihrem Start fliegt sie jetzt wieder an Mond und Erde vorbei. In knapp sieben Jahren soll sie den Jupiter erreichen.

"Juice" soll Monde des Jupiters untersuchen

Nach insgesamt acht Jahren Flug soll die Sonde im Jahr 2031 am Jupiter ankommen. Dort soll sie Kallisto, Ganymed und Europa untersuchen - die großen Eismonde des Jupiters.

"Juice"-Sonde der ESA vor einem Eismond des Jupiters.
Die "Juice"-Sonde der ESA soll drei Eismonde des Jupiters untersuchen.

Es gibt Hinweise darauf, dass sich auf diesen Monden unter viele Kilometer dickem Eis sehr wasserreiche Ozeane verbergen. Durch die Hitze aus dem Inneren der Monde könnte es unter der Eisschicht verborgene, heiße Quellen geben, wie sie auch am tiefen Meeresgrund der Erde zu finden sind. Das sind die sogenannten "Black Smoker", hydrothermale Quellen, an denen sich sogar einst das erste Leben auf der Erde entwickelt haben könnte.

Könnte es also auch auf Ganymed, Europa oder Kallisto Leben geben? Das wird über die Monde angenommen:

Viele Messgeräte in Deutschland entwickelt

Bislang kann vieles über die Monde nur vermutet werden. Die zehn Messinstrumente, mit denen Juice ausgestattet ist, sollen nun für mehr Gewissheit sorgen. Einige davon wurden sogar in Deutschland entwickelt. So zum Beispiel GALA, ein Höhenmesser, der mit Laserinfrarotlicht die Oberfläche von Ganymed abtasten wird und so herausfinden kann, ob Ganymed einen Ozean hat.

Illustration: "Juice"-Sonde der ESA mit Markierung der Messinstrumente. Sie soll die Eismonde des Jupiters untersuchen.
Die "Juice"-Sonde der ESA trägt unter anderem Messinstrumente zum Erfassen von Partikel, Magnetfelder und Radiowellen an Bord. Sie soll die Eismonde des Jupiters untersuchen.

Wenn die Mission erfolgreich ist, könnten die Erkenntnisse auf die Erforschung von Exo-Planetensystemen übertragen werden. Und auch die Frage, ob es dort Ozeane gibt, sollte klarer beantwortet werden können – und gegebenenfalls die Forschung nach außerirdischem Leben vorantreiben. Denn wenn die Monde Ozeane haben, könnten im warmen Wasser Lebensformen existieren.

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Immenstaad

"Juice"-Mission soll Jupiter erforschen

Die Vorbereitungen für den Start der Raumsonde "Juice" laufen. Sie soll zum Jupiter fliegen und Daten über den Planeten sammeln. Sie wurde teilweise bei Airbus in Immenstaad gebaut.