Etwa jede sechste Brustkrebspatientin hat HER2-positiven Brustkrebs. Wenn der fortgeschritten ist, bekommen viele auch Tumore im Gehirn. Das überleben nur wenige.
Seit wenigen Jahren gibt es aber vielversprechende neue Medikamente gegen Brustkrebs: Ein internationales Team mit deutscher Beteiligung hat eines davon jetzt in einer großen klinischen Studie bei Patientinnen mit Metastasen im Gehirn getestet. Die Ergebnisse sind vor kurzem im Fachmagazin Nature erschienen. Sie überzeugen auch andere Mediziner.
Medikament gegen Brustkrebs lässt Tumore messbar schrumpfen
Die Krebsforscherin Nadia Harbeck ist Professorin an der Uniklinik München und leitet dort das Brustkrebszentrum. Zusammen mit anderen Forschenden hat sie für die Nature Studie das Medikament “Enhertu” an mehr als 500 Patientinnen getestet. Etwa die Hälfte der Probandinnen hatte Hirnmetastasen, die andere Hälfte nicht.
Nach einem Jahr lebten noch 90 Prozent der Patientinnen, egal ob sie Hirnmetastasen hatten oder nicht, so Harbeck. "Was letztlich auch für mich das aufregendste Ergebnis war: Bei den Patienten, die noch keine medikamentöse Vorbehandlung hatten, haben über 80 Prozent der Patienten ein messbares Schrumpfen des Tumors gehabt, und das sind schon ganz fantastische Ergebnisse. Das kannten wir vorher so nicht."
Durchbruch: Medikament gegen Brustkrebs wirkt bei vielen Menschen
Das Medikament “Enhertu” ist seit Januar 2021 in der EU zugelassen und wird auch schon in der Krebstherapie angewendet – zum Beispiel von Ulrich Karck. Er ist Professor für Gynäkologie und der ärztliche Direktor der Frauenklinik am Klinikum Stuttgart.
Der Wirkstoff funktioniere auch im Gehirn gut, sagt Karck. Die neue Studie sei trotzdem wichtig, weil sie nicht nur Einzelfälle aufzeige - sondern an einer größeren Fallzahl tatsächlich diese einzelnen positiven Ergebnisse systematisch reproduziere, so Krack.
Eigentlich geringe Überlebenschancen bei streuendem Brustkrebs
Auch Professor Marcus Schmidt, Leiter des Brustzentrums an der Uniklinik Mainz, sieht das so: "Das waren ja etwa ungefähr 250 Patienten mit Hirnmetastasen. So ein Kollektiv hat man ja eigentlich nie in Studien in dieser Größe, weil gerade Hirnmetastasen zumindest früher sehr häufig von klinischen Studien ausgeschlossen waren, weil man einfach weiß, dass sie eine schlechte Prognose haben." Eine schlechte Prognose, die dank neuer Medikamente deutlich verbessert werden kann.
Medikament gegen Brustkrebs tötet Krebszellen
Das Medikament "Enhertu" ist ein sogenanntes Antikörper-Konjugat, kurz ADC. Ein Bestandteil ist der Antikörper Trastuzumab. Er wird in eine Vene gespritzt und dockt dann an den Rezeptor des Proteins HER2 an, das Teil der Tumorzellen ist. An den Antikörper gekoppelt ist der Wirkstoff Deruxtecan. Der tötet dann die Krebszellen.
Nadia Harbeck spricht von einem Gamechanger. Weil der Antikörper den Wirkstoff zielgenau zur Tumorzelle bringt.
Diese Nebenwirkungen treten bei dem Medikament gegen Brustkrebs auf
Die Nebenwirkungen seien dabei wie bei einer Chemotherapie, so Harbeck, da gebe es nichts schönzureden. Gerade gegen Blutbildveränderungen oder Übelkeit könne man aber gute Medikamente geben. "Und in all diesen Studien hat sich bisher gezeigt, dass das ADC besser ist für das Überleben als eine normale Chemotherapie."
Neben Blutbildveränderungen und Übelkeit kommt es aber immer wieder auch zu teils schweren Lungenentzündungen. Sowohl in der Studie als auch an den Kliniken. Ulrich Karck erklärt das so: "Es gibt auch bestimmte Körperregionen oder Körperzellen im Herzen, in der Lunge, in anderen Geweben, die diese Oberflächenrezeptoren auch ausprägen, vielleicht nicht ganz so stark, aber auf jeden Fall trotzdem vorhanden und das bedeutet, dass eben auch gesunde Zellen trotzdem noch angesteuert werden."
Trotz Nebenwirkungen: Medikament gegen Brustkrebs ist ein Meilenstein
Alles in allem sind sich die drei Mediziner trotzdem einig: Antikörper-Konjugate sind ein Meilenstein der Krebsforschung – auch bei Brustkrebs mit Hirnmetastasen. Die aktuelle Studie in Nature hat das nun untermauert.