Umwelt

Bäume im Klimawandel: Mit Sensoren den Wald erforschen

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Autor/in
Martina Janning
Martina Janning, Redaktion SWR Wissen aktuell
Leila Boucheligua

Mithilfe eines Netzwerks von Sensoren will eine Forschungsgruppe Bäume genau untersuchen, um Vorhersagen über die Gesundheit eines Waldes im Klimawandel machen zu können.

Der Klimawandel bringt Wälder weltweit in Gefahr. Manche Bäume leiden unter Wetterextremen mehr als andere. Welche Bäume können selbst widrigsten Bedingungen trotzen? Das wollen Forschende der Universität Freiburg herausfinden, indem sie die Bäume mithilfe modernster Technik zum "Sprechen" bringen.

Dafür haben sie in ihrem Projekt "Ecosense" Sensoren entwickelt, die die Reaktionen von Bäumen auf Stressfaktoren wie Hitze oder Trockenheit erfassen. Das Projekt soll kritische Veränderungen im Ökosystem Wald präziser und schneller erkennen und vorhersagen können – also als ein Diagnosetool fungieren, sagt Christine Werner, Professorin für Ökosystemphysiologie an der Uni Freiburg und eine der Projektleiterinnen.

Winzige Sensoren für Blätter und Wurzeln

Die Forschungsgruppe hat Mikrosensoren entwickelt, die sich direkt an den Blättern oder Wurzeln anbringen lassen - eine Neuheit. So lassen sich Prozesse untersuchen, die in den Pflanzen und im Boden ablaufen – wie zum Beispiel die Photosynthese oder Interaktionen zwischen Pflanzen. Die Sensoren messen auch, wie der Stresslevel der Bäume durch Umweltveränderungen wie Wassermangel oder extreme Hitze steigt.

Um möglichst viele Messdaten zu sammeln, werden die Bäume vom Waldboden bis zur Krone mit Sensoren bestückt. Je nach Messort unterscheiden sich Mikroklima und Lichtverhältnisse stark.

Prof. Christiane Werner ist eine der Leiterinnen von Ecosense, einem Projekt zum Klimawandel. Hier spricht sie bei einem Workshop im Wald bei Ettenheim.
Prof. Christiane Werner ist eine der Leiterinnen von Ecosense, einem Projekt zum Klimawandel. Hier spricht sie bei einem Workshop im Wald bei Ettenheim.

Blatt-Küvetten schützen die Sensoren an den Bäumen vor Wind und Wetter

Um die Mikrosensoren vor Hitze, Frost und Sturm zu schützen, haben die Forschenden eine sogenannte Blatt-Küvette entwickelt. Das ist eine Halbkugel aus klarer Plastikfolie – hergestellt im 3D-Drucker. Diese Halbkugel wird um die Sensoren einem magnetischen Metallring am Blatt befestigt. So die Lösung für Laubbäume; für Nadelbäume müssen sich die Forschenden noch einen Sensoren-Schutz überlegen. 

Die am Blatt befestigten Mikrosensoren messen die Temperatur des Blattes und der Umgebung sowie die Feuchtigkeit. Die Messdaten sollen zum Beispiel zeigen, wie Veränderungen in der Umwelt die Photosynthese der Pflanzen beeinflussen und ab wann ein Baum zu sterben beginnt.

Der Wald im Klimawandel: Eigens entwickelte Plastik-Kürvetten schützen die winzigen Sensoren auf den Blättern von Bäumen vor Witterungseinflüssen.
Der Wald im Klimawandel: Eigens entwickelte Plastik-Kürvetten schützen die winzigen Sensoren auf den Blättern von Bäumen vor Witterungseinflüssen.

Messtürme im Wald ergänzen das Sensoren-Netzwerk

In einem Wald bei Ettenheim (Ortenaukreis) testen die Forschenden derzeit verschiedene Sensoren. Neben den Sensoren hat das Forschungsteam drei Messtürme im Wald installiert; der größte von ihnen ist 45 Meter hoch. Die Türme dienen dazu, Daten in den Baumkronen und um sie herum zu sammeln. 

Alle Messdaten aus dem Netzwerk der Sensoren werden in Echtzeit an eine Datenbank geschickt.

Auf der Forschungsfläche im Wald bei Ettenheim nahe Freiburg stehen drei Messtürme. Mit ihrer Hilfe sammeln die Forschenden Daten in den Kronen der Bäume. Ziel ist es, ihre Entwicklung im Klimawandel vorhersehen zu können.
Auf der Forschungsfläche im Wald bei Ettenheim nahe Freiburg stehen drei Messtürme. Mit ihrer Hilfe sammeln die Forschenden Daten in den Kronen der Bäume.

Gesundheit des Waldes im Klimawandel vorhersagen

Am Ende des Projekts soll ein mobiles System stehen, das sich schnell auf- und wieder abbauen lässt, wie Christine Werner erklärt: "Das Ziel ist nicht nur, diesen einen Waldbestand besonders zu untersuchen, sondern auch so eine Art Werkzeugkoffer zu erstellen." Das Sensoren-System wäre dann in jedem Wald einsetzbar und könnte zum Beispiel bei extremer Hitze schnell installiert werden, um dem Wald genau “zuzuhören”.

Die gesammelten Messdaten könnten irgendwann Prognosen ermöglichen, wie sich die Gesundheit eines Waldes entwickelt. Sie könnten auch als Warnsystem fungieren, wenn ein Wald zu kippen droht.

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