Noch sind die Apotheken gut versorgt. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch in diesem Jahr wieder bestimmte Arzneimittel fehlen werden. Tatjana Zambo, Präsidentin des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg geht davon aus, dass "wir im Bereich von manchen Antibiotika wieder mit Engpässen rechnen müssen."
Ebendas zeigt das Bestell-System am Computer in Zambos Apotheke. Bei Amoxicillin, einem sogenannten Breitbandantibiotikum gegen verschiedene Bakterien zeigen viele rote Zeilen den verfügbarem Lieferumfang mit dem Wert "0" an. Schon jetzt ist die Lage teilweise angespannt. Bei Fiebersäften, die hauptsächlich Kindern verschrieben werden, geht die Apothekerin aktuell aber noch davon aus, dass wir "ausreichend bevorratet" sind.
Arzneimittel für Kinder sind besonders nachgefragt
Bei Medikamenten für Kindern ist die Situation heikel. Sie brauchen eine andere Dosierung, sind gefährdeter und reagieren mitunter sehr empfindlich. Noch dazu bekommen sie schneller Fieber als Erwachsene.
Den Medikamentenmangel unmittelbar erlebt, hat eine Mutter mit ihrem Sohn in der Praxis von Kinder- und Jugendarzt Dr. Ralf Spahn in Rastatt. Als ihr Kind krank war, konnte sie erst in der dritten Apotheke die verschriebenen Medikamente erhalten.
Der Arzt kann zwar Rezepte ausstellen, aber ob das Arzneimittel tatsächlich in der Apotheke erhältlich ist, ist eine andere Frage. Weiterhin gibt es besonders bei wichtigen Medikamenten für Kinder Lieferschwierigkeiten.
Einfach wieder mehr Medikamente in Deutschland produzieren, wie es die Politik angekündigt hat – so leicht ist es nicht. Viele Lieferketten hängen weltweit zusammen. So stammen beispielsweise die Wirkstoffe für ein bestimmtes Medikament aus China, die Produktion erfolgt in Indien und die Verpackung letztlich in Italien. Kein Hersteller baut eine Produktion auf, wenn sich das finanziell nicht lohnt und verlässliche Rahmenbedingungen fehlen, erklärt Michael Hennrich vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller.
Re-Importe aus dem Ausland als mögliche Teil-Lösung des Problems
Um die Nachfrage im Winter beantworten zu können, sind Apotheken gezwungen auf anderen Wegen die benötigten Medikamente zu beschaffen. Zum Großteil aus Re-Importen aus dem Ausland.
Das verschriebene Antibiotikum bekommen Patient*innen dann in einer Blanco-Verpackung, in der neben dem deutschen Beipackzettel auch eine englische Gebrauchsanweisung beiliegt. Das trägt allerdings, so die Einschätzung von Tatjana Zambo, durchaus zu Verunsicherung bei und bedarf intensiver Beratung.
Eine andere Möglichkeit ist, dass Apothekerinnen und Apotheker die Medikamente selbst herstellen. Dabei sind die Möglichkeiten allerdings begrenzt und eine Dauerlösung ist das nicht – erst recht nicht im Notfall.