Ein Experiment aus Hannover gibt Songwritern Grund zur Hoffnung. Derzeit schreiben echte Menschen noch bessere Stücke als die KI, so das Ergebnis. Doch wird das immer so bleiben? Oder wird die Musikindustrie eines Tages an KI zu Grunde gehen?
Fachleute von der Hochschule für Musik in Hannover und an der Popakademie in Mannheim ordnen die Ergebnisse der Studie ein.
Schlechtere Auftragslage für Musiker seit Künstlicher Intelligenz
Songwriter befürchten seit dem Aufkommen von KI einen Rückgang der Aufträge. So auch die 24-Jährige Musikerin Eva Betzinger. Sie steckt viel Zeit in ihre Musik. Denn Komponieren, das hat für die Studentin der Mannheimer Popakademie etwas mit Handwerk zu tun.
Ihre Musik schreibt Eva Betzinger für sich selbst. Früher hat sie noch häufig für Auftraggeber gearbeitet – für Firmen zum Beispiel, die Werbejingles bei ihr bestellt haben. Dieser Nebenjob ist für sie aber zum großen Teil weggebrochen, seitdem Apps es möglich machen, mit künstlicher Intelligenz per Mausklick in wenigen Sekunden einen Song zu schreiben.
Eva Betzinger macht sich deshalb Sorgen um ihre Zukunft. Und da ist sie nicht alleine: Laut einer Umfrage der Gema befürchten zwei Drittel aller Komponisten, dass das Risiko durch KI größer ist als deren Nutzen.
Sind KI-Songs "echte Kunst"?
Auch Derek von Krogh, künstlerische Leiter der Popakademie, glaubt, dass die Technologie die Musikindustrie verändern wird: „Es gibt Bereiche, die langfristig wegfallen werden langfristig. Da muss man sich keine Illusionen machen.“ Werbejingles könnten ein solcher Bereich sein.
„Echte Kunst“, glaubt der Musikproduzent, werden aber auch in Zukunft nur „echte Menschen“ zustande bringen. „So gut diese ganzen KI-generierten Stimmen sind, du hörst inzwischen, wenn es eine ist. Und die Leute sind inzwischen hart davon abgeturned.“
Neues Experiment: Test-Hörer mögen Musik von KI weniger
Recht gibt ihm das Ergebnis eines neuen Experiments der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Dort haben Wissenschaftler Mensch gegen Maschine antreten lassen.
Etwa 15 Musik-Studierende und zwei KI-Systeme sollten miteinander wetteifern, wer die schönste Melodie schreibt. Bei der 70-köpfigen Testgruppe des Experiments kamen die Versionen der KI nicht so gut an, wie der Musikpsychologe Reinhard Kopiez sagt. Die Hörer konnten teils gar keine sinnvolle Rhythmik oder Melodie erkennen.
Die menschlichen Kompositionen hingegen, schnitten bei den Testhörern deutlich besser ab. Laut Reinhard Kopiez hat das auch damit zu tun, wie die KI Musik schreibt. Sie erschaffe nichts wirklich Neues, sondern greife immer nur auf bestehende Stücke zurück.
"Das ist auch gar kein Wunder, weil die Systeme natürlich das musikalische Weltwissen leergesaugt haben, als Trainingsmaterial. Und das taucht dann wieder auf", so Kopiez.
Der Musik von künstlicher Intelligenz fehle es an Emotionen
Gute Musik zu komponieren – das sei eben mehr als nur Teile aus einem Baukasten zusammenzusetzen. „Der Ausdruck in der Musik ist doch das, was uns emotional anspricht, nicht die richtigen Töne. (...) Die kleinen Abweichungen, das ist das, was uns interessiert und anspricht. Das kann keine KI bisher.“
Gute Nachrichten für Künstler, findet Derek von Krogh von der Mannheimer Popakademie. Denn das, was die Menschen derzeit vor allem hören wollen, könne KI ihnen nicht bieten.
„Du musst auffallen und wenn du alle Ecken und Kanten abschleifst, fällst du nicht auf. (...) Du hast eine Motivation frechere, unverschämtere, krassere Sachen zu machen. Und das ist erfreulicherweise genau das, wo die KI am dollsten versagt. So gesehen, ist das für mich die künstlerische Hoffnung“, so Derek von Krogh, künstlerischer Leiter der Popakademie.