Fast die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen kämpft mit stressbedingten Belastungen. Bei den 50- bis 69-Jährigen ist es nur rund jeder Fünfte. Bildungs- und Sozialisationsforscher Professor Klaus Hurrelmann erklärt die Ursachen. Er hat an der Studie mitgearbeitet.
Jugend im Dauerkrisenmodus
Gerade die junge Generation stehe nach den Corona-Jahren nach wie vor unter einem hohen Druck, so Hurrelmann. Sie habe laut der Studie häufiger mit psychischen Belastungen wie Erschöpfung, Gereiztheit und Selbstzweifeln zu kämpfen als die mittlere und ältere Generation. Woran liegt das?
Junge Menschen stehen heutzutage vor einem Meer an Möglichkeiten. Sie können aus tausenden von Bildungsmöglichkeiten wählen und haben viele Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch machen sich junge Leute Sorgen – auch im finanziellen Bereich:
Finanzielle Sorgen plagen die junge Generation
Die persönliche Zufriedenheit mit der finanziellen Lage ist auf einem neuen Tiefpunkt, so die Studie. Insbesondere die 14- bis 29-jährigen seien besorgt um ihre Ersparnisse. Sie hätten das Gefühl, eine schwierigere Aufgabe in der Sicherung des Wohlstandes zu haben als noch die eigenen Eltern und Großeltern, so Hurrelmann. Nach der Auffassung vieler junger Leute seien die Wohlstandsjahre vorbei, erklärt er weiter.
Seiner Einschätzung nach bleibt das Gefühl bei den Jüngeren sich nicht richtig entfalten zu können. Man wolle sein Leben noch leben, doch in unsicheren Zeiten würde es objektiv schwer, eine mittelfristige Lebensplanung aufzubauen, sagt er weiter. Laut Studienleiter Simon Schnetzer fühlen sich junge Menschen daher „wie in einem Dauerkrisenmodus, der weiter anhält und psychische Narben hinterlässt“.
Hoher psychischer Stress – trotz Optimismus
Des Weiteren zeigt die Studie, dass sich der Grund der Sorgen bei Bürgerinnen und Bürgern über Generationen hinweg kaum unterscheidet. Die Älteren haben gerade bei Krieg und Altersarmut sogar etwas mehr Sorgen als die Jüngeren. Allerdings seien sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung resilienter und im Umgang mit Belastungen erprobt, erklärt Hurrelmann.
Trotz der höheren psychischen Belastung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch Krisen, ergab die Erhebung einen optimistischeren Blick in die Zukunft als bei den über 30-jährigen.
“Generation Corona” besonders belastet
Ist dieser Optimismus auch in der “Generation Corona” spürbar? Einem Teil der jungen Leute müsse man dieses Etikett wohl anhaften, meint Hurrelmann. Dazu zählen in seinen Augen diejenigen, die durch die fast dreijährige Ausnahmesituation in ihre Berufslaufbahnen und Bildungseinmündungen gestolpert sind.
Viele dieser jungen Menschen hätten die Zuversicht dann verloren: Etwa 25 Prozent haben im Bildungssystem große Schwierigkeiten und merken, wie komplex die Lebensanforderungen in Beruf und Alltag geworden sind, so Hurrelmann. Es brauche daher einen Zuwachs an Unterstützungsangeboten für junge Menschen:
Mythos der faulen Jugend
Junge Menschen schätzen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt als sehr gut ein, so die Studie. Weiterhin kam sie zu dem Ergebnis, dass die Vorstellungen davon, was gute Arbeit ausmacht, sich zwischen den Altersgruppen kaum unterscheidet. Ganz oben auf der Liste stehen eine gute Arbeitsatmosphäre, gute Vorgesetzte und die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Es sind keine neuen Wünsche, allerdings fordere die jüngere Generation deren Umsetzung stärker ein, so Studienleiter Simon Schnetzer.
Die Erhebung zeigte außerdem eine deutliche Ausprägung der Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft in allen Generationen. Lediglich worin die Motivation zur Arbeit liegt, unterscheide sich abhängig vom Alter.
Was motiviert zu Leistung?
Im Generationenvergleich fällt auf, dass sich die jüngere (14- bis 29-Jährigen) und mittlere Generation (30- bis 49-jährigen) am besten durch Geld und Spaß zu guter Leistung motivieren lassen, so die Studienautoren. Die über 50-jährigen hingegen werden am stärksten dadurch motiviert, etwas Sinnvolles zu leisten.
Wertevorstellungen generationenübergreifend gleich
Die Studie zeigte auch, dass in der Generation der „Babyboomer“ (Jahrgänge 1946 bis 1964) und der „Generation Z“ (1996 bis 2010) die zentralen Werte geteilt werden. Die Studienautoren sehen daher kein Anzeichen für einen Generationenkonflikt. Allerdings messen die „Babyboomer“ ihrer Gesundheit und der Gefährdung der Demokratie eine größere Priorität bei.