Beim Yoga verwendet man ganz selbstverständlich Wörter wie „Om“, „Namaste“, „Mantra“ oder „Karma“. Diese Wörter stammen aus dem Sanskrit, einer altindischen Hochsprache. Sanskrit ist vor allem die Sprache des Hinduismus und der Brahmanen – der hinduistischen Priester.
Die Weltreligionen - Der Hinduismus
Anfangs entwickelten sich verschiedene Varianten des Sanskrit vor allem mündlich. Erst im fünften Jahrhundert vor Christus wurden die Regeln des klassischen Sanskrits von dem Grammatiker Panini schriftlich festgehalten. Sein Werk namens Aṣhṭādhyāyī umfasst etwa 4.000 Regeln der Grammatik von Sanskrit. Ähnlich wie ein Algorithmus produzieren diese Regeln grammatikalisch richtige Wörter. Das ist gar nicht so leicht, denn Sanskrit hat acht verschiedene Fälle, während es zum Beispiel im Deutschen gerade einmal vier, im Englischen sogar nur drei gibt.
Regelkonflikte geben Rätsel auf
Bisher bestand bei dem Regelwerk allerdings immer ein großes Problem: Bei manchen Wörtern können verschiedene Regeln angewandt werden und es ist nicht eindeutig, welche Regel priorisiert werden soll. Um solche Regelkonflikte zu lösen, beschrieb Panini eine sogenannte Metaregel. Allerdings konnten Forschende diese nie richtig interpretieren, was zu grammatikalischen Fehlern führte. Daher mussten viele komplizierte Ausnahmeregelungen entwickelt werden.
Die Lösung ist scheinbar schlicht
Der indische Student Rishi Rajpopat von der Universität Cambridge in England konnte Paninis Metaregel jetzt aber endlich entschlüsseln. Seine Lösung ist vergleichsweise einfach und allgemein gültig. Anders als von Experten angenommen, spielt die Reihenfolge der Regeln innerhalb des Grammatikwerks keine Rolle. Stattdessen kommt es darauf an, ob eine Regel am Anfang oder am Ende eines Wortes angewandt werden muss. Laut Rajpopat wird bei einem Regelkonflikt die Regel für das Wortende bevorzugt.
Was sagen Fachleute zu den neuen Erkenntnissen?
Die neue Entdeckung eröffne ungeahnt viele Möglichkeiten. Das berichten zumindest zahlreiche Medien. Mehrere Expertinnen und Experten im Bereich der Indologie sehen diese optimistische Berichterstattung aber kritisch. Tatsächlich sei die Entdeckung Rajpopats vor allem für Panini-Spezialisten interessant – bei der Übersetzung von alten Schriften sei sie allerdings nicht wirklich hilfreich, sagt Jürgen Hanneder. Er ist Professor für Indologie und Tibetologie an der Philipps-Universität Marburg.
Außerdem sei die neue Regelinterpretation noch nicht ausreichend von einer unabhängigen Stelle geprüft worden. Aber warum wurde das Thema überhaupt so stark von verschiedenen Medien aufgegriffen? Die Universität Cambridge wusste die Arbeit von Rajpopat wohl geschickt zu vermarkten, vermutet Hanneder. Vielleicht liegt es aber auch einfach an der Schwäche der Menschen für Rätsel und einfache Lösungen.