Emotionale Ambivalenz im Alltag
Gemischte Gefühle, wie das gleichzeitige Erleben von Freude und Trauer, sind komplexe emotionale Zustände, die uns im Alltag oft begegnen, wie beispielsweise die "bittersweet nostalgia", auf deutsch übersetzt "bittersüße Nostalgie". Bittersüß bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir beim nostalgischen Schwelgen in Erinnerungen sowohl Freude über die schönen Momente empfinden können als auch Trauer, dass sie unwiderruflich vergangen sind.
Eine solche emotionale Ambivalenz zeigt, dass unser Gehirn fähig ist, komplexe und scheinbar widersprüchliche Emotionen gleichzeitig zu verarbeiten. Diese komplexen Emotionen werden - im Gegensatz zu den "eindeutigen" Empfindungen wie Freude oder Trauer - als "gemischte Gefühle" bezeichnet, weil sie sich nicht einfach so auf einer Skala von positiv bis negativ einordnen lassen.
Gehirnaktivitäten bilden Emotionen ab
Unterschiedliche emotionale Zustände aktivieren verschiedene Bereiche des Gehirns. So lassen sich unsere Gefühle an der Aktivität unseres Gehirns ablesen. Expertinnen und Experten waren sich bislang uneinig, ob gemischte Gefühle die gleichen Aktivitätsmuster im Gehirn erzeugen wie eindeutige Gefühle.
Eine neue Studie zeigt nun, dass die uns bekannten gemischten Gefühle nicht einfach nur eine zufällige Mischung aus positiven und negativen Emotionen sind, sondern, dass sie durch spezifische und einzigartige neuronale Muster gekennzeichnet sind. Prof. Peter Kirsch sagt hierzu:
Forschende zeigten 27 Testpersonen emotionale Filmszenen
Ein Team der University of Southern California hat die sogenannten gemischten Gefühle untersucht. Das Team zeigte 27 Testpersonen den emotionalen Kurzfilm "One Small Step", der darauf abzielte, gemischte Gefühle bei den Probanden zu erzeugen.
Die Forschenden setzten funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) ein, um die Gehirnaktivität der Testpersonen zu untersuchen, während diese den Film sahen. Das Ergebnis: Die im Gehirn beobachteten Aktivitätsmuster bei gemischten Gefühlen unterscheiden sich von denen, die auftreten, wenn rein positive oder negative Emotionen empfunden werden.
Die Scan-Ergebnisse zeigen, dass gemischte Gefühle stabile und spezifische Muster der Aktivität in bestimmten Hirnregionen erzeugen. Dazu gehören die Amygdala, die für die emotionale Bewertung von Wahrnehmung zuständig ist, und der Nucleus accumbens, der im Belohnungssystem des Gehirns sitzt.
Beide Bereiche sitzen im unteren Vorderhirn, das nicht nur für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist, sondern auch beeinflusst, wie wir uns an emotionale Ereignisse erinnern.
Weitere Erforschung von gemischten Gefühlen notwendig
Gemischte Gefühle treten in unserem alltäglichen Leben häufig auf und können durch verschiedene Situationen ausgelöst werden. Wie die Mischung aus Freude und Trauer, die wir beim Erleben von Nostalgie erleben.
Diese Emotionen sind nicht nur widersprüchlich, sondern auch sehr persönlich und subjektiv. Sie können gleichzeitig positive und negative Aspekte enthalten, was sie besonders komplex macht. Abschließend betont Professor Kirsch:
Allerdings weist Kirsch auch darauf hin, dass weitere Forschung notwendig sei, um die spezifischen neuronalen Muster gemischter Gefühle besser zu verstehen und zu klären, ob diese Muster tatsächlich einzigartig für gemischte Gefühle sind oder auch bei anderen ambivalenten Zuständen auftreten.