Ernährung beeinflusst Artenvielfalt

Je mehr Fleisch auf dem Teller, desto weniger Tier- und Pflanzenarten

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Autor/in
Alice Thiel-Sonnen

Was wir essen, hat großen Einfluss auf die Artenvielfalt. Das zeigt eine Analyse der Umweltorganisation WWF. Sie hat erstmals einen Fußabdruck für "Biodiversität" berechnet.

Das Kapuzineräffchen in der brasilianischen Savanne ist ein Beispiel für die Auswirkungen unserer Ernährung: Unser Fleischkonsum bringt dieses und andere Tiere in einer der artenreichsten Regionen der Erde in Gefahr.

Für die Fleischproduktion wird dort immer mehr Natur für die Sojaproduktion gerodet. Das dient als Tierfutter für die Tiermast. Unsere Nutztierhaltung führt also zu einem besonders hohen Flächenverbrauch. Tierische Lebensmittel haben den größten Anteil am Biodiversitäts-Fußabdruck. Sie machen etwa 77 Prozent aus.

Weniger Fleisch – mehr Lebensraum

Ein Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte könnte die Schäden im brasilianischen Savannenwald um 90 Prozent verringern, so die WWF-Studie, würde Tieren wie Ameisenbär oder Kapuzineräffchen helfen.

Wichtig dabei ist, wo die Nahrungsmittel herkommen und wie sie angebaut wurden. Der WWF fordert ein Nachhaltigkeitslabel. Darin sollten Klimawirkung, soziale Aspekte und die Folgen für die Biodiversität berücksichtigt werden.

Bei uns auf dem Rückzug: viele Insekten, die Feldlerche oder die Kornblume 

Auch in nächster Nähe hinterlässt unsere Ernährung mit vielen tierischen Lebensmitteln einen "Fußabdruck" bei der Artenvielfalt...

"Weil wir sehr viel Fläche benötigen zum Anbau der Futtermittel und durch die Art der Bewirtschaftung, die dazu geführt hat - durch monotone Flächen, durch Ausräumung der Landschaften, durch intensive Nutzung von Pestiziden und Stickstoff - dass wir den hohen Verlust an Artenvielfalt bei uns haben."

Die Bestände an Braunkehlchen und Feldlerche sind in Deutschland in den vergangenen Jahren um rund die Hälfte zurückgegangen. Die Kornblume, früher für Ackerland typisch, gibt es kaum noch.

Kämen bei uns mehr pflanzliche Lebensmittel auf den Tisch, müsste weniger Tierfutter angebaut werden. Es würden Flächen frei - für Natur oder nachhaltige Landwirtschaft. Und diese Flächen böten neuen Raum für Artenvielfalt.

Fleisch, Milch, Käse: Wie viel weniger sollte es sein?

Die Studie im Auftrag des WWF wurde von der corsus-corporate-sustainability GmbH erstellt. Sie hat auch Biodiversitäts-Fußabdrücke berechnet für unterschiedliche Szenarien. Was wäre die Folge, wenn wir uns flexitarisch oder vegetarisch oder vegan ernähren würden? Vegan schneidet bei den meisten Punkten am besten ab - mit einer Einschränkung:

"Wenn man sich das anschaut, ist das Vegane auf jeden Fall das Optimum. Wenn man sich das Klima anschaut, ist vegan auch das Optimum. Aber wenn man sich Wasser anschaut, da ist vegan derzeit nicht das Optimum."

Denn: Wenn wir Zitrusfrüchte oder Erdbeeren aus Spanien nachfragen, trifft das eine Region, wo Wasserknappheit herrscht. Im Feuchtgebiet Donana-Nationalpark trocknen deswegen Sümpfe aus. Sie sind Lebensraum für Tausende von Arten.

Pflanzlich – und trotzdem problematisch

Pflanzlich ist also keineswegs immer gleichzusetzen mit weniger schädlich für Pflanzen- und Tierarten. Das Beispiel mit dem deutlichsten Fußabdruck beim Thema Artenvielfalt unter den pflanzlichen Lebensmitteln ist Kakao.

Daran ist vor allem unsere Vorliebe für Schokolade verantwortlich, erklärt WWF-Expertin Tanja Dräger. 5,7 Kilogramm esse im Schnitt jeder von uns pro Jahr. Das gehe mit einem Flächenfußabdruck von 800.000 Hektar einher. Die lägen vor allen Dingen in Regionen in Afrika, die ökologisch besonders wertvoll seien - etwa in der Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria oder Kamera.

Mehr Information für Verbraucher: WWF fordert Nachhaltigkeitslabel

Um mit unserer Ernährung möglichst wenig Artenvielfalt zu zerstören, empfehlen Experten vor allem auf die Herkunft der Produkte schauen und darauf, wie sie angebaut wurden. Allerdings sind das vielfach Informationen, die Verbraucher beim Einkauf nicht bekommen.

Deshalb ist eine der Forderungen des WWF, es brauche ein Nachhaltigkeitslabel für Lebensmittel, das mindestens drei Punkte sichtbar macht:

  • Klimawirkung
  • soziale Aspekte
  • Folgen für die Biodiversität
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Autor/in
Alice Thiel-Sonnen