Ernährung

Fleisch essen – Geht das ohne schlechtes Gewissen?

Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld

Fleisch essen oder nicht? Tierwohl, Klimawandel und Gesundheit sind Aspekte, die bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen. Wie könnte die Zukunft des Fleischkonsums aussehen?

Internationaler Fleischverbrauch steigt stark

Bevölkerungswachstum und steigende Einkommen führen dazu, dass der globale Fleischkonsum rasant zunimmt. Menschen aus entwickelten Ländern konsumieren besonders viel. Wir in Deutschland verbrauchen zum Beispiel rund 23 Mal so viel Fleisch wie die Menschen in Indien.

Fleisch wird auf einem Grill gebraten.
Immer mehr Menschen auf der Welt können sich Fleisch leisten.

Dürfen wir aus ethischer Sicht Tiere essen?

Am meisten essen wir Schweinefleisch. Gerade bei der Schweinemast werden aber immer wieder Bedenken rund ums Tierwohl laut: Sauen in Kastenständen können sich quasi nicht bewegen und bei der CO2-Betäubung erleiden Schweine Erstickungsanfälle und Todesangst.

Aber auch andere Tiere, wie Rinder und Geflügel, werden nach Ansicht von Tierschützer*innen selten artgerecht gehalten. Wobei die Definition von "artgerecht" an sich schwierig ist. Aber allein, dass viele Nutztiere nie an die frische Luft kommen und nie die Sonne auf ihrer Haut spüren, dürfte aus ethischer Sicht zumindest fragwürdig sein – genauso wie das Schlachten von Tieren an sich.

Schweinezucht in Deutschland
Sind Mast und Schlachtung ethisch vertretbar?

Fleischlos ist gesund

Außerdem belegen Studien, dass eine fleischlose Ernährung in der Regel deutlich gesünder ist. Eine ausgewogene Ernährung ohne Fleisch soll frühzeitige Todesfälle um rund 20 Prozent reduzieren. Und: Die Tierhaltung führt laut Umweltbundesamt in Deutschland jährlich zu 38 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten an Treibhausgasemissionen. Das sind immerhin gut 5 Prozent des deutschen Gesamtaustoßes. Zum Vergleich: Der Verkehr macht knapp 20 Prozent aus.

Deutsche essen weniger Fleisch und Wurst

Aus all diesen Gründen sinkt der Fleischverbrauch hierzulande. Statt rund 64 Kilogramm Anfang der 90er-Jahre essen wir jetzt im Durchschnitt noch gut 57 Kilo Fleisch pro Jahr. In den Supermarktregalen wird die Auswahl an pflanzlichen Alternativprodukten – z.B. aus Soja oder Lupinen - immer größer. Wirklich gesund sind solche hoch verarbeiteten Produkte aber oft nicht. Außerdem wollen viele Menschen nicht auf echtes Fleisch verzichten.

Einkaufen in einem deutschen Supermarkt
Immer mehr Deutsche verzichten auf Fleisch und Wurst.

Ist Laborfleisch die Lösung?

Eine Lösung könnte In-Vitro-Fleisch, also Fleisch aus dem Labor sein. Anhand tierischer Zellen können zum Beispiel Chicken Nuggets und Burgerpattys gezüchtet werden. So müssen sehr viel weniger oder im Idealfall gar keine Tiere sterben. Petra Kluger forscht an solchen Techniken an der Hochschule Reutlingen:

Wir können Zellen aus Schlachtabfällen isolieren – Muskel- oder Fettzellen – und aus diesen dann probieren, Fleisch aufzubauen.

Es wäre auch möglich, eine Biopsie durchzuführen, also die tierischen Zellen operativ zu entnehmen. Das Tier könnte dann weiterleben. Schlachtabfälle sind aber leichter verfügbar und ersparen einem weiteren Tier die Operation. Kluger glaubt, dass sich Laborfleisch langfristig durchsetzen wird – nicht nur zum Wohl der Tiere.

Fleisch im Labor herstellen - ist das möglich?
Fleisch wird in einem russischen Labor gezüchtet - ganz ohne Tiersterben.

"Es gibt (...) Berechnungen, dass diese Methode sehr viel umweltschonender ist. Man kann sich vorstellen, allein der Landverbrauch ist viel geringer, es werden weniger klimaschädliche Treibhausgase ausgestoßen ..."

Hochrechnungen für eine massenhafte Produkte von In-Vitro-Fleisch sind bisher allerdings nur theoretisch. Es müsse sich erstmal zeigen, wie die Werte für große Fabriken tatsächlich ausfallen. Es läge laut Kluger beispielsweise aber auch nahe, dass im Labor gezüchtetes Fleisch weniger Wasser verbrauche. Tiere müssen über Monate oder Jahre trinken, fressen und Unterschlupf finden bis sie geschlachtet werden. Verwertet werden kann anschließend nur ein Teil des Tiers. In-Vitro-Fleisch könne dagegen nahezu vollständig verwertet werden und sei deshalb effizienter.

In Singapur wurde Ende 2020 erstmals ein solches Produkt zugelassen. Bis in fünf Jahren könne sich Kluger vorstellen, dass es auch in Deutschland Laborfleisch zu kaufen gibt. Schätzungen zufolge könnte In-Vitro-Fleisch bis zum Jahr 2030 schon 10 Prozent des globalen Markts für Fleisch und Fleischersatz ausmachen. Bis 2040 wird ein Anteil von 35 Prozent prognostiziert. Neben veganen Ersatzprodukten (25 Prozent Anteil) würde konventionelles Fleisch dann nur noch 40 Prozent des Umsatzes ausmachen.

Ohne Schlachten: Laborfleisch erstmals zugelassen

Singapur hat erstmal ein Fleischprodukt zugelassen, das nicht von geschlachteten Tieren stammt, sondern im Labor gezüchtet wurde. Das Start-Up „Eat Just“ aus San Francisco will solche Chicken Nuggets verkaufen. Bedeutet das einen Durchbruch für unsere Ernährung?

Bis es soweit ist und jederzeit können wir aber auch auf natürliche Proteinquellen zurückgreifen. Zum Beispiel Linsen, Erbsen, Bohnen und Nüsse sind nämlich nicht nur proteinreich, sondern auch gesund.

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Franziska Ehrenfeld