Jedes Jahr kommen in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose zur Welt. Wegen eines Gendefekts bildet sich bei Betroffenen zäher Schleim in der Lunge, die mit den Jahren immer schwächer wird. Häufig endet dann eine Lungenentzündung tödlich.
Diese Woche tagt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie in Mannheim und spricht über aktuelle Behandlungsoptionen. Die Prognose für die Patientinnen und Patienten wird immer besser.
Erbkrankheit Mukoviszidose: Bakterielle Infektionen in der Lunge bekämpfen
Wie kann die nächste Lungenentzündung verhindert oder zumindest schnell behandelt werden? Das ist wohl eine der wichtigsten Fragen bei der Behandlung von Mukoviszidose-Betroffenen. Der durch die Erbkrankheit gebildete Schleim in der Lunge ist ein idealer Nährboden für Bakterien.
Vor allem das Bakterium Pseudomonas aeruginosa ist eine Gefahr. Das Bakterium ist gegen die meisten Antibiotika resistent und führt immer wieder zu gefährlichen Lungenentzündungen.
Lange mussten Fachleute zusehen, wie die Lungenfunktion der Betroffenen Jahr für Jahr schwächer wurde. Heute ist das zum Glück anders: Wird die bakterielle Infektion sehr früh erkannt, können die Bakterien direkt mit einem hochdosierten Medikament bekämpft werden. Dabei inhalieren die Patientinnen und Patienten ein starkes Antibiotikum.
Die bakterielle Infektion muss aber sehr schnell behandelt werden, weshalb die Patienten und Patientinnen alle vier bis sechs Wochen eine selbst entnommene Probe zur Überwachung einschicken.
Mukoviszidose: Bildung von zähem Schleim in der Lunge soll verhindert werden
Noch ist Mukoviszidose nicht heilbar, aber mit neuen Medikamenten soll der Schleim in den Organen, vor allem in der Lunge, reduziert werden.
Die Erbkrankheit führt zu einer Störung des Salz-Wasser-Haushalts, da die sogenannten CFTR-Kanäle für den Salz-Ausgleich nicht richtig funktionieren. Die Folge: Auf den Schleimhäuten an der Zelloberfläche befindet sich viel weniger Salz als im Zellinneren.
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Dieses Ungleichgewicht versucht der Körper auszugleichen, indem er den Schleimhäuten Wasser entzieht. Dadurch bildet sich letztlich zäher Schleim, weil die Kanäle auf der Zelloberfläche nicht richtig funktionieren. Genau hier kann eine Kombination neuer Medikamente helfen.
Sogenannte CFTR-Modulatoren werden zweimal täglich als Tablette eingenommen und sollen die Kanäle zumindest teilweise reparieren. Ein erster Wirkstoff, Ivacaftor, wurde schon 2012 zugelassen.
Allerdings profitierte davon nur eine kleine Gruppe von Patienten, mit einem seltenen Subtyp der Erbkrankheit. Die Medikamente müssen immer zum Gendefekt passen, bei dem es mehrere Subtypen, also unterschiedliche Mutationen gibt.
Ist eine Therapie bei Mukoviszidose für Babys der nächste Durchbruch?
In den vergangenen zehn Jahren wurde die Therapie zusammen mit weiteren neuen Wirkstoffen kombiniert. Ein Großteil der Betroffenen kann jetzt davon profitieren und immer jüngere Menschen werden damit behandelt. Das Medikament Kaftrio wurde im November 2023 für Über-2-Jährige zugelassen und wird als nächstes auch an Kleinkindern und Babys getestet. Eine Behandlung direkt nach der Geburt wäre ein großer Fortschritt, sagt Professor Carsten Schwarz:
In Zukunft könnten sogar Ungeborene direkt im Mutterleib behandelt werden, sagt Professor Schwarz, zumindest gebe es Einzelfallberichte, die Hoffnung machten. Es gäbe Fälle, bei denen eine schwangere Mukoviszidose-Patientin behandelt wurde und das Kind trotz des vererbten Gendefekts gesund zur Welt kam.
Natürlich wisse man noch nicht, ob nach 30 Jahren nicht doch eine milde Form einer Mukoviszidose entstehen könnte, gibt der Pneumologe zu bedenken. Doch die Patientinnen und Patienten seien dann deutlich einfacher zu behandeln.
Erbkrankheit Mukoviszidose durch Neugeborenen-Screening früher erkennen
In Zukunft könnte eine solche Therapie aber nur funktionieren, wenn schon vor der Geburt bekannt ist, dass das Kind an Mukoviszidose erkrankt ist. Früher hat es teils Monate gedauert, bis Ärzte die Krankheit bei Neugeborenen entdeckten – obwohl eine frühe Behandlung besonders wichtig ist.
Das hat sich spätestens 2016 geändert. Seitdem werden Säuglinge im Rahmen des Neugeborenen-Screenings mit einem Bluttest auf die Erbkrankheit untersucht. Die Behandlung kann dann bei einer folgenden Diagnose direkt beginnen. Ob dieses Screening positive Effekte hat, ist noch nicht ganz klar. Dazu gebe es noch nicht so richtig Daten, sagt Schwarz. Aber er glaubt schon, dass es bereits einen positiven Einfluss hat. Das zeige der Alltag in der Klinik.
Klar ist: Vor allem in den vergangenen 20 Jahren hat sich die Therapie der Mukoviszidose deutlich verbessert. Deutschlandweit gibt es 50 spezialisierte Behandlungszentren. Hier stehen Inhalationstherapien, Physiotherapie mit Atemtraining, Ernährungsberatung und Sport auf dem Programm.
Auch Verdauungsenzyme helfen, um die bei den Patienten geschwächte Bauspeicheldrüse zu unterstützen. Denn nicht nur die Lunge ist betroffen. Vor 70 Jahren überlebten Säuglinge nur wenige Monate, heute liegt die Lebenserwartung in Deutschland im Durchschnitt bei über 60 Jahren.