Für einen knapp sieben Monate dauernden und bezüglich des Treibstoffverbrauchs einigermaßen sparsamen Flug zum Mars öffnet sich alle 26 Monate ein günstiges Startfenster. Das ist auch dieses Jahr zwischen Mitte Juli und Mitte August der Fall. Diese Chance wollten die USA, China und ursprünglich auch die in der ESA zusammengeschlossenen europäischen Staaten für neue Marsmissionen nutzen.
Zu diesem Trio stießen dann noch die Vereinigten Arabischen Emirate, die bislang nicht gerade als Raumfahrtnation von sich reden machten. Also: Vier Projekte für Marsflüge – drei davon stehen jetzt auf der Startrampe.
Starttermin 15. Juli: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
Die VAE bringen ihre Sonde namens „Hope“ an der Spitze einer japanischen Rakete auf den Weg. Denn das Land verfügt nicht über entsprechende Träger oder Startplätze. Trotzdem will die Staatsspitze des autoritär geführten Landes dessen Raumfahrtengagement in kürzester Zeit auf international konkurrenzfähiges Level heben.
Da die Erdölwirtschaft absehbar an Bedeutung verlieren wird, will man eigene, hoch ausgebildete Ingenieure und Wissenschaftler im Land halten. Und eine Möglichkeit sieht man in der Schaffung eines breit aufgestellten und für junge Leute durch spannende Projekte attraktiven Raumfahrtsektors. Mit der Hope-Mission feiert der Staatenbund der VAE aber auch sein 50-jähriges Bestehen. Die politische Opposition sieht deshalb das Projekt vor allem als Ausdruck der Gigantomanie der Herrschenden, die es mit Geld und guten Beziehungen zu den USA im Jahr 2019 bereits geschafft haben, einen Astronauten der VAE als ersten Araber für eine knappe Woche an Bord der ISS zu bringen.
Wissenschaftliches Ziel der Hope-Mission ist es, die Atmosphäre und das Klima des Mars zu untersuchen. Das für die Sonde zuständige Forschungsteam spricht vom „ersten echten Wettersatelliten“, der zum Mars geschickt wird.
Starttermin 23. Juli: China, Tianwen-1
Tianwen-1 ist der zweite Versuch des kommunistischen Landes, eine Sonde zum Mars zu bringen. Der erste schlug 2011 fehl, als ein Huckepack auf der russischen Fobos-Grunt-Sonde mitfliegendes chinesisches Raumfahrtgerät mitsamt der Rakete nicht über die Erdumlaufbahn hinaus kam.
Jetzt will China mit komplett eigener Technik einen Orbiter und einen Rover zum Mars bringen. Der Orbiter soll aus einer Marsumlaufbahn die Gesteine auf der Marsoberfläche kartieren, nach Wassereisvorkommen suchen und das Marsmagnetfeld vermessen. Der Rover wird über die Marsoberfläche rollen und Gebiete nahe des Marsäquators aus der Nähe erkunden. Auf dem Mond hat China bereits zwei Rover erfolgreich abgesetzt.
Aber die Landung auf dem Mars wird ungleich schwieriger. Die USA sind die einzige Nation, denen bislang mehrere weiche Landungen auf dem Mars geglückt sind. Das sowjetische Raumfahrtprogramm brachte wenigstens eine Sonde auf den Marsboden, die aber schon nach 20 Sekunden verstummte. China will zeigen, dass es die für eine Marslandung notwendigen Techniktricks ebenfalls beherrscht. Die Mission ist also – wie jedes interplanetare Raumfahrtprojekt – auch eine Prestigeangelegenheit.
Starttermin 30. Juli: USA, Mars 2020 Sonde mit Rover Perseverance
Ursprünglich sollte sich der neue US-Marsrover schon Mitte Juli auf den Weg machen. Aber diverse Probleme mit der Rakete und der Technik am Startplatz führten dazu, dass der Start mehrfach verschoben wurde. Inzwischen ist er auf 30. Juli festgelegt. Da ist nicht mehr viel Luft bis zum Ende des möglichen Startzeitraums Mitte August.
Die USA haben in den vergangenen 20 Jahren einen riesigen Erfahrungsschatz im Bau, der Landung und der Steuerung von robotischen Marsmissionen gesammelt. Und die US-Rover werden immer größer und komplexer. Perseverance wiegt rund eine Tonne und ist damit so groß und schwer wie ein PKW. Der Rover soll im Jezero-Krater landen.
Auf Satellitenbildern kann man in diesem Krater deutlich die Ablagerungen eines früheren Flussdeltas erkennen. Perseverance soll dort Gesteinsproben sammeln und sie in Kanister verpackt ablegen. Spätere Roboter-Missionen der NASA in Kooperation mit der ESA sollen diese Proben bis zum Jahr 2031 auf dem Mars abholen und zur Erde bringen.
Es wären die ersten Marsgesteinsproben, die in irdischen Laboren bis ins kleinste Detail untersucht werden könnten. An seiner Unterseite trägt der Perseverance-Rover außerdem einen faltbaren Mini-Hubschrauber mit sich, den er an einer geeigneten Stelle auf dem Marsboden absetzen wird und der Flugversuche in der sehr dünnen Marsluft unternehmen soll.
Starttermin verschoben auf 2022: Europa/Russland, ExoMars2020
Europa fehlt in der Teilnehmerliste der Marsflugshow. Dafür gibt es zwei Gründe: Der Start stand schon im vergangenen Winter ein wenig auf der Kippe, weil die Landefallschirme des ExoMars-Rovers Probleme bereiteten. Bei Tests hatten sich immer wieder Risse im dünnen Material der Schirme gebildet. Mit weiteren Tests auf Testständen der NASA in den USA bekam man das Problem aber nach und nach in den Griff.
Raumfahrt Wegen Corona - Mars-Sonde kann nicht starten
Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat entschieden, ihre Marsmission ExoMars zu verschieben. Einer der genannten Gründe ist tatsächlich die Corona-Pandemie.
Für die abschließende Testreihe konnten die Teams aber nicht mehr in die USA einreisen – wegen der Corona-Pandemie. Auch die Zusammenarbeit zwischen der ESA und der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos war unter Pandemiebedingungen derart erschwert, dass man im Frühjahr 2020 entschied, dem Rover noch zwei weitere Jahre Entwicklungszeit zu geben, um gut vorbereitet starten zu können.
Die drei nun startenden Missionen sollen im Februar den Mars erreichen. Rein statistisch werden aber nur eine oder zwei davon erfolgreich sein – denn bislang ist jede zweite Marsmission irgendwo zwischen irdischer Startrampe und Marsoberfläche gescheitert.