Interview mit Ex-Astronaut

Trump und Musk: Dream-Team oder Albtraum für die US-Raumfahrt?

Stand
Interview mit
Ulrich Walter
Das Interview führte
Ute Spangenberger
Onlinefassung
Leila Boucheligua

Welche Auswirkungen heben die Wahl von Donald Trump und Elon Musks Besetzung eines Regierungspostens für die US-Raumfahrt? Ein Interview mit Ex-Astronaut und Physiker Ulrich Walter über mögliche Gefahren.

Neben der Besetzung der ersten Regierungsposten hat Trump angekündigt, eine Abteilung für "Regierungseffizienz" zu schaffen - ein Beratungsgremium, das zwar nicht Teil der Regierung sein solle, aber eng mit Trumps Regierung zusammenarbeiten werde. Und auch hierfür hat Trump die Führungsspitze schon besetzt: mit Tech-Milliardär Elon Musk und dem früheren republikanischen Präsidentschaftsbewerber Vivek Ramaswamy.

Welche Interessenkonflikte drohen, wenn der SpaceX-Chef Musk Trump berät und wohin steuert Trump die US-Raumfahrt insgesamt? Wir haben mit dem ehemaligen Astronauten und Physiker Ulrich Walter über mögliche Entwicklungen gesprochen. Das Interview führte Ute Spangenberger.

Trump will, dass wieder Amerikaner auf dem Mond landen

Ute Spangenberger, SWR Wissen: Werden die USA unter Trump am „Artemis-Programm“, also der Landung mit Menschen auf dem Mond, festhalten?

Ulrich Walter: Trump wird am Mondprogramm festhalten und er wird mehr Druck machen. Er möchte, dass spätestens zum Ende seiner zweiten Amtszeit die USA wieder auf dem Mond landen.

Er wollte das ja schon während seiner ersten Amtszeit, in der er verkündete, dass man 2024 auf dem Mond landet. Jetzt hat er eine Chance und wird darauf bestehen, dass spätestens 2028 mit Artemis III wieder Amerikaner auf dem Mond landen. Außerdem haben die Chinesen ja angekündigt, 2030 mit Astronauten auf dem Mond zu landen. Da möchte Trump sicherlich vor den Chinesen oben sein.

Zusammenarbeit staatlicher und privater Raumfahrt

SWR Wissen: Es gibt Spekulationen, wonach das Space Launch System, also die Rakete, die die Artemis-Astronauten in den Weltraum bringen soll, aus Kostengründen gestoppt werden könnte. Glauben Sie das?

Ulrich Walter: In den USA sagt man „All hat, no cattle“. Das ist ein Idiom und meint: Es gibt viele Cowboys, aber keine Rinder mehr. Bedeutet für die NASA: Dort gibt es viel alte Erfahrung, aber das effiziente „Machen“ haben sie verlernt. Möglich wäre und das wäre auch mein Vorschlag, dass die NASA mit Elon Musk und Jeff Bezos zusammenarbeitet.

Die NASA bringt ihre Erfahrung ein, überlässt das Bauen der Raketen aber den Privaten. Und da sich Musk und Bezos nicht sonderlich mögen, werden beide darauf achten, dass keiner dominiert. Konkurrenz ist da immer gut. Und man muss ehrlicherweise sagen: Die SLS-Rakete ist nicht konkurrenzfähig.

SWR Wissen: Die SLS-Rakete wird ja im Auftrag der NASA unter anderen von Boeing gebaut. Was könnte ein mögliches Aus für Folgen für Boeing haben?

Ulrich Walter: Boeing hat ja bereits jetzt öffentlich darüber nachgedacht, ihre Raumfahrtsparte zu verkaufen. Möglicherweise wird das so kommen, denn Boeing macht mit dem Bau von Flugzeugen wesentlich mehr Geld. Boeing ist „fahrlässig“ geworden, begründet in verkrusteten Strukturen, die sie kaum mehr wegbekommt.

In der Geschäftswelt ist es durchaus üblich, dass man dann eine ineffiziente Sparte verkauft und der Käufer strukturiert anschließend um, damit sie wieder effizient wird. Solcherart Marktbereinigungen sind gut und wichtig.

Elon Musk wird unter Trump Leiter der neuen Abteilung für Regierungseffizienz

SWR Wissen: Wie bewerten Sie, dass Donald Trump ausgerechnet Elon Musk damit betraut, den Behörden auf die Finger zu schauen und für mehr Effizienz zu sorgen.

Ulrich Walter: Elon Musk als Leiter einer neuen Abteilung für Regierungseffizienz einzusetzen, halte ich für eine gute Entscheidung, denn Effizienz ist etwas, was Musk gut kann. Laut Trump soll diese Abteilung die Regierung beraten und anleiten. Umsetzungen werden aber im Kongress entschieden.

Ich halte es für fraglich, ob von Musk eventuell vorgeschlagene, massive Überarbeitung der Regierungsausgaben und -abläufe dort genehmigt würden. Diese Gewaltenteilung kann Musk nicht aushebeln. In einer Demokratie werden wichtige Entscheidungen von Mehrheiten in Parlamenten getroffen und das ist auch gut so.

Musk soll mehr Effizienz in die Regierung bringen und er weiß, wie man Effizienz steigern kann. Und meine Erfahrung ist, dass über Jahrzehnte die Effizienz in öffentlichen Verwaltungen nachlässt.

Das merken wir in Deutschland genau wie in den USA, etwa auch bei der FAA, der US-Bundesluftfahrtbehörde. Was ich gut finde bei Trump: Er geht es an, er redet nicht, er macht. Und wenn Musk das nun mit Fingerspitzengefühl macht, kann das durchaus positive Auswirkungen haben.   

Bei Musks Regierungsarbeit drohen Interessenkonflikte

SWR Wissen: Gerade die FAA hat Space X in den vergangenen Jahren mit Auflagen das Leben schwer gemacht. Nun könnte Musk also die Behörde „kontrollieren“, die eigentlich ihn kontrolliert. Kann das sein?

Ulrich Walter: Da könnte es tatsächlich zu Interessenkonflikten kommen. Bei einer von Musk vorgeschlagenen möglichen Umstrukturierung der FAA könnte Musk sich eigene Vorteile verschaffen. Aber ich denke, solche Befangenheiten wird der Kongress bei seinen Entscheidungen mit einbeziehen.

Einsatz von Erfahrungen aus der Privatwirtschaft in öffentlichen Einrichtungen ist üblich

SWR Wissen: Neben gewissen Zweifeln am Fingerspitzengefühl von Musk stellt sich die Frage, ob ein „Turbo-Unternehmer“ wie Musk der richtige ist, um Behörden zu überprüfen, die das Wohl des ganzen Landes im Blick haben müssen?

Ulrich Walter: So funktioniert aber Überprüfung, so arbeiten auch Consulting Unternehmen weltweit: Die Erfahrung aus der Privatwirtschaft wird in öffentlichen Einrichtungen eingesetzt. Nur, dass jetzt kein Consulting-Unternehmen der USA-Regierung auf die Finger schaut, sondern eine Person, Elon Musk.

Was natürlich nicht gehen würde, wenn Musk sich selbst als NASA-Chef einsetzen würde, aber das ist ja auch nicht geplant. Das muss getrennt werden, auch da darf es keine Interessenkonflikte geben. Am besten setzt Trump wieder James F. Bridenstine als NASA-Chef ein. Der hat bereits in Trumps erster Amtszeit als NASA-Chef gute Arbeit geleistet.

SWR Wissen: In seiner ersten Amtszeit hatte Trump die sogenannte „Space Force“ als neue Teilstreitkraft des Militärs eingeführt. Jetzt ist davon die Rede, dass er eine “Space National Guard“ einführt. Was bedeutet das? Soldaten im Weltraum?

Ulrich Walter: In den USA ist eine „National Guard“ eine Soldaten-Reserve-Einrichtung. Bei der Diskussion um die „Space National Guard“ geht es darum, ob die Reservesoldaten, die vormals für Raumfahrt ausgebildet und bisher der Air Force zugeordnet sind, nun der Space Force zugeordnet werden sollen. Das ist alles. Soldaten im Weltraum zu stationieren würde keinen Sinn machen. Den Weltraum und von dort die Erde überwacht man viel besser mit Satelliten.

Raumfahrt Artemis-Verträge: Deutschlands zögerliche Beteiligung an der Mondmission

Die NASA möchte mit den Artemis-Flügen wieder Menschen auf den Mond bringen. Wie der Mond und der Weltraum erkundet und genutzt werden sollen, ist vertraglich in den Artemis Accords vereinbart. Darum unterschrieb Deutschland diese Verträge erst nach jahrelangem Zögern.

Europa schickt in den nächsten Jahren keine eigenen bemannten Raketen ins All

SWR Wissen: Muss sich die europäische Raumfahrt gerade jetzt, ähnlich wie in der Verteidigungspolitik, mehr emanzipieren und Systeme entwickeln, um selbst Astronauten ins All zu fliegen? Um unabhängiger von den USA zu werden?

Ulrich Walter: Europa wird in den nächsten 30 Jahren keine Astronauten mit eigenen Raketen ins All fliegen und ein eigenes bemanntes Raumfahrtprogramm entwickeln, so wie selbst die Inder das getan haben.

Die Europäer haben die Ariane 6 nicht „man-rated“, daher ist sie für bemannte Flüge nicht geeignet. Außerdem sind sich die europäischen Staaten in dieser Frage so zerstritten, dass die ESA dafür auch die Finanzen nicht zusammen bekäme. Die EU als zweitgrößte Wirtschaftsnation ist da also bestenfalls viertklassig.

SWR Wissen: Trump hat den von Menschen verursachten Klimawandel geleugnet. Meinen Sie, dass die NASA-Erdbeobachtungsprogramme weiterlaufen werden? 

Ulrich Walter: Den NASA-Haushalt legt der US-Kongress bis in die einzelnen Sparten (darunter Erdbeobachtung) genau fest. Da der Kongress von den Republikanern bestimmt wird, befürchte ich, dass es bei der Erdbeobachtung gravierende Einschnitte geben wird.

Aber das ist kein großes Problem. Denn in Sachen klimarelevante Erdbeobachtung hat die EU mit ihrem Copernicus-Programm weltweit die Nase weit vorne. Das machen die Europäer in der Raumfahrt wirklich gut.

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