Geruchsforschung

Du riechst wie ich, lass uns Freunde sein

Stand
Autor/in
Leonie Kalscheuer

Wie sagt man so schön, gleich und gleich gesellt sich gerne. Und an dem Spruch ist tatsächlich auch wenn es um den Geruch geht etwas dran.

Riechen meine Freunde ähnlich wie ich?

Wenn wir uns in unserem Freundeskreis umschauen, fällt vielleicht auf, dass viele Interessen, Eigenschaften, das Aussehen oder die Werte oft übereinstimmen. Forschende gehen jetzt der Frage nach, ob Menschen die sich mögen und eine Freundschaft aufbauen, auch einen ähnlichen Körpergeruch haben.

Gemeinsamkeiten unter Freunden

Durch verschiedene Studien ist schon bekannt, dass Menschen, die einander gleichen, eher miteinander befreundet sind, als wenn sie von Grund auf verschieden sind.

Besonders bei Freundschaften, die nicht über einen langen Zeitraum, sondern spontan entstanden sind – zum Beispiel auf einer Geburtstagsparty – spielt der erste Eindruck, ob man sich sympathisch ist oder nicht, eine ausschlaggebende Rolle. Israelische Forscherinnen und Forscher wollten nun herausfinden, ob auch der Körpergeruch bei Freunden ähnlich ist. In ihrer Studie im Fachblatt „Science Advances“ haben sie anhand von zwei Experimenten ihrer Hypothese untersucht.

Die Freundschaft der 40 ausgewählten Testpersonen waren nach eigenen Angaben spontan und aus der Situation heraus entstanden – es hat also direkt "geklickt”. Die Forschenden bezeichnet diese Arten von Bindung als „Klick-Freundschaften".

Hängt das Empfinden von Sympathie tatsächlich mit dem Körpergeruch zusammen?

Um zu prüfen, ob Freunde tatsächlich auch einen ähnlichen Körpergeruch haben, nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler getragene, unparfümierte T-Shirts von insgesamt 20 gleichgeschlechtlichen Freundespaaren. Mithilfe der Kleidungsstücke wurde für jeden Probanden ein Geruchsprofil erstellt, welches dann von einer elektronischen Nase – also einem Apparat mit Sensoren – erschnüffelt und die Gerüche verglichen wurden.

Und tatsächlich zeigte sich, dass die Freunde deutlich ähnlicher rochen als Personen, die sich nicht kannten. Die elektrischen Nasen, welche den Duft anhand von fünf ausgewählten chemischen Komponenten verglichen, waren nicht die Einzigen, die das Geruchsprofil testeten.

Test-Schnüffler am Werk

Auch Personen durften an den T-Shirts schnüffeln und die Ähnlichkeit der Gerüche analysieren. Bei einem sogenannten Triangle-Test wurden die beiden Düfte der Freunde und ein unabhängiger Geruch zur Verfügung gestellt.

Der Triangle-Test oder auch Dreiecksprüfung genannt, ist in seiner ursprünglichen Form eine Prüfmethode mit drei Proben – zwei sind identisch, eine ist abweichend. Die Frage bei dieser Art von Test lautet: Welche ist die abweichende Probe?

Im hier durch geführten Experiment handelte es sich um einen leicht modifizierten Form der Dreiecksprüfung, da nicht wie im Normalfall zwei identische Düfte mit einem andern verglichen werden. Die Beiden ähnlich Gerüche, waren schwerer klar zu erkennen. Die Test-Schnüffler konnten nicht eindeutig sagen, welche Gerüche zusammengehörten.

In einem weiteren Versuch wurden zwei Gerüche in einem Direkt-Vergleich getestet. Hier konnten auch die menschlichen Test-Schnüffler den Unterschied erkennen: Sie konnten erriechen, ob das Düfte-Paar von Freunden stammte, also ähnlich war, oder nicht. Das Ergebnis stimmte also mit den Analysen der elektronischen Nase überein.

Harmonie geht über die Nase

Freunde entwickeln also möglicherweise aufgrund von gleichen Rahmenbedingungen einen ähnlichen Geruch. Derselbe Wohn- oder Arbeitsort könnte beispielsweise Einfluss auf den Körperduft nehmen. Das würde bedeuten, dass nicht der ähnliche Geruch die Freundschaft beeinflusst, sondern die Freundschaft den ähnlichen Körpergeruch. 

Um diesen Zusammenhang zu prüfen, führte das Forschungsteam ein weiteres Experiment durch. Hierbei wurde von 17 sich unbekannten Testpersonen wieder eine Geruchsprobe erstellt. Bei einem Spiel sollten die Probanden Handbewegungen ihres gleichgeschlechtlichen Mitspielenden nachmachen, ohne miteinander zu sprechen. Das Ziel war es, die Harmonie und Interaktion zwischen den beiden Menschen zu testen. Die Getesteten beurteilten danach, ob es mit dem Spielpartner oder Spielpartnerin „geklickt“ hatte und wie sympathisch sie ihr Gegenüber empfunden hatten.

Zwei Mädchen lachen gemeinsam.
Freunde stimmen in vielen Dingen überein. Forscher kommen jetzt zu dem Ergebnis, dass sich auch der Körpergeruch ähnelt.

Und tatsächlich: Bei Personen, die im Spiel harmonierten, waren die Geruchsprofile im Schnitt ähnlicher als bei Spielpaaren, welche sich nicht auf Anhieb so sympathisch waren. Den Forschenden gelang es sogar, ein Modell zu erstellen, welches zeigte, dass die Forscher anhand des Geruchsprofils voraussagen konnten, wer sich beim Spiel gut verstehen würden.

Unser emotionaler Geruchssinn

Ob wir es also wollen oder nicht, unsere Nase beeinflusst unser soziales Handeln oft mehr als viele Menschen vielleicht denken – frei nach dem Motto “Immer der Nase nach!”. Für den Menschen hat der Geruchssinn in erster Linie eine Schutzfunktion: Er warnt zum Beispiel vor Gefahren wie Feuer oder Gas. Auch verdorbene Lebensmittel lehnt der Körper mit Hilfe der Nase durch eine Körperreaktion wie Niesen, Husten und Würgen ab.

Der Geruchssinn wird als der unmittelbarste, menschliche Sinn angesehen. Beim Hören, Fühlen oder Sehen werden die wahrgenommenen Signale erst in der Großhirnrinde des Gehirns verarbeitet. Anders ist es beim Riechen, denn der Geruchssinn hat keinen Ort im Gehirn, welcher allein für diese Verarbeitung zuständig ist. Düfte wirken im Gehirn direkt auf das limbische System. Dieser Bereich ist gleichzeitig zuständig für das Verarbeiten von Gefühlen, Erinnerungen und das Kreieren neuer Emotionen.

Bei so vielen Vernetzungen mit Empfindungen und tausenden verschiedener Duftstoffe in unserer Umgebung, ist es kein Wunder, dass unsere Nase manchmal ihren eigenen Kopf hat und unsere Wahrnehmung beeinflusst. Ob es der Sommerregen, der frische Kaffee am Morgen oder ein vertrauter Kindheitsgeruch von Zuhause ist, unsere Nase erinnert uns immer wieder an bestimmte Momente, beeinflussen unsere Stimmung, Partner- und Freundeswahl.

Nase von unten
Der Geruchssinn beeinflusst unbewusst viele unserer Emotionen.

Schnüffeln nach Freunden

Es ist zwar noch nicht genau untersucht, welche Mechanismen im Gehirn hinter dem Phänomen des ähnlichen Körpergeruchs bei Freunden stecken. Es scheint aber so als, ob wir Menschen unbewusst einen Körpergeruch suchen, der dem unseren ähnlich und bekannt ist.

Wir machen es also bisschen wie Hunde, die sich beschnuppern, ob Feinde oder Freund. Im besten Fall nur nicht so auffällig wie die Tiere, wenn wir wirklich Freunde finden wollen. Beim ersten Eindruck also öfters einfach mal der Nase nach! 

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