Cyberkriminalität

Wie sicher sind erneuerbare Energien vor Hackern?

Stand
Autor/in
Alice Thiel-Sonnen
Onlinefassung
Emily Burkhart
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Erneuerbare Energien sind anfällig für Cyberattacken. Was passiert, wenn Hacker Windräder lahmlegen oder Solaranlagen manipulieren? Die Risiken im Überblick.

KRITIS – das ist die Abkürzung für Kritische Infrastruktur. Gemeint sind damit etwa Strom-, Wasser- und medizinische Versorgung - all das, was wirklich wichtig ist. Wenn Kritische Infrastruktur jedoch ins Visier von Hackern gerät, können Risiken für die Versorgungssicherheit entstehen.

Das Bundeskabinett hat nun ein KRITIS-Dachgesetz beschlossen, womit der Schutz verbessert werden soll. Es hat vor allem große Versorgungsunternehmen im Auge. Aber auch für den Windpark oder die Solaranlage gilt Cybergefahr.

Risiken eines Strom-Blackouts durch Cyberangriffe

Frühjahr 2022: Bei rund 6.000 Windkraftanlagen in Deutschland kommt es zu einem Internetausfall, nachdem russische Hacker einen Satelliten lahmgelegt hatten. Noch im gleichen Jahr melden Nordex und die Deutsche Windtechnik AG weitere Cyber-Vorfälle. Bei diesen Meldungen steht eine Frage im Vordergrund: Was kann man überhaupt mit Windrad-Daten anfangen?

Eine ganze Menge, warnt Hannes Federrath, Professor für Informatik an der Universität Hamburg: "Wenn ich beispielsweise solche Anlagen stören kann, oder gar vom Netz nehmen kann, dann kann ich damit die Versorgungssicherheit beeinträchtigen."

Ein Versorgungszusammenbruch, ein sogenannter „Blackout" ist ein großflächiger, plötzlicher und unkontrollierter Stromausfall bei dem ganze Regionen oder Länder betroffen sein könnten. Durch Wind- und Solarparks könnte ein solches Szenario inzwischen schnell real werden.

Mehrere Häuser einer Großstadt die durch ein Netz an Datenpunkten verbunden sind. Etwa so sind erneuerbare Energien untereinander im Smart Grid verbunden. So wird eine effiziente Versorgung mit Strom sichergestellt.
In einem intelligenten Stromnetz - auch Smart Grid genannt - stehen verschiedenste Stromquellen und -verbraucher miteinander in Verbindung. So kann der Stromfluss zwischen erneuerbaren Energien präzise angepasst und gesteuert werden.

Effiziente Nutzung erneuerbarer Energien durch smarte Kommunikation

Hinter den Erneuerbaren Energien und der Energiewende steht ein intelligentes Stromnetz, über welches Stromerzeuger, Verbraucher und Netzbetreiber vernetzt sind. Ein "Smart Grid" - so nennt sich das intelligente Stromnetz - nutzt digitale Kommunikationstechnologien, um Erzeugung, Verteilung und Verbrauch von Strom maßgeschneidert aufeinander abzustimmen.

Hannes Federrath erklärt das an einem praktischen Beispiel: "Muss ich tatsächlich jetzt mein Auto aufladen an meiner Steckdose oder könnt ich das auch in zwei Stunden tun, weil anderswo der Strom einfach wichtiger ist, dass er jetzt verbraucht wird?" Ein Smart Grid kann in dieser Weise automatisch auf Veränderungen im Netz reagieren und den Stromfluss präzise anpassen und steuern. So kann die Energie effizienter genutzt werden.

Durch die vielen dezentralen Energieproduzenten und auch mal Zeiten ohne Wind oder ohne Sonne braucht es dafür jedoch viel Kommunikation. Die Haushaltsgeräte müssen mit dem Netz kommunizieren, damit sie sich dann einschalten, wenn grade viel Strom da ist. Oder: Wärmepumpe, Netz und Solaranlage müssen miteinander in Verbindung stehen, damit etwa an einem sonnigen Tag das Zuviel an Sonnenergie im Warmwasserspeicher geparkt werden kann.

Im Vordergrund eine Solaranlage, im Hintergrund ein Windrad. Erneuerbare Energien wie diese können Angriffe von Hackern zum Opfer fallen.
Je mehr dezentrale Anlagen bei den privaten Verbrauchern zum Einsatz kommen, desto mehr müssten sich diese Leute auch um Cybersicherheit bei ihren eigenen Anlagen kümmern.

Cybersicherheit in der Strom-Lieferkette

Friederike Wenderoth von der Branchenplattform Cybersicherheit spricht von einer Lieferkette in der Stromwirtschaft. "Die geht von der einfachen Anwendung - ich sag mal der Toaster, die Waschmaschine oder das Elektroauto im Haushalt - von da bis zum Umspannwerk. Und wir wollen einfach diese ganze Lieferkette in den Blick nehmen, grade auch durch diese steuerbaren Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen, weil eben die ganze Lieferkette nur so sicher ist, wie das schwächste Glied.", so Wenderoth.

Seit Ende 2022 gibt es die Branchenplattform Cybersicherheit. Angesiedelt ist sie bei der Deutschen Energieagentur. Hier sollen Stromwirtschaft, Digitalwirtschaft und Cybersicherheitswirtschaft zusammengebracht werden – zum Austausch. Dieser sei wichtig geworden, beschreibt Wenderoth. "Die Entwicklung der Energiewende wird immer rasanter. Es kommen immer mehr neue Player ins Spiel. Viel mehr dezentrale Anlagen bedeutet auch viel mehr Leute, die sich um diese Themen der Cybersicherheit bei ihren eigenen Anlagen kümmern müssen."

Hände über einem Laptop mit grün leuchtenden Zahlen. Erneuerbare Energien sollten besser vor solchen Hackern geschützt werden.
Selbst die private Solaranlage kann über den Intelligenten Stromzähler sensible Daten liefern. Diese Informationen können sich Hacker zunutze machen.

Schwachstellen und Sicherheitslücken im Stromnetz die Hackern den Zugang ermöglichen

Neben Windrädern haben verschiedene Berichte inzwischen auch Schwachstellen bei Solarmodulen aufgedeckt, durch welche Hacker möglicherweise leichtes Spiel haben. Und letztlich ist auch der Verbraucher als Stromproduzent und -nutzer im Intelligenten Stromnetz betroffen: "Das betrifft möglicherweise auch alle Geräte, die da drin mit vernetzt sind. Also bis hin eben zum Beispiel zur Ladestation, die man etwa an der Straße findet. Oder beispielsweise eben auch den eigenen Wechselrichter, den man auf dem Dach hat und dann einspeist in sein eigenes Hausnetz.", so Hannes Federrath.

Auch die private Solaranlage kann über den Intelligenten Stromzähler sensible Daten liefern, macht der Informatikprofessor deutlich. Sicherheitslücken - ob im Kleinen oder Großen - müssen jedoch nicht sein, denn Technologien für mehr Cyber-Sicherheit gibt es. Und nach Berechnungen der Branchenplattform Cybersicherheit rentieren sich die meisten Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen schon nach zwei bis drei Jahren. Bei den verschiedenen Playern in den immer dichter werdenden Energienetzen muss dafür allerdings noch geworben werden.

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