Energie, die zum Heizen benötigt wird, unterliegt sehr starken saisonalen Schwankungen
Wer das Haus unabhängig vom Energienabieter, also autark, versorgen will, braucht vor allem Geld. Für eine große Solaranlage, um den Strom zu produzieren und für Batteriespeicher im Keller, um überschüssige Energie speichern zu können. Aber das alleine reicht nicht aus, um autark zu sein, sagt Energietechnik-Experte Max Kleinebrahm vom Karlsruher Instituts für Technologie.
Um völlig unabhängig zu sein und ausreichend Heizenergie für den Winter zu haben werden Langzeitspeicher benötigt
Heißt: Im Winter kann ein Einfamilienhaus den hohen Energiebedarf unmöglich selbst herstellen, auch Batteriespeicher reichen nicht aus. Es braucht Langzeitspeicher, um die überschüssige Energie aus dem Sommer dann in den kälteren, dunklen Monaten nutzen zu können – vor allem zum Heizen. Batteriespeicher wären hier viel zu teuer.
Für völlige Unabhängigkeit bräuchten Einfamilienhäuser deshalb in der Regel kleine Wasserstoff-Speicher, sagt Max Kleinebrahm vom KIT. Diese werden in kleinen Unternehmen in Deutschland schon im kleinen Maßstab produziert.
In solch einem System wird der überschüssige Strom in einem Wasserstofftank gespeichert. Im Winter entsteht dann in einer Brennstoffzelle aus dem Wasserstoff wieder Strom, zum Beispiel für die Wärmepumpe zum Heizen.
Energiewende Die Wasserstoff-Wende – Teuer, verspätet, kompliziert
Die Wasserstoffwirtschaft soll eine Hauptrolle in der Energiewende spielen. Doch die Industrie wartet auf klare Regularien. Andere Länder sind weiter.
Aufwändig, aber lohnenswert?
Die Forschungsgruppe aus Karlsruhe hat dafür 4.000 Häuser ausgewählt, repräsentativ für alle Regionen in Europa. Sie haben für jedes Haus das optimale Energiesystem berechnet und dann die Ergebnisse für ganz Europa hochgerechnet. Das Ergebnis: Bereits heute könnte sich jedes zweite Einfamilienhaus komplett autark mit Energie versorgen, wenn sie einen Langzeitspeicher hätten.
Durch verbesserte Technologien könnten 2050 theoretisch ganze 75 Prozent der Einfamilienhäuser autark sein. Bei einer ökonomischen Betrachtung, also bei der Berücksichtigung von Kosten, kamen die Forschenden vom KIT zu dem Ergebnis, dass es sich aktuell für die meisten aber gar nicht lohnt.
Technisch machbar ist viel, doch für den Einzelnen lohnt es sich finanziell kaum
Zumindest nicht für die Masse. Nur für fünf Prozent der europäischen Einfamilienhäuser wäre eine völlig unabhängige Stromversorgung rein wirtschaftlich halbwegs sinnvoll. Das sind aber immerhin noch zwei Millionen Haushalte. Eine Nische. Könnte die vollständige Selbstversorgung vielleicht aber in Zukunft billiger werden?
Solaranlagen und Batteriespeicher lohnen sich für den Einzelnen und auch für die Gesellschaft
Neben den Kosten für den Einzelnen, ist es aber auch gesellschaftlich nicht unbedingt erstrebenswert, dass möglichst viele Haushalt ihre Energie eigenständig produzieren und speichern, sagt Max Kleinebrahm. Wenn sich weniger an den Netzkosten beteiligen, müssen die restlichen Haushalte mehr bezahlen, da sie alleine für den Betrieb des Netzes und die Instandhaltung des Netzes aufkommen müssen.
Doch es gibt auch noch gute Nachrichten in der Studie. Solaranlagen und Batteriespeicher lohnen sich natürlich trotzdem ohne die sehr teuren Langzeitspeicher für den Winter, auch wenn das Haus nicht völlig autark ist. Im Schnitt können die Einfamilienhäuser in Europa schon heute zu 73 Prozent des eigenen Energiebedarfs decken. Eine sehr hohe Quote, die helfen kann, das Stromnetz insgesamt sicherer und effizienter zu machen.
Sind die großen Batteriespeicher miteinander vernetzt, können sie das Stromnetz stabilisieren. Dynamische Strompreise könnten außerdem helfen, dass der Strom insgesamt von allen besser genutzt wird. Der Strom ist dann billiger, wenn er in Überschuss günstig produziert werden kann. Heißt: Wenn sich möglichst viele auch in Zukunft am Stromnetz beteiligen, auf Unabhängigkeit verzichten, wird es laut der Studie insgesamt für alle billiger und wahrscheinlich auch sicherer.