Gentechnik auf der Spur ausgestorbener Arten

Ausgestorbener Schattenwolf (beinahe) wiedererweckt

Stand

Von Autor/in Frank Wittig

Eine US-Firma hat mithilfe von Gen- und Klontechnik drei Wölfe geschaffen, die Gene des ausgestorbenen Schattenwolfs (dire wolf) tragen. Eine echte Wiederbelebung der Art ist dies jedoch nicht.

Die durch 'Game of Thrones' bekannt gewordene Raubtierart starb vor 12.500 Jahren aus. Eine amerikanische Bio-Tech-Firma hat nun mit Hilfe von tierischen Leihmüttern Jungtiere gezüchtet, die wie der 'Dire Wolf' aus der Serie ein dichtes weißes Fell besitzen.

Genau genommen handelt es sich allerdings um einen Grauwolf, den nächsten lebenden Verwandten des Dire Wolfs, bei dem lediglich 14 Gene verändert wurden. Fachleute sprechen eher von einem Hybrid als von der Wiederbelebung einer ausgestorbenen Art.

Wurde der Schattenwolf tatsächlich wiedererweckt oder neu erschaffen?

Der Düsterwolf oder auch Schattenwolf, wog bis zu 75 Kilogramm und war anderthalb Meter lang. Mit seinem außerordentlich starken Gebiss und seiner Größe stand das Raubtier in der letzten Eiszeit an der Spitze der Nahrungspyramide auf dem amerikanischen Kontinent.

Die amerikanische Firma Colossal Biosciences meldet nun Erfolge bei der Nachzucht der ausgestorbenen Art auf Basis heute lebender Grauwölfe. Erfolge, die von einigen Medien schon vorschnell als Wiedererweckung der Art gefeiert wurden.

Ausgestorbener Dire Wolf wurde auf Basis von Genen des Grauwolfes (Hier zu sehen) gezüchtet.
Der Grauwolf dient als genetische Basis für das Dire-Wolf-Projekt: Durch die Modifikation von 14 Genen sollen die Nachkommen dem ausgestorbenen Vorfahren ähneln.

Axel Janke, Genetiker und Biodiversitätsforscher an der Goethe-Universität Frankfurt und am Frankfurter Senckenberg-Museum ist von der wissenschaftlichen Leistung des Forschungsteams von Colossal Biosciences begeistert. Das sei topaktuelle Biotechnologie. Doch in diesem Zusammenhang von einer Wiederbelebung der Schattenwölfe zu sprechen, hält er für völlig überzogen.

Von den etwa 25.000 Genen des Grauwolfes sind nur 14 mit Schattenwolf-Erbgut verändert worden. Janke sagt, das sei “keine Wiederbelebung einer ausgestorbenen Art”, es sei eher die Erschaffung eines Lebewesens, das so aussieht wie der Schattenwolf. “Ich will mal eine Parallele dazu machen: Wenn ich 14 Gene von einem Schimpansen-Genom durch menschliche Gene ersetze, wird daraus kein Mensch.”, erläutert Janke.

Verschiedene Altersstufen: Ausgestorbener Dire Wolf mit etwa einem Monat.
Ein einmonatiger Dire Wolf-Hybrid mit charakteristischem weißen Fell.

DNA des Dire Wolf aus jahrtausende alten Fossilien

Um Grauwölfe gentechnisch so zu modifizieren, dass sie äußerlich Schattenwölfen ähneln, entnahmen die Forschenden der Firma Colossal Biosciences DNA aus einem 13.000 Jahre alten Zahn und einem 72.000 Jahre alten Schädel des Schattenwolfes. Sie stellten fest, dass sich das Erbgut des archaischen Wolfes zu etwa 99 % mit dem der heute lebenden Grauwölfe deckt.

Bei achtzig Genen fanden die Forschenden nach eigenen Angaben dramatische Unterschiede. Vierzehn dieser Grauwolf-Gene bearbeiteten die Wissenschaftler mit Genscheren und fügten entsprechende Erbgut-Sequenzen aus der fossilen Schattenwolf-DNA ein.

Die neu kombinierte Erbinformation implantierten sie in Eizellen von Grau-Wölfen und erzeugten so einige Dutzend Wolf-Embryonen. In drei Fällen trugen Hunde als Leihmütter die Welpen erfolgreich aus. So kamen zwei Männchen namens Romulus und Remus im letzten Oktober zur Welt und das Weibchen Khaleesi im Januar. Die Welpen leben in einem 2000 Hektar großen eingezäunten Gehege, das von Kameras, Sicherheitspersonal und Drohnen überwacht wird, so Colossal Biosciences.

Verschiedene Altersstufen: Ausgestorbener Dire Wolf im Alter von drei Monaten.
Ein dreimonatiger Dire Wolf-Hybrid zeigt bereits die imposante Statur seiner ausgestorbenen Vorfahren, mit muskulösem Körperbau. Das dichte weiße Fell und die für diese Spezies typischen markanten Gesichtszüge sind nun deutlicher erkennbar.

Projekt dient weder dem Artenschutz noch der Biodiversität

In verschiedenen Medienbeiträgen zum Schattenwolf-Projekt ist die Rede von Artenschutz oder von einem Beitrag zur Biodiversität. Auch das hält der Biodiversitätsforscher Janke für einen Trugschluss:

“Vom Artenschutz-Aspekt her, von dem auch viel die Rede in den Artikeln ist, ist das Ganze absolut unsinnig. Und zwar aus dem Grund, weil wir jetzt drei Individuen haben, die genetisch relativ einheitlich sind. Das heißt, wir haben gar nicht die genetische Bandbreite einer Art, einer Population zur Verfügung.”

Verschiedene Altersstufen: Ausgestorbener Dire Wolf mit etwa 5 Monaten.
Mit fünf Monaten hat der Dire Wolf-Hybrid seine volle Jugendgröße fast erreicht. Seine kräftige Statur, der breite Schädel und das robuste Gebiss zeigen deutliche Ähnlichkeiten zu seinem prähistorischen Vorbild.

Mit drei genetisch fast identischen Tieren lasse sich nur Inzucht betreiben und kein gesunder Tierbestand aufbauen. Für die Etablierung einer nachgezüchteten Art seien etwa 500 Individuen nötig, so Janke. Ein Beitrag zur Biodiversität lasse sich auf anderem Wege einfacher erreichen:

“Es ist besser und preisgünstiger und in allen Punkten, die man sich denken kann auch einfacher, die genetische Vielfalt oder Biodiversität, die wir hier haben, jetzt zu erhalten, anstatt zu versuchen, die wiederzubeleben.”

Colossal Biosciences wird dagegen den Weg der Wiederbelebung – der Re-Extinktion, wie es im Fachjargon heißt - weiter verfolgen. Im Jahr 2030 will das Unternehmen der Welt ein Mammut präsentieren.

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