Sechs bis sieben Wochen muss das Fell der genveränderten Mäuse erstmal wachsen. Doch dann erinnert es an Wollmammuts. Das Fell der Mäuse wirkt viel dichter, ist goldbraun und voller Wollhaare. Die neuen Eigenschaften stammen von Genen ausgestorbener Mammuts, also kleinen Stücken ihres Erbguts.
“Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf zehn Gene, die mit Haarlänge, Dicke, Textur und Farbe in Verbindung stehen”, sagt Dr. Konrad Fischer, Leiter des Forschungsbereichs für Xenotransplantation gegenüber des Science Media Center. Auch Mammut-Gene für den Fettstoffwechsel hat das Forschungsteam identifiziert. Das Unternehmen Collosal berichtet über die Geburt der gentechnisch veränderten Mäuse in einer vorveröffentlichten Studie. Die Studie muss also erst noch von anderen, unabhängigen Forschenden begutachtet werden.
Der Traum von der Wiederauferstehung des Mammuts im Labor
Das Unternehmen Collosal sieht in den Mäusen einen weiteren Schritt hin zum langfristen Ziel, ein ganzes Mammut nachzubauen. So soll später eine Elefantenkuh ein Tier austragen, das möglichst viele Mammut-Eigenschaften enthält. Noch sorgen aber erstmal die Mäuse mit Mammut-Fell für Schlagzeilen.
Das Forschungsteam versucht nach und nach seine Technik zu verbessern. Für das Maus-Experiment hat das Forschungsteam das Erbgut von 121 Mammuts und teilweise auch Elefanten analysiert und hier gezielt nach Genen gesucht, die das Haarwachstum, aber auch den Fettstoffwechsel beeinflussen.

Für die Analyse der geeigneten Gene hat das Forschungsteam zunächst verstehen müssen, welche Teile im Erbgut der Mammut-DNA für das Haarwachstum und die Anpassung an sehr kalte Temperaturen verantwortlich ist. Diese identifizierten Erbinformationen hat das Forschungsteam dann durch mehrere gentechnischen Verfahren in die befruchteten Eizellen oder embryonalen Stammzellen der Mäuse eingebaut.
Diese Forschung sei jedoch nicht nur für die Wiederherstellung ausgestorbener Arten von Interesse, sondern auch für die Nutztierzüchtung im Allgemeinen, erklärt Konrad Fischer, Leiter des Forschungsbereichs für Xenotransplantation der Technischen Universität München. "Die erfolgreiche gleichzeitige Modifikation mehrerer Gene zeigt das Potenzial für eine präzisere genetische Anpassung von Nutztieren an verschiedene Umweltbedingungen."

Nicht nur Mammut-ähnliche Gene verwandeln die Mäuse
Bis zu sieben Gene hat das Forschungsteam in den Mäusen gleichzeitig verändert. Sie haben die Gene bei den Mäusen so verändert, wie sie bei Mammuts in sehr ähnlicher Form vorkommen. “Die Mäuse wurden nicht so bearbeitet, dass sie eine genaue Kopie der Mammut-Gene haben”, stellt Tori Herridge von der Universität Sheffield aus Großbritannien gegenüber dem Science Media Center klar.
Die Mammut-Gene hat das Forschungsteam bei den Mäusen gezielt im Erbgut an Stellen eingefügt, die für die Haarbildung bei den Mäusen verantwortlich sind und dabei gezielt Bereiche im Erbgut verändert, die Haardicke und Länge beeinflussen. “Wollmäuse wurden schon viele Male zuvor in Laboren und von Mäusezüchtern gezüchtet”, sagt die Paläontologin Tori Herridge. Neu sei dagegen, dass die Veränderungen nun von Mammut-Genen inspiriert sind.

Das Forschungsteam hat bereits weitere Versuche angekündigt, bei denen dann neue Eigenschaften der ausgestorbenen Mammuts übertragen werden sollen. Bisher kommt die Technik hier an ihre Grenzen, wenn zum Beispiel gleichzeitig deutlich mehr Gene eingebaut werden – also in dem Fall bei Mäusen nicht nur das Fell verändert wird. Bei den aktuellen Versuchen überlebten zum Beispiel etwa zehn Prozent der genmanipulierten Embryonen.
“Ein Mammut ist viel mehr als ein Elefant im Pelzmantel”
Der Weg hin zum vollständigen Nachbau eines Mammuts ist noch lang. Langfristig möchte das Unternehmen Collosal aber auf Grundlage des Elefanten ein Mammut-ähnliches Tier nachbauen. Eine Elefantenkuh soll das Tier dann als Leihmutter zur Welt bringen – so weit der Plan. “Ein Mammut ist viel mehr als nur ein Elefant im Pelzmantel”, sagt die Paläontologin Tori Herridge.

Es gibt viele kritische Stimmen aus der Fachwelt. Das gefundene Erbmaterial von ausgestorbenen Mammuts sei zu schlecht und könne nicht vollständig rekonstruiert werden. Der Einbau von Genen in einen Elefanten sei außerdem deutlich komplexer und noch ist unklar, ob sich das Tier dann überhaupt fortpflanzen könnte.
"Ein weiteres großes Problem ist, dass selbst wenn ein einzelnes Exemplar einer ausgestorbenen Art erschaffen wird, dies nicht ausreicht, um eine lebensfähige Population aufzubauen. Eine gesunde Art benötigt genetische Vielfalt, um gegen Krankheiten und Umweltveränderungen gewappnet zu sein. (...) Bei der Wiederbelebung ausgestorbener Tiere wäre die genetische Basis jedoch stark limitiert, was die Überlebensfähigkeit der Population gefährden könnte.", erläutert Konrad Fischer von der TU München.

Vollständig nachbauen lässt sich ein Mammut nicht, sagt Tori Herridge: “Man wird immer nur eine grobe Annäherung an ein ausgestorbenes Lebewesen erstellen, basierend auf einer unvollständigen Vorstellung davon, wie es aussehen sollte.” Die Skepsis mit Blick auf die Wiederauferstehung ausgestorbener Arten bleibt also groß.
Für die Tierzüchtung werden die gentechnischen Verfahren schon jetzt immer relevanter. In den USA gibt es bereits Schweine, die gegen bestimmte Virusinfektionen besser geschützt sind, auch hitzeresistente Rinder sind bereits so gezüchtet worden und dürfen in den USA auch bereits als Nutztiere eingesetzt werden. Die Gentechnik kommt also immer häufiger in der Praxis an. Der Weg zur Auferstehung des Wollmammuts bleibt wohl aber noch ein langer Weg.