Tripper gehört zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. Ungefähr 15.000 Fälle gibt es in Deutschland pro Jahr.
Die Krankheitserreger, die Gonokokken-Bakterien, befallen Schleimhäute der Harnröhre und der Geschlechtsorgane und führen zu eitrigen Entzündungen.
Gonokokken gehören zu den multiresistenten Keimen, die sich mit Antibiotika kaum mehr bekämpfen lassen. Doch Forschenden der Universitäten Konstanz und Wien ist es gelungen, multiresistente Gonokokken mit einem neuen antibiotischen Wirkmechanismus effektiv zu bekämpfen.

Übertragung von Tripper nicht nur beim Sex
Gonokokken sind eine hochspezialisierte Bakterienart, die nur beim Menschen vorkommt. Neben der Übertragung bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr, können sich auch Babys bei der Geburt an ihrer Mutter infizieren. Bevor Antibiotika zur Verfügung standen, führten diese Infektionen häufig zu Erblindung bei Neugeborenen.

Tripper-Erreger als "besonders gefährlich" eingestuft
Im vergangenen Jahr hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Gonokokken in die Liste besonders gefährlicher, antibiotikaresistenter Bakterien aufgenommen. Sie hat Industrie und Wissenschaft aufgefordert, neue Medikamente gegen diese Keime zu entwickeln.

Durchbruch in der Forschung zu Antibiotika?
Am Institut für Zellbiologie der Universität Konstanz gehört die Doktorandin Ann-Kathrin Mix zum Forschungsteam, dem hier nach eigener Aussage ein Durchbruch geglückt ist. Den neuen Wirkmechanismus, der es möglich macht, die resistenten Gonokokken zu bekämpfen, beschreibt sie so:
„In der Natur ist es so, dass Mikroorganismen andere Mikroorganismen in ihrem Wachstum stoppen. Also im Prinzip eine biologische Kriegsführung gegeneinander betreiben. Dieses gegenseitige Bekämpfen [der Bakterien] führt dazu, dass Stoffe produziert werden, die wir uns zu Nutze machen können.“
Diese Stoffe sorgen dafür, dass sich die "gegnerischen" Bakterien selbst zerstören. Die Forschenden identifizierten genau so einen Stoff, der die Tripper-Erreger bekämpft, und setzten ihn für ihr Antibiotikum ein.
Neues Antibiotikum aktiviert "Selbstmordprogramm"
Was das neue Antibiotikum von den bisherigen unterscheidet: Es wirkt ausschließlich gegen Gonokokken. Die gängigen Antibiotika greifen dagegen viele verschiedene Bakterien an, auch die guten, die unserem Immunsystem oder unserer Verdauung helfen. Die konventionellen Antibiotika greifen Zellmembranen der Bakterien an oder stören ihren Stoffwechsel.

Der neue Wirkstoff geht hier raffinierter vor. Er nutzt ein Selbstmordprogramm der Bakterien. Dieses wird aktiviert, wenn sich die Bakterien mit Viren infiziert haben. Dann opfern sich die Bakterien - sie begehen "Selbstmord" - und schützen damit ihre Artgenossen. Dieses Selbstmordprogramm lässt sich für ein Antibiotikum nutzen, so Ann-Kathrin Mix:
„Dieses Selbstmordprogramm beruht immer auf Gift und Gegengift. Wenn wir unseren Wirkstoff einsetzen, wird dieses Gegengift in den Gonokokken abgebaut. Dadurch ist das Gift aktiv und tötet die Gonokokken ab.“
Einsatz auch bei anderen resistenten Keimen
Dieses Selbstmordprogramm, das auf Gift und Gegengift beruht, gibt es auch bei anderen Bakterien. Die Konstanzer Forschenden gehen deshalb davon aus, dass sich mit diesem Wirkprinzip auch andere resistente Keime bekämpfen lassen. Das wäre ein bedeutender medizinischer Fortschritt, denn laut WHO bedrohen resistente Keime mittlerweile das globale Gesundheitssystem.
Bis das neue Antibiotikum aus Konstanz Eingang in die medizinische Praxis findet, wird es allerdings noch viele Jahre dauern. In den vorgeschriebenen, aufwendigen klinischen Studien muss der neue Wirkstoff jetzt beweisen, dass er keine schädlichen Nebenwirkungen hat.