Einer neuen Studie zufolge könnten bis 2050 weltweit mehr als 39 Millionen Menschen an antibiotikaresistenten Keimen sterben, so die Modellberechnungen eines Forschungsteams von der University of Washington in Seattle. Sie zeigen auch: Wird schnell gehandelt, könnten Millionen von Menschenleben gerettet werden.
Sterben immer mehr Menschen durch antibiotikaresistente Keime?
Seit 1990 ist die Zahl der Todesfälle durch antibiotikaresistente Keime weltweit pro Jahr laut Studie leicht angestiegen, von gut einer Million auf etwa 1,14 Millionen. Auf die Gesamtbevölkerung, die in der Zeit deutlich angestiegen ist, bedeutet das aber weniger Todesfälle: Statt circa 20 Todesfälle auf 100.000 Menschen sind es heute weniger als 15.
Das klingt erstmal nach einer guten Nachricht. Ein Blick auf die Altersgruppen zeigt aber: Die Zahlen unterscheiden sich je nach Altersgruppe stark. Bei Kleinkindern konnte die Zahl der Todesfälle halbiert werden. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Gesundheitsversorgung von Kindern insgesamt weltweit besser geworden ist und nicht speziell die Behandlung von Infektionen mit resistenten Keimen.
Bei älteren Menschen ist die Zahl der Todesfälle dagegen um 80 Prozent gestiegen. Hier sind die resistenten Keime tatsächlich das Problem. Wird dagegen nichts unternommen, wird die Zahl vermutlich weiter steigen - wahrscheinlich auch immer schneller, weil mehr Keime resistent werden. Am schlimmsten betroffen sind Nord- und das tropische Lateinamerika, Süd- und Südostasien und Westafrika. Aber auch bei uns sind resistente Keime ein Problem.
Wie entstehen anitibiotikaresistente Keime?
Resistenzen entstehen durch normale Evolution der Keime: Kommen die Bakterien mit einem Antibiotikum in Kontakt, sterben die meisten, manche aber vielleicht aus irgendeinem Grund nicht so schnell. Sie haben die größte Chance, sich noch zu teilen, also fortzupflanzen. In der nächsten Generation gibt es dann vielleicht Bakterien, die noch besser mit dem Antibiotikum umgehen können. Überlebt eine Kolonie lange genug, kann sie so eine Resistenz entwickeln.
Aber dieser Tendenz zu immer mehr antibiotikaresistenten Keimen lässt sich entgegenwirken. Das Hauptproblem ist derzeit, dass sehr viele Antibiotika eingesetzt werden. So gibt es mehr Möglichkeiten für die Keime, eine Resistenz zu entwickeln, als es eigentlich müsste und der Prozess beschleunigt sich.
An dieser Entwicklung gibt es keinen Hauptschuldigen. Oft wird die Tiermedizin verantwortlich gemacht, aber auch in der Humanmedizin werden zu viele Antibiotika eingesetzt, heißt es. Dieser Umgang hat sich über Jahrzehnte so entwickelt und muss grundsätzlich überarbeitet werden.
Was lässt sich gegen die steigende Antibiotikaresistenz tun?
Neue Richtlinien könnten dabei helfen, festzulegen, wie mit den bisherigen Antibiotika besser umgegangen werden kann, sagen die Studienautoren. Außerdem sollte der Zugang zu Medikamenten und die allgemeine Gesundheitsversorgung verbessert werden.
Dort, wo das Risiko für das Entstehen von Resistenzen am größten ist - zum Beispiel in Massentierbetrieben und Krankenhäusern - kann bessere Hygiene Infektionen und damit auch den Einsatz von Antibiotika vermeiden. Die Desinfektion von Händen oder Oberflächen ist viel aggressiver als ein Antibiotikum. Dagegen können Bakterien keine Resistenzen entwickeln. Je mehr Bakterien so bereits abgetötet werden, desto geringer ist die Gefahr einer Infektion.
Auch Impfungen können helfen, indem sie die Gesamtzahl der Ansteckungen verringern. Weniger Infektionen bedeuten dann weniger Einsatz von Antibiotika und damit weniger Bildung von Resistenzen. Und Impfungen können auch vor resistenten Erregern schützen.
Können nicht einfach neue Antibiotika auf den Markt kommen?
Die Entwicklung neuer Antibiotika dauert sehr lange und ist sehr teuer. Für ein Unternehmen ist das unattraktiv. Denn neue Antibiotika, gegen die es keine Resistenzen gibt, werden als Reserveantibiotika eingesetzt, wenn nichts anderes mehr hilft. Im besten Fall wird es also kaum eingesetzt. Ein Unternehmen steckt also Milliarden in die Entwicklung eines Medikaments, das am Ende so gut wie nie zum Einsatz kommt.
Hoffnungen werden in sogenannte Bakteriophagen gelegt. Das sind Viren, die Bakterien befallen, aber für uns unschädlich sind. Bei uns werden sie allerdings bisher nur in klinischen Studien eingesetzt.
Was ist bei der Einnahme von Antibiotika zu beachten?
Wer Antibiotika einnimmt, sollte diese unbedingt bis zum Ende nehmen, also bis zum vollständigen Auskurieren der Infektion. Denn ansonsten können Keime überleben, die das Antibiotikum nun kennen und es "überlebt" haben. Auch hieraus könnte sich eine Resistenz entwickeln.