Bei den Apfelallergien ist es wie bei Corona, umschreibt Wilfried Schwab von der TU München das Problem: Es gibt sehr viele Varianten.
Bestimmte Eiweißstoffe in Äpfeln können Allergien auslösen
Schwab und sein Team haben also die Eiweißstoffe aus Äpfeln isoliert, die die Allergien verursachen und mit einer neuen Analysemethode auch die Menge der Allergene festgestellt. So wurde herausgefunden, welche Äpfel besonders wenig dieser Stoffe enthalten.
Diese Sorten wurden dann gezielt für Züchtungen verwendet, erklärt Werner Dierend von der Hochschule Osnabrück. Das ist sehr arbeitsintensiv, zum Beispiel mussten die Blüten handbestäubt werden – mit Pinseln.
Dann wurden die neu gezüchteten Äpfel geerntet, um an die Kerne zu kommen – und diese kamen dann in den Kühlschrank für rund acht Wochen. Das simulierte den Winter in der freien Natur: die Kerne begannen zu keimen. Aus den Keimen enstand dann ein Sämling - eine kleine Pflanze also und: eine neue Sorte.
Sämlinge neuer Sorten werden auf bestehende Bäume aufgepfroft
Generell können Sämlinge, wenn sie weiter gewachsen sind, als Ästchen auf schon große Bäume gepfropft werden - das beschleunigt den Prozess, weil man nicht Jahre warten muss, bis ein neuer Baum gewachsen ist.
Die Forscher haben dabei mit Obstbauern von der zusammengearbeitet – in etwa 100 bis 200 Bäume gibt es schon, auf denen die Äpfel für die klinischen Tests gewachsen sind.
Die hat Karl-Christian Bergmann von der Berliner Charité durchgeführt, als Blindstudie, weil zum Vergleich auch andere Äpfel dabei waren: Für die Studie wurden die jeweiigen Symptome der Proband*innen erfasst:
Neue Apfelsorten haben noch keine Namen
Die Versuche liefen über drei Jahre. Und waren so erfolgreich, dass die neuen Apfelsorten die nur die Kürzel ZIN 168 und ZIN 186 aber noch keine Namen haben, schon das europäische ECARF-Siegel für allergikerfreundliche Produkte tragen dürfen – sie waren im Test sogar besser als die Apfelsorte „Santana“, die für Apfelallergiker bisher am besten verträglich ist.
Neue Sorten wohl erst in sechs bis sieben Jahren auf dem Markt
Nebeneffekt: Allergiker, die diese Äpfel essen, vertragen nach einer Zeit offenbar auch andere Apfelsorten wieder besser, das Essen sorgt also wohl für eine Art Desensibilisierung. Bleibt die Frage, wann diese Äpfel in den Supermarkt kommen. So etwas dauert ein paar Jahre, sagt Ulrich Mayr, zuständig für die Sortenprüfung beim Kompetenzentrum Obstbau Bodensee, weil die Sorten erst vermehrt werden müssen.
Und dann sind entsprechende Mengen gefragt. 250.000 Bäume wollen die Züchter von der Niederelbe in ein paar Jahren gepflanzt haben und sagen optimistisch: 2026 geht es los. Apfelexperte Mayr schätzt aber: Bis diese Äpfel wirklich zu kaufen sind, dauert es wohl doch eher sechs bis sieben Jahre. Solange müssen sich Allergiker also noch gedulden.
Weitere Tipps für den Übergang
Marina Oppermann, Diplom-Oecotrophologin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund rät Betroffenen, beim Ausprobieren neuer Apfelsorten, den Apfel zu erhitzen. Denn das Erhitzen zerstört die Allergene im Apfel. Und von daher könnte man zum Beispiel, wenn man eine neue Apfelsorte ausprobiert, ein Kompott aus dem Apfel machen, so dass es noch Biss hat. Und wenn man das verträgt, könne man diese Kochzeit immer mehr verringern, das heißt immer knackiger sozusagen und sich so herantasten.
Und bevor man den rohen Apfel ausprobiert, könnte man zuerst den Lippen-Test machen, ein Stückchen vom rohen Apfel abschneiden, innen an die Lippe halten, ein bisschen warten. Und wenn dann keine Reizung kommt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass der Apfel vertragen wird.