Rücken und Nackenschmerzen werden gerne als Volkskrankheit Nummer eins bezeichnet. Und wenn man die Zahl der Betroffenen nimmt, stimmt das auch. Laut der jüngsten RKI-Studie dazu aus dem Jahr 2020 hatten knapp zwei Drittel der deutschen Allgemeinbevölkerung innerhalb eines Jahres Rückenschmerzen. Rund 16 Prozent berichten sogar von chronischen Rückenschmerzen – also Schmerzen, die länger als 3 Monate anhaltenden.
Der untere Rücken schmerzt etwa doppelt so häufig wie der obere Rücken. Fast genauso häufig wird über Nackenschmerzen geklagt, diese treten oft gemeinsam mit Rückenschmerzen auf. Übrigens sind Frauen stärker von Rückenschmerzen betroffen als Männer und ältere Befragte geben deutlich mehr Schmerzattacken je Monat an als Jüngere.
Verschiedene Ursachen für Rückenbeschwerden
Das Auftreten von Rückenschmerzen kann verschiedene Ursachen haben. Zum Beispiel Fehlbelastungen oder Erkrankungen, die Knochen, Gelenke, Bindegewebe, Muskeln oder Nerven betreffen und so die Rückenschmerzen auslösen. Oft findet sich aber keine direkte Ursache. Diese nichtspezifischen Rückenschmerzen kommen viel häufiger vor als spezifische Rückenschmerzen.
Je nach Intensität und Dauer können Rückenschmerzen dazu führen, dass man nur noch eingeschränkt am Alltag teilnehmen kann und sie gehen mit einem höheren Risiko für Depressionen und Ängste einher. Rückenschmerzen gehören außerdem zu den häufigsten Gründen für Krankmeldungen, aber auch für Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung.
Bewegung hilft
Orthopäden und Unfallchirurgen raten anlässlich des Tags der Rückengesundheit am 15. März zu regelmäßigen Spaziergängen. Sie stärken die Rückenmuskeln und sorgen für eine gute Ernährung der Bandscheiben. Spazierengehen ist ein Gesundheitsklassiker: Es geht einfach, jeder kann es tun und es lässt sich wunderbar in den Alltag einbauen. Spazierengehen hebt zudem die Stimmung und stärkt durch die Bewegung zahlreiche Muskeln. Eine gesunde Muskulatur wiederrum stützt und entlastet die Wirbelsäule und hilft so, Rückenschmerzen zu vermeiden.
Außerdem ist moderate Bewegung gut für die Gelenke, die damit beweglich gehalten, aber nicht zu stark beansprucht werden. Wie schnell oder wie lange man bei Spazierengehen unterwegs ist, hängt von jeder und jedem selbst ab. Wichtig ist aber die Regelmäßigkeit – so die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V..
Und wer es besonders effektiv mag, sollte zügig Spazierengehen. Das strengt mehr an und hat deshalb einen stärkeren Trainingseffekt. Noch intensiver ist Nordic Walking. Das ist besonders gut für die Rückenmuskulatur, weil dabei nicht nur die Beine, sondern auch den Rumpf, die Schultern und die Arme beansprucht werden. Der Einsatz der Stöcke stärkt dabei nochmal extra die tiefliegenden Rückenmuskeln, die für eine aufrechte Haltung verantwortlich sind. Ein guter Trainingseffekt ist übrigens das Gehen auf unebenen Untergründen, beispielsweise Waldböden oder Wiesen. Das zwingt den Körper zu Ausgleichsbewegungen.
So können chronische Schmerzen verhindert werden
Hat eine Person schon akute Rückenschmerzen, die nicht chronisch werden sollen, sind die ersten vier bis sechs Wochen entscheidend. Die deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin empfiehlt in ihrem aktuellen Leitfaden: Bloß nicht zu sehr schonen, sondern sich aktiv zu bewegen. Dabei geht es nicht um Hochleistungssport, sondern vor allem um sanfte Bewegungen, wie beispielsweise Spaziergänge und leichte Gymnastik. Orthopädin oder Physiotherapeut können außerdem individuelle Tipps zu mobilisierenden Übungen geben.
In den ersten zwei Wochen können sich Betroffene laut Schmerzgesellschaft auch selbst behandeln. Mittels Cremes und Gelen mit Menthol, Diclofenac oder Ibuprofen. Sie haben deutlich weniger Nebenwirkungen als Schmerzmittel zum Schlucken. Wenn sich nach zwei Wochen nichts gebessert hat, sollte man jedoch besser zum Arzt gehen. Treten sogar Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle auf, sollte nicht gezögert, sondern gleich die Praxis aufgesucht werden.
Schmerzen im unteren Rücken: Was steckt dahinter, was hilft?
Das ist zu tun, wenn die Schmerzen chronisch sind
Wenn Rückenschmerzen ein Dauerproblem sind und den Alltag stark beeinträchtigen, sollten Betroffene sich gründlich untersuchen lassen – am besten bei Fachleuten für Schmerztherapie. Eine Reihe von Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass eine sogenannte „multimodale Behandlung“ langfristig am besten hilft.
Zu einer multimodalen Behandlung gehören außer medizinischen Verfahren auch Physiotherapie, Ausdauer- und Krafttraining. Und auch Entspannungsübungen sowie Verhaltenstherapie spielen dabei eine besondere Rolle.
Laut Deutscher Schmerzgesellschaft ist eine vierwöchige multimodale Intensivtherapie, ambulant oder stationär in Spezialkliniken besonders effektiv. Diese Form der Therapie können auch Kassenpatientinnen und –patienten bekommen. Dennoch kritisiert die Deutsche Schmerzgesellschaft, dass es zu wenige gute, fachübergreifende Angebote gibt – denn auch die multimodale Therapie ist im klinischen Alltag eher die Ausnahme als die Regel.
Multimodale Schmerztherapie – Psychologische Beratung spielt eine zentrale Rolle
Rückenschmerzen sind zwar ein körperliches Symptom, aber sie hängen oft eng mit psychischen Faktoren zusammen: Dauerstress oder traumatische Erfahrungen können zu starken Verspannungen führen – wenn diese dann chronisch werden, muss der Arzt zusammen mit dem Patienten den Ursachen auf den Grund gehen. Ansonsten entsteht möglicherweise ein Teufelskreis. Das bedeutet, die Schmerzen sorgen für zusätzlichen Stress, der verstärkt dann wiederum die Anspannung.
Zudem ist bekannt, dass Menschen mit Depressionen häufiger unter Rückenschmerzen leiden und chronische Rückenschmerzen Depressionen begünstigen. Deshalb spielen Einzel- und Gruppengespräche bei einer multimodalen Schmerztherapie eine ganz wichtige Rolle.