Eigenfarbe des Wassers ist nur bei großen Wassermengen erkennbar
Es gibt zwei Gründe, warum Wasser blau erscheinen kann. Die erste Möglichkeit ist: Das Wasser ist tief und mächtig. Wir denken oft, Wasser ist farblos, aber das stimmt nicht ganz. Wasser hat tatsächlich eine Eigenfarbe, es schluckt tendenziell die roten Lichtanteile und ist deshalb ganz schwach blau. Das macht sich aber nur bei großen Wassermengen bemerkbar – etwa in einem tiefen See oder im Meer. Bei wenig Wasser – etwa dem Wasser in einem Glas oder einer Flasche – macht sich diese Eigenfarbe noch nicht bemerkbar.
Schwebteilchen im Wasser beeinflussen die Flussfarbe
Die Eigenfarbe erklärt deshalb auch nicht die oft blau, manchmal leuchtend türkis-blaue Farbe von Gebirgsflüssen. Die hat eine andere Ursache. In welcher Farbe Flüsse erscheinen, hängt nämlich weniger von ihrer Tiefe ab als von der Zusammensetzung des Wassers, also von den Schwebteilchen, die er mitschleppt. Viele große Flüsse erscheinen eher braun, weil sie viel Schlamm transportieren. Wenn in ihnen Algen leben, bekommen sie oft einen Grünton.
Bei Alpenflüssen dagegen ist es oft etwas anders. Sie kommen aus den Bergen, haben eine starke Fließgeschwindigkeit, da bilden sich kaum Algen. Außerdem ist im Flussbett wenig Schlamm, denn wenn sich Schlamm bildet, wird der schnell vom Fluss abgetragen. Deshalb besteht das Flussbett eher aus Kies und Geröll.
Kein Schlamm, keine Algen – dafür enthalten die Flüsse oft etwas anderes, nämlich feinste Gesteinsteilchen, die sogenannte Gletschermilch. Die entsteht, wenn die Gletscher abschmelzen. Die Gletscher in den Hochalpen schieben sich langsam über das Gestein, schleifen es und nehmen dabei kleinste Gesteinspartikel auf. Wenn der Gletscher abschmilzt, entlässt er diese Gesteinsteilchen ins abfließende Wasser und damit in die Flüsse.
Da die Nord- und Südalpen zu einem großen Teil aus Kalksteinen bestehen, enthalten die Flüsse viele solche Kalkteilchen; die meisten sind viel kleiner als die Ton- und Sandpartikel, aus denen sich Schlamm zusammensetzt.
Kalkteilchen im Fluss brechen das Sonnenlicht
Die vielen winzigen Kalkteilchen im Flusswasser brechen nun das einfallende Sonnenlicht. Das weiße Sonnenlicht setzt sich aus den Spektralfarben – den Farben des Regenbogens – zusammen. Aber die einzelnen Farben werden, wenn sie auf Teilchen im Wasser stoßen, unterschiedlich stark gebrochen. Die blauen Lichtanteile brechen am stärksten – und die Folge ist, dass bei denen die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass sie so gebrochen werden, dass sie wieder aus dem Wasser austreten und in unser Auge fallen. Die roten Lichtanteile bleiben dagegen eher im Wasser. Deshalb erscheint im Ergebnis das Wasser blau, oft leuchtend türkis.
Lichtbrechung sorgt für Himmelsblau und verleiht "Blautopf" Farbe
Das Phänomen ähnelt dem des blauen Himmels. Auch das Blau des Himmels kommt von der Lichtbeugung – das habe ich in der Folge "Warum ist der Himmel blau?" ausführlicher erklärt. Die Erklärung funktioniert analog auch für blaue Gewässer wie die blauen Alpenflüsse – oder den berühmten Blautopf in Blaubeuren. Bei dem kommt sogar beides zusammen: Der ist relativ tief – 21 Meter – und das Wasser enthält viele Kalkteilchen.
Der Blautopf ist eine Karstquelle, das heißt, hier kommt frisches Quellwasser direkt aus der Schwäbischen Alb. Und die besteht auch aus Kalkstein, deshalb sind da so viele Tropfsteinhöhlen. Das Quellwasser nimmt auf seinem Weg durchs Gebirge also jede Menge winzige Kalkteilchen auf – und die verleihen dem Blautopf seine leuchtend blaue Farbe.
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