Chinesische Onlineplattform

Temu - Schnäppchen oder Ramsch?

Stand
Autor/in
Julian Gräfe
Jörg Hommer
Onlinefassung
Luisa Klink

Die chinesische Onlineplattform Temu ist bekannt für super günstige Angebote - doch taugen die Schnäppchen auch was, oder sind sie sogar gefährlich?

Innerhalb von zwei Jahren ist Temu zu einem der beliebtesten Onlinemarktplätze geworden. Mit den extrem günstigen Angeboten kann die Konkurrenz kaum mithalten. Während ein USB-Ladestecker bei Amazon etwa für 19 Euro angeboten wird, findet man einen ähnlichen Stecker bei Temu bereits für 4,20 Euro.

Um uns einen Überblick über die Qualität der Produkte auf der chinesischen Plattform zu verschaffen, bestellen wir zwölf Elektrogeräte, darunter auch einen Fön, eine Kettensäge und einen Lockenstab.

Qualität der Produkte bei Temu

Der Verband der Elektrotechnik (VDE) gilt als die Instanz für Elektro-Sicherheit in Deutschland schlechthin. Zur Kernaufgabe des VDE Instituts gehört die Prüfung und Zertifizierung von Produkten.

Auch unsere bei Temu bestellten Elektrogeräte nehmen Prüfer des VDE genau unter die Lupe.

Temu ist im Moment ein wahnsinniges Phänomen, da kann man sich schon fragen wie funktioniert das mit der Qualität.

Sind Elektrogeräte von Temu sicher?

Ein besonderes Augenmerk legen die Prüfer dabei auf die Sicherheit der Produkte. Gerade bei elektrischen Geräten kann eine fehlerhafte Verarbeitung fatale Folgen haben.

Genau dies musste auch ein Temu-Kunde feststellen, der uns von seinen Erfahrungen berichtet sowie ein Video gezeigt hat. Bei einem über Temu gekauften Mehrfachstecker ist das Kabel beim gleichzeitigen Laden eines Handys, einer Smartwatch und einer Powerbank geschmolzen. Wäre dies unbemerkt geblieben, hätte ein Brand ausgelöst werden können.

Falsch konstruiert und brandgefährlich

Dies ergab auch der Test der beiden Prüfer des VDE bei einem Mehrfachstecker. Das Gefährliche: Ein kleines Schräubchen verkürzt den vorgeschriebenen Abstand der sogenannten Luft- und Kriechstrecken.

Durch die fehlerhafte Konzeption dieser Platinen kann es dazu führen, dass sich hier auf diesem Stecker eine lebensgefährliche Berührungsspannung ergibt. (? Skript-Text ist hier falsch - wie genau soll es heißen?)

Beim Laden eines Handys etwa könne man dadurch einen lebensgefährlichen Stromschlag bekommen.

Gefälschtes Prüfsiegel

Und nicht nur das, sondern noch eine weitere Überraschung hält der Mehrfachstecker für unsere Prüfer des VDE bereit: Die Bauart des Steckers ist ihnen gänzlich unbekannt - und das, obwohl ein VDE-Prüfzeichen auf ihm angebracht ist.

Sie haben also tatsächlich ein gefälschtes Zertifizierungssiegel entdeckt, das dem Kunden Sicherheit suggerieren soll.

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Mit Lockenstab werden Verbraucher getäuscht

Auch beim Test des Lockenstabs ergeben sich Ungereimtheiten. Statt der angeblichen Leistung von 130 Watt konnten in einem halbstündigen Dauerversuch nur eine Leistungsaufnahme von kaum mehr als 86 Watt gemessen werden.

Das ist auf der einen Seite zwar gut für die Stromrechnung. Andererseits aber auch ganz klar eine Verbrauchertäuschung, denn man bekommt nicht die Leistung, die man gekauft hat.

Labor-Testergebnis der zwölf Elektrogeräte

Auch das Labor bestätigt unsere Tests hinsichtlich der Qualität. Von zwölf Elektroprodukten von Temu waren elf auffällig und entsprachen nicht den EU-Standards. Das Ergebnis: Für die Käufer besteht teilweise ein echtes Sicherheitsrisiko.

Wer günstig kauft, kauft zweimal. Omas Spruch ist an der Stelle wahr. Die Hersteller sparen wirklich an allen Ecken und Enden und das müssen sie auch, um diese extrem niedrigen Preise realisieren zu können.

Wie sieht es mit der Qualität anderer Produkte aus?

Mithilfe eines Lederexperten, einem der größten Händler Deutschlands, wagen wir noch einen weiteren Test und kaufen eine angebliche Lederhandtasche zum Preis von 56,94 Euro.

Eine vergleichbare Tasche müsse aufgrund der geltenden Einkaufspreise 134,95 Euro, also mehr als das Doppelte, kosten. So zumindest lege der Lederhändler den Preis für eine solche Tasche in seiner Kollektion fest.

Wie kommt der günstige Preis zustande?

Darüber, wie bei Temu die günstigen Angebote zustande kommen, hat sich auch schon die Konkurrenz den Kopf zerbrochen, denn Leder hat einfach seinen Preis.

Und tatsächlich, eine Laboranalyse hat ergeben, dass die rund 60 Euro teure Tasche ausschließlich aus Kunstleder besteht. Die Verbraucher werden hier also richtig getäuscht und erwerben nur mindere Qualität.

Auch wenn die Verkäufer bei Temu also nicht mit der Qualität der Echtlederhändler mithalten können, schaden sie dennoch ihrem Geschäft, denn das Fakeleder ist für Verbraucher kaum als solches zu identifizieren.

Unseriöses Geschäftsgebaren

Als wir Temu mit der Lederuntersuchung konfrontieren, heißt es, dass der Sachverhalt umgehend überprüft wurde. Man habe festgestellt, dass es sich - entgegen der Beschreibung - um Spaltleder und nicht um echtes Leder handle. Der Artikel stünde auf der Plattform nicht mehr zum Verkauf.

Dass außerdem elf von zwölf unserer getesteten Elektroartikel Sicherheitsmängel aufwiesen, nimmt Temu ebenfalls zur Kenntnis. Die Produkte seien unverzüglich vom Markt genommen worden, versichert man uns.

Rund um die Uhr setzen wir ein algorithmisches Überwachungssystem ein, um nichtkonforme Produkte (…) aus dem Verkehr zu ziehen.

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