Eine Frau sitzt mit einer Kreditkarte in der Hand vor dem aufgeklappten Laptop

Produktsuche im Internet

Geraten Kunden über Google-Werbung an Fakeshops?

Stand
Autor/in
Jörg Hommer / SWR Marktcheck, 24.09.2024
Onlinefassung
Hanna Spanhel

Hinter etwa 20 Prozent der Anzeigen bei den Google-Suchergebnissen („Google Ads“) könnten Fakeshops stecken. Unternimmt der Konzern genug dagegen?

Drei Kühlschränke für knapp 200 Euro? Wer im Internet nach einem Produkt sucht, landet schnell bei attraktiven Angeboten von Onlineshops. Vor allem bei Google werden solche gesponsorten Produktanzeigen weit oben in den Suchergebnissen angezeigt: Besonders günstige Angebote, die genau zum Gesuchten passen. Doch hinter den prominent platzierten Suchergebnissen stecken nicht immer seriöse Angebote und Webseiten, wie eine Marktcheck-Recherche zeigt.

Die Abzocke betrügerischer Fakeshops im Netz ist dabei nichts Neues. Neu ist allerdings, dass Betreiber solcher Seiten die Suchmaschine Google offenbar als Köder nutzen. Wer Links zu seinen Produkten bei Google prominent platzieren will, muss dafür bezahlen – die Rede ist dabei von gesponsorten Suchergebnissen. Und genau das nutzen Betrüger nun mutmaßlich aus, um Kunden in die Falle zu locken.

Fakeshop-Betreiber schalten Anzeigen bei Google Shopping

Gregor Ambros aus Cottbus hat das Vorgehen von Fakeshop-Betreibern im Internet beobachtet. Er selbst sei Opfer von betrügerischem Handeln im Netz geworden, sagt er. Er betreibt zwei Online-Shops mit Produkten aus dem Spreewald. Doch sein Impressum und die Adresse seiner Firma tauchten vor Kurzem noch auf einer weiteren Seite im Netz auf: Dem vermeintlichen Online-Shop werners24.de, der inzwischen gar nicht mehr existiert. Betrüger hätten die Adressangaben von seiner Seite Gourmeo 24 einfach für ihre Fakeseiten verwendet, sagt Gregor Ambros gegenüber Marktcheck.

Er glaubt, dass die Betrüger bei Google Werbeanzeigen kaufen, um ihre Opfer in die Falle zu locken. "So, wie wir das gesehen haben, haben die massiv Anzeigen bei Google Shopping geschaltet und aktiv Produkte beworben, um sichtbarer zu werden." Üblicherweise würde ein Webshop, der neu aufgesetzt wird, ansonsten gar nicht so weit vorne bei den Suchergebnissen auftauchen. "Vermutlich war das das Ziel: Dass dort aktiv Werbung betrieben wird, um Leute auf die Seite zu bekommen."

Ein Insider vermutet, dass Google mit den Fakeshops viel Geld verdient

Auch Branchenkenner beobachten dieses Vorgehen. Im Gespräch mit Marktcheck berichtet einer von ihnen, dass er regelmäßig Fakeshops hinter Werbeanzeigen aufspüre und diese an Google melde. Aus Angst vor den Fake-Shop-Betreibern will er anonym bleiben. Nach seiner Erfahrung reagiere der Tech-Konzern auf die Meldungen oft wochenlang nicht, erzählt er. In der Zeit könnten zahlreiche Kunden weiterhin zu Betrugsopfern werden.

Er schätzt, dass im Jahr 2023 über 300 000 Menschen hierzulande Opfer von Fakeshops wurden – und der Schaden bei rund 100 Millionen Euro liegt. "Man kann ganz klar sagen, Google macht viel zu wenig", findet er. In seinen Augen verspiele der Konzern damit das Vertrauen der Verbraucher. Warum Google oft so lange nichts mache – diese Frage stelle er sich häufig: "Meine einzige Erklärung ist, dass sie damit Geld verdienen - und das fahrlässig in Kauf nehmen. Und vielleicht ist es ist ihnen egal."

Kartellrechtsexperte sieht den Internetgiganten in der Pflicht

Macht der Suchmaschinen-Gigant Google es Betrügern wirklich so einfach? Während der Recherche macht Marktcheck eine Stichprobe und lässt den Branchenkenner nach Hochdruckreinigern suchen. Dabei soll sich zeigen, ob auch gesponserte Produkte von Fakeshops angezeigt werden. Und tatsächlich: Auf 35 Werbeplätzen findet der Branchenkenner schon innerhalb kurzer Zeit acht Fakeshops – eine Quote von 25 Prozent bei dieser Stichprobe.

Der Insider erhebt schwere Vorwürfe gegen Google: Er schätzt, dass der Internetgigant rund 20 Millionen Euro allein mit Werbeanzeigen von Fakeshops einnehmen könnte. „Also Google verdient massiv an den Betrug mit, das ist der Skandal.“

Rechtsanwalt Professor Thomas Höppner war an vielen Kartellrechtsverfahren gegen Google beteiligt, auch vor dem EuGH. Er kennt sich aus mit den Geschäftspraktiken des Konzerns. Geht es um bezahlte Anzeigen, die auf die Seiten von Fakeshops führen, sieht er Google durchaus in der Pflicht. Man könne durchaus erwarten, dass der Konzern genau prüfe, wessen Anzeigen auf der ersten Ergebnis-Seite angezeigt würden, sagt Professor Thomas Höppner: „Dass man also mit dieser prominenten Position, die man einzelnen Shops vergibt und mit der man Geld verdient, gleichzeitig auch die Verantwortung bekommt, genau hinzusehen und diejenigen auszusieben, bei den Endkunden definitiv nicht landen sollen.“

Google selbst verweist auf seine strengen Richtlinien

Was sagt der Konzern selbst dazu? Wie kann es sein, dass auch gemeldete Fakeshops unter den gesponserten Produkten oftmals erst nach Wochen entfernt werden? Marktcheck konfrontiert Google mit den Ergebnissen der Recherche.

Das Unternehmen schreibt: „Der Schutz unserer Nutzer*innen hat für uns oberste Priorität. Wir haben strenge Anzeigenrichtlinien, die festlegen, welche Arten von Anzeigen und Werbetreibenden wir auf unseren Plattformen zulassen. Wir setzen unsere Richtlinien rigoros durch, und wenn wir Anzeigen finden, die dagegen verstoßen, entfernen wir sie. (...)"

Auf die Frage nach den geschätzten Werbe-Einnahmen durch Werbeanzeigen zu Fakeshops von rund 20 Millionen geht Google allerdings nicht ein. Und auch die Frage, warum gemeldete Fakeshops häufig erst nach einiger Zeit aus den gesponserten Suchergebnissen verschwinden, bleibt offen.

Stand
Autor/in
Jörg Hommer / SWR Marktcheck, 24.09.2024
Onlinefassung
Hanna Spanhel