Die „Vollbild“-Doku „Männer als Opfer? Hilflos bei Stalking und Gewalt“ ist ab Dienstag, 8. Oktober 2024, 5 Uhr in der ARD Mediathek abrufbar.
Drei von vier Deutschen (72 Prozent) sind der Ansicht, das Thema Stalking und häusliche Gewalt gegen Männer werde gesellschaftlich nicht ernst genug genommen. Nach Meinung von 75 Prozent der Deutschen brauche es zudem mehr Aufklärung und Informationen zum Thema sowie mehr Hilfs- und Beratungsangebote. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap unter 1.309 Wahlberechtigten im Auftrag des SWR-Investigativformats „Vollbild“ vom 3. bis 4. September 2024. Die Befragung wurde telefonisch und online durchgeführt.
Bundesfamilienministerium räumt Mangel an Hilfsangeboten ein
„Derzeit existieren weder für gewaltbetroffene Frauen noch für gewaltbetroffene Männer ausreichend Unterstützungsangebote“, räumt das Bundesfamilienministerium auf Anfrage von „Vollbild“ ein. Dem Ministerium zufolge solle daher das sogenannte Gewalthilfegesetz auf den Weg gebracht werden, drei Millionen Euro seien für 2025 für Präventionsmaßnahmen eingeplant. „Das Gewalthilfegesetz klingt gut, aber dafür muss auch Geld in die Hand genommen werden, sonst hilft das nichts“, kritisiert Asha Hedayati, Anwältin für Familienrecht und Autorin von „Die stille Gewalt“. „Drei Millionen sind nichts, das ist absurd.“
Nur zwölf Männer-Schutzwohnungen mit 43 Plätzen bundesweit
Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums stehen für gewaltbetroffene Männer in Deutschland aktuell zwölf Männer-Schutzwohnungen (mit insgesamt nur 43 Plätzen) zur Verfügung. Darüber hinaus gebe es drei geschlechtsunabhängige Schutzwohnungen (mit insgesamt fünf Plätzen), wo Menschen jeden Geschlechts Zuflucht finden könnten, also auch Männer. Konfrontiert mit den Ergebnissen der aktuellen Umfrage im Auftrag von „Vollbild“, wonach eine Mehrheit der Deutschen mehr Hilfsangebote für Männer fordert, erklärt das Bundesfamilienministerium: „Jedes Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking ist ein Opfer zu viel. Und jeder betroffene Mensch – ob Frau oder Mann – braucht Unterstützung und Hilfe.“
Jeder fünfte von Gewalt Betroffene ist ein Mann
Männer sind bei Stalking und Beziehungsgewalt in den meisten Fällen die Täter – doch wie „Vollbild“-Recherchen zeigen, sind auch in Deutschland viele Männer von Cyberstalking, Stalking und Beziehungsgewalt betroffen. Vergangenes Jahr erfasste das Bundeskriminalamt knapp 170.000 Fälle von Beziehungsgewalt in Deutschland. Fast 80 Prozent der Betroffenen waren Frauen, rund 20 Prozent Männer – also immerhin jede fünfte von Gewalt betroffene Person.
Hilfetelefon „Gewalt an Männern“: Jedes Jahr mehr Anrufe
Das 2020 gegründete Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ ist eine der wenigen Beratungsstellen in Deutschland, die sich speziell an gewaltbetroffene Männer richten. Mehrere tausend Männer wenden sich nach Angaben des Teams jährlich an die Hotline, da sie gestalkt oder in Beziehungen kontrolliert, bedroht oder geschlagen werden. Manche erzählen auch von sexualisierten Übergriffen. Die Anrufe nehmen der Hotline zufolge jährlich zu. Auch bei dem Hilfetelefon, das von fünf Bundesländern gemeinsam finanziert wird, kommt es vor, dass Männer in Not niemanden erreichen. Dem Team fehlt es nach eigenen Angaben an Geld und an Beratern.
Männern fällt es schwer, sich als Opfer zu sehen
Doch nur ein Bruchteil der Männer, die Beziehungsgewalt erleben, wendet sich überhaupt an Beratungsstellen oder Polizei. Traditionelle Rollenbilder verhinderten oft, dass Männer sich Hilfe suchen und Unterstützung bekommen – das kann Beziehungsgewalt gegen Männer teils unsichtbar machen. „Sich als Opfer zu definieren ist wie ein Einschnitt in die eigene Männlichkeit“, sagt der Psychologe Björn Süfke, der das Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ mit aufgebaut hat. „Männer benötigen zumindest gefühlt einen längeren Leidensdruck als Frauen, bis sie sich dazu durchringen, Anzeige zu erstatten”, beobachtet auch das Landeskriminalamt Sachsen.
„Vollbild: Männer als Opfer? Hilflos bei Stalking und Gewalt“ ab Dienstag, 8. Oktober 2024, 5 Uhr
Die Recherche befindet sich ab Dienstag, 8. Oktober 2024, in der ARD Mediathek und läuft am Donnerstag, 7. November 2024, ab 1:05 Uhr im Fernsehprogramm des SWR.
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