Die Jury des Hans Bausch Mediapreises des SWR hat entschieden: Thomas J. J. Scherer wird für seine Studie „Inszenierungen zeitgenössischer Propaganda. Kampagnenfilme im Dienste des Gemeinwohls“ ausgezeichnet. Scherer untersucht kurze Spots, die – dramaturgisch und ästhetisch aufwendig gestaltet – für Ideen, Werte, Lebensregeln, konkrete Verhaltensweisen oder gar Weltanschauungen werben: Als Aufklärungskampagnen für umweltbewusstes Denken und Handeln zum Schutz vor mensch- und naturgefährdenden Klimawandel, für die Verbesserung der allgemeinen Gesundheit, für antidiskriminierende Familienbilder, für bewussten Umgang mit Urheberrechten, gegen Alkohol am Steuer. Solches „Social Advertisement“ findet sich etwa in den Werbeblöcken von Kino- und Fernsehprogrammen oder in den Timelines von Social-Media-Accounts.
Studie über audiovisuelle Gemeinwohlappelle, die aufs Verhalten des Publikums abzielen
Thomas J. J. Scherer sieht Propaganda nicht nur als Instrument gesellschaftlich mächtiger Akteure, die Prozesse einer freien Willensbildung bedrohen können, sondern auch als Instrument, mit dem unterschiedliche Interessensgruppen innerhalb einer pluralistischen Öffentlichkeit um Einverständnis werben können. Scherer untersucht in höchstem Maße kenntnisreich, mit welchen Mitteln die Spots berühren, emotional und ästhetisch eine sogenannte „bessere Welt“ entwerfen.
Begründung der Jury
Die Jury lobt die theoretisch und methodisch innovative Studie, in der Scherer filmwissenschaftlich, interdisziplinär und auf anschauliche Weise argumentiert. Die Studie regt zur Debatte an, ob, wie und mit welchen Formen der Propaganda in demokratischen Gesellschaften für Verhaltensanpassungen geworben werden kann.
Thomas J. J. Scherer lenkt den Blick auf die Grenzen zwischen Propaganda, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit – und damit auf einen Bereich, dessen Betrachtung in Zeiten von KI und gesteuerten Desinformationskampagnen in den sozialen Medien immer wichtiger wird. Die Frage, wer in welcher Form Einfluss auf den gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess nimmt, ist zentral für unser demokratisches Miteinander. Es ist wichtig, hier für ein Höchstmaß an Transparenz zu sorgen.
Bei dieser Auszeichnung zeigt sich, wie wichtig medienwissenschaftliche Forschung ist, um zu verstehen, wie Medienprodukte eingesetzt werden können – sowohl missbräuchlich für demokratieschädigende Propaganda als auch, um Werte, Einstellungen und Entscheidungen von Menschen so beeinflussen zu können, dass sie der Gesellschaft dienen. Diese Forschung hilft uns dabei, evidenzbasiert die Gefahren von Medienprodukten zu erkennen als auch die Chance der Medienprodukte zu nutzen, um unsere Demokratie zu stärken.
Über den Autor
Thomas J. J. Scherer ist seit 2024 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Horizon Europe-Projekt „Moral Emotions in Politics – How They Unite, How They Diviede“ an der Europa Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Zuvor war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kolleg-Forschungsgruppe „Cinepoetics – Poetologien audiovisueller Bilder“ und zeichnet sich dort für die Koordination der Programmplanung verantwortlich. Er studierte Filmwissenschaft, Philosophie sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin.
![Thomas J. J. Scherer ist Preisträger des Hans Bausch Mediapreises 2024 (Foto: SWR, Na'ama Landau) Thomas J. J. Scherer ist Preisträger des Hans Bausch Mediapreises 2024](/unternehmen/kommunikation/pressemeldungen/1716280432154%2Chans-bausch-mediapreis-gewinner-2024-thomas-j-j-scherer-102~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Fachjury aus Medienpraxis und -forschung
Über die Vergabe des Hans Bausch Mediapreises des SWR entscheidet eine Jury, die das Wissen von Expertinnen und Experten aus dem praktischen Medienalltag und der universitären Erforschung von Medien und Gesellschaft vereint. Mitglieder des Vorstandes der Stiftung sowie der personenidentischen Jury sind:
- Professor Kai Gniffke, SWR Intendant sowie Vorsitzender von Vorstand und Jury des Hans Bausch Mediapreises des SWR
- Stefanie Schneider, SWR Landessenderdirektorin Baden-Württemberg
- Thomas Dauser, SWR Direktor Innovationsmanagement und Digitale Transformation
- Professorin Tanja Thomas, Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen mit dem Schwerpunkt Transformation der Medienkultur
- Professorin Martina Thiele, Lehrstuhl für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen mit dem Schwerpunkt Digitalisierung und gesellschaftliche Verantwortung
- Professor Christian Nuernbergk, Lehrstuhl für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Trier
Pressekontakt Universität Tübingen
Oliver Häußler
- Telefon 07071 29 76788
- E-Mail:
- oliver.haeussler@uni-tuebingen.de
Information für Journalistinnen und Journalisten:
Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 5. Juni 2024, in der Alten Aula in Tübingen (Münzgasse 30) statt. Beginn der Veranstaltung mit Begrüßung ist ab 18 Uhr, Beginn des Livestreams ab 18:30 Uhr. Journalistinnen und Journalisten können entweder an der Veranstaltung vor Ort oder per Livestream teilnehmen. Bei Teilnahme vor Ort bitten wir darum, sich bis zum 27. Mai 2024 anzumelden unter: kommunikation@swr.de.