Samariter-Experiment: religiöse Überzeugungen und das eigene Handeln
Das vielleicht bekannteste Experiment der Religionspsychologie ist das „Gute-Samariter-Experiment“. Es wurde in den 1970er-Jahren an der Uni Princeton durchgeführt: Psychologen rekrutierten 40 Theologiestudenten, die zunächst einen Fragebogen ausfüllen mussten zu ihren religiösen Überzeugungen und wie sehr sie sich selbst als religiös einschätzen. Dann wurde Ihnen gesagt: „Jetzt wollen wir noch einen freien Vortrag von Ihnen über Ihre Überzeugungen hören. Dazu müssen Sie in ein anderes Gebäude gehen. Da wartet man schon auf Sie. Wir sind spät dran. Bitte beeilen Sie sich.“
Die Studenten mussten einzeln über einen Hof gehen, um in das andere Gebäude zu gelangen. Auf diesem Hof kauerte in gekrümmter Haltung ein Mann, der offensichtlich gerade eine Hustenattacke erlitten hatte. In dem Moment fand das eigentliche Experiment statt. Denn die Psychologen wollten wissen, wer von diesen Theologiestudenten stehen bleibt, quasi als guter Samariter, und dem vermeintlichen Opfer seine Hilfe anbietet. Das Verblüffende war, dass längst nicht jeder der Theologiestudenten, sondern nur eine Minderheit überhaupt stehen blieb, um den Mann zu fragen, wie es ihm geht.
Dieses Experiment zeigte sehr deutlich, dass religiöse Überzeugungen allein noch relativ wenig Einfluss darauf haben, wie man handelt.
Visionen unterm Motorradhelm
Es gibt das berühmte Experiment des kanadischen Forschers Michael Persinger, der seinen Versuchspersonen einen Motorradhelm mit Magnetspulen aufgesetzt hat. In die hat er bestimmte Magnetfelder eingespielt. Dann haben die Versuchspersonen unter dem Einfluss dieser Magnetfelder zum Teil religiöse Erfahrungen gemacht. Sie hatten plötzlich das Gefühl, ein Engel steht neben ihnen. Manche sind aus der Kabine geflohen, weil sie meinten, ihnen sei der Teufel begegnet.
Schwedische Forscher haben das Experiment nachgemacht. Dazu muss man wissen: Dieses Experiment fand in einem schallisolierten und dunklen Raum statt. Die Probanden waren komplett isoliert, ohne jeglichen Input von außen. Sie saßen im Dunkeln mit dem Motorradhelm auf dem Kopf. Die schwedischen Forscher haben das Experiment genau nachgestellt – mit einem einzigen Unterschied: Sie haben das Magnetfeld nicht eingeschaltet. Und was passierte? Die Leute haben trotzdem religiöse Erfahrungen gemacht. Sie kamen aus der Kabine und sagten: „Ich habe jetzt hier wahnsinnig was erlebt.“
Das zeigt, dass das Gehirn die tollsten Dinge tun kann, wenn es „freigelassen“ wird und seine Kapazität schweifen lassen kann. Das Gehirn kreiert einen Teil der Realität, die wir erleben, selbst. Das zeigt diese Motorradhelm-Studie sehr gut. Religion findet in diesem Sinne tatsächlich im Gehirn statt.
Wunderheilungen durch Placeboeffekt
„Wunderheilungen“ könnten darauf basieren, dass Menschen sehr stark daran glauben, dass ihnen geholfen wird. Ein Beispiel: Heilungen am Wallfahrtsort Lourdes. Dorthin fahren mitunter schwerkranke Menschen. Sie beten – und zum Teil erleben sie dort tatsächlich Wunderheilungen.
Es gibt sogar eine Statistik der katholischen Kirche, die mittlerweile etwa 67 nachgewiesene Wunderheilungen in Lourdes aufführt. Sie sind dokumentiert und auch von Medizinern bestätigt.
Das Phänomen ist interessant, weil es zeigt, wie sehr Körper und Psyche sich gegenseitig beeinflussen. Und es zeigt, dass im Extremfall eine starke psychische Ausrichtung, eine starke Erwartungshaltung tatsächlich körperliche Vorgänge in Gang setzen kann. Mittlerweile ist das von der Medizin untersucht worden. Wir nennen das heute den Placeboeffekt.