Sex zu haben gilt eigentlich als die natürlichste Sache der Welt - vielen Menschen bereitet es jedoch Kopfzerbrechen: Viele scheinen es nicht mehr so zu können, wie sie es wollen, oder wollen es gar nicht mehr, jedenfalls nicht mehr so oft wie früher. Jede dritte Frau und jeder vierte Mann in Deutschland ist mit dem Sexleben unzufrieden, dies belegen verschiedene Studien.
Schlafzimmer als sexfreie Zone
47 Prozent der deutschen Paare haben nur dreimal im Monat Geschlechtsverkehr, fast die Hälfte aller Paare lebt wochenlang "sexfrei", ergab eine Umfrage von "Psychologie heute". Sexuelle Enthaltsamkeit nährt bei vielen Zweifel: Wenn es nicht mehr knistert, wenn Flaute im Bett herrscht, dann muss irgendwo der Wurm in der Beziehung stecken.
Erfülltes Sexleben - wichtig für Beziehungen
Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland ist ein erfülltes Sexleben wichtig für eine glückliche Partnerschaft. Das fand das "Institut für Sexualität und Gesundheit Freiburg" in einer repräsentativen Befragung heraus. Demnach ist Sex ähnlich bedeutsam wie finanzielle Sicherheiten, gemeinsame Interessen und Kinder zu haben.
Sexuelle Unlust - ein typisch weibliches Phänomen?
Während viele Männer klagen, dass sie gern mehr Sex mit der Partnerin hätten, beklagen immer mehr Frauen, dass ihnen die Lust auf Sex abhanden gekommen ist. Amerikanische Forscher gehen davon aus, dass jede zweite Frau zwischen 18 und 59 an einer sexuellen Störung erkrankt sei, die behandelt werden müsse. Sie nennen diese Krankheit "HSDD-Syndrom": hypoactive sexual desire disorder, zu Deutsch: Mangel an sexuellem Verlangen. Kritiker sagen jedoch, von einer Störung des sexuellen Verlangens könne man nur dann sprechen, wenn eine Frau unter dieser Störung leidet, und sich dies auf die Beziehung auswirkt - und warnen davor, weibliche Unlust zu pathologisieren.
Entscheidend ist, ob die Frauen darunter leiden
Die meisten Studien zur sexuellen Unlust berücksichtigen nämlich nicht, dass das Problem nur dann relevant wird, wenn auch ein wirklicher Leidensdruck bei der Frau vor allem in der Partnerschaft besteht. Realistisch betrachtet kommen dann andere Zahlen heraus. Im Moment ist eine große Studie aus den Vereinigten Staaten erschienen, die das sehr gut getrennt hat: nämlich in die Frauen, die ein sexuelles Problem haben, und diejenigen, die darunter leiden. Und die Schnittmenge betrug bei allen Altersgruppen dieser Untersuchung 12 Prozent. Und dann ist es ungefähr realistisch.
Körperliche Annäherung wird oft nur schwer ertragen
Betroffen sind vor allem Frauen zwischen Mitte 20 und Mitte 50. Die Lustlosigkeit äußert sich vor allem darin, dass die Frauen wenig Verlangen haben, d. h. wenig von sich aus auf den Partner zugehen wollen. Diese Frauen können auch körperliche Annäherung oft nur schwer ertragen, wenn der Partner auf sie zugeht; sie haben auch weniger sexuelle Fantasien. Für manche Frauen stellt es eine enorme Belastung dar, wenn der Mann sexuell auf sie zugeht. Nicht zu wollen, wenn der Partner will, setzt unter Druck. Zumal viele Frauen versichern, sie fühlen sich in der Partnerschaft glücklich. Nur das Begehren ist weg, und das kratzt mitunter am Selbstwertgefühl, wenn sich eine Frau nicht als "sexuell aktiv" und "verführerisch" fühlt.
Sexuelle Unlust bei Frauen kann ganz unterschiedliche Gründe haben
Mit zunehmendem Alter wird es wahrscheinlicher, dass man weniger sexuelles Verlangen hat. Aber auch körperliche oder psychische Erkrankungen können dazu beitragen. Zum Beispiel kann sexuelle Unlust auch im Rahmen von einer depressiven Erkrankung auftreten, oder wenn partnerschaftliche Schwierigkeiten auftreten. Auch Medikamente können die sexuelle Lust blockieren. Aber es gibt auch viele Paare, die sich in Partnerschaft wohlfühlen, die seit vielen Jahren glücklich zusammen sind, bei denen aber die sexuelle Lust trotzdem nachgelassen hat.
Je länger die Beziehung, desto weniger Sex
Dass die anfängliche Leidenschaft verblasst und sexuelle Aktivität nachlässt, stellen die meisten Paare fest - oft bereits nach 2 bis 4 Jahren. Je länger die Beziehung, desto weniger Sex. Dies weist in seiner jüngsten Untersuchung der Hamburger Neurowissenschaftler Dietrich Klusmann nach, der 2000 Studentenpaare -zwischen 19 und 32 Jahren - nach ihren sexuellen Gewohnheiten befragte. Schon nach einem Jahr hatten die Paare weniger häufig Geschlechtsverkehr als zu Anfang, nach 6 Jahren war bei 40 Prozent der Männer und bei 80 Prozent der Frauen die sexuelle Lustlosigkeit deutlich angestiegen.
Jahrmillionen alte Reaktionsmuster steuern das Sexualverhalten
Sex passiert nicht zufällig und irgendwie, sondern erfolgt nach einem Jahrmillionen alten Reaktionsmuster, das in unseren Genen gespeichert und im Gehirn verankert ist. Das feine Zusammenspiel von Hormonen und Nervenzellen ist evolutionsbiologisch gesteuert und hat das Ziel, Mann und Frau zum Geschlechtsakt zu bringen, damit Nachwuchs entsteht. Sobald die Nachkommenschaft gesichert ist, lässt der Drang zur körperlichen Vereinigung nach - ganz automatisch.
Burnout als Lustkiller
Wenn Frauen sexuell blockiert sind, liegt es selten an krankheits- oder altersbedingten Ursachen, sondern an gewissen Lebensabschnitten und Lebensumständen: Das ist das Multitasking der modernen Frau, sie hat ihren Job, da muss sie erfolgreich sein, sie hat Kinder noch zu versorgen, sie hat einen Partner, dann sind noch kranke Eltern im Haus, die zu pflegen sind, und diese Multitasking das überfordert sie heute, so dass man sagen kann: Meist liegt eine Burnout -Situation der Lustlosigkeit zugrunde.
Auch gestresste Männer verfallen oft in sexuelle Apathie
Auch Männer sind nicht davor gefeit, in sexuelle Apathie zu fallen: z.B. wenn sie am Arbeitsplatz stark gefordert sind und sexuelle "Hochleistungsmanöver" vollbringen wollen. Dann geht oft gar nichts. Wenn Männer keine Lust haben, können sich dahinter seelische Verstimmungen, Krankheiten, Potenzprobleme dahinter verbergen, - oder auch ein geringes Selbstwertgefühl, sagen Experten.
Männer flüchten oft in die virtuelle "Realität"
Die Gesellschaft wird mit sexuellen Reizen überflutet, Sex ist in den Medien ständig präsent – nur im eigenen Leben nicht. Vor allem jüngere Männer, die viel im Internet unterwegs sind, würden verunsichert reagieren, so die Meinung von Experten. Die jungen Männer kommen nicht mit der Realität zurecht, wie sich Sexualität in der Partnerschaft abspielt. Häufig haben junge Männer Angst vor einer Bindung. Die Angst führt zum Rückzug: Jeder fünfte Mann in Deutschland hat – laut Nachrichtenmagazin "Focus" - Angst davor, den sexuellen Ansprüchen der Partnerin nicht zu genügen. Als Ausweg suchen vor allem junge Männer sexuelle Befriedigung per Mausklick.
Das gibt es durchaus, dass junge Männer berichten, dass sie ihre Sexualität fast nur noch ausschließlich im Internet leben. Sie sind dann so in ihrer eigenen Welt, dass es ihnen schwer fällt, eine Partnerin zu finden. Oder wenn sie eine Partnerin haben, fällt es ihnen schwer, mit dieser Frau dann Sexualität zu leben und diese auch als befriedigend zu erleben. Männer berichten, dass sie beim Geschlechtsverkehr gar keine Empfindungen mehr haben, gar nicht mehr richtig spüren können.