Lady Di wurde nur 36 Jahre alt
31. August 1997, kurz nach Mitternacht. Vor dem Ritz-Hotel in Paris haben sich Scharen von Fotografen und Schaulustigen versammelt.
Plötzlich gerät Bewegung in die Menge, Männer springen in Autos, wenden mit quietschenden Reifen, Motorräder verfolgen einen dunklen Mercedes. Darin sitzt Lady Diana mit ihrem Freund Dodi AlFayed, ihrem Leibwächter und dem Sicherheitschef des Ritz, der den Wagen steuert.
Der Mercedes rast in den Tunnel an der Pont de l’Alma in der Nähe des Eiffelturms. Das Auto kracht an den 13. Betonpfeiler in der Tunnelmitte und wird zurückgeschleudert, an die rechte Tunnelmauer.
Dianas Freund Dodi und der Fahrer sterben am Unfallort. Diana muss aus dem Wrack geschnitten werden. Sie stirbt später im Krankenhaus. Sie wird 36 Jahre alt.
Archivradio zu Lady Dianas Unfall-Tod:
Lady Dianas Unfall-Tod – verfolgt von Paparazzi
Die Märchenhochzeit mündet in einer Horror-Ehe
20 Jahre alt und ziemlich unerfahren war Lady Diana Spencer, die aus gutem Hause kam, als sie 1981 Thronfolger Charles heiratete. Über eine Milliarde Menschen verfolgten damals die sogenannte „Märchenhochzeit“ am Fernseher.
Beim Verlobungsinterview hatte die Kindergärtnerin sich zuversichtlich gezeigt, dass mit Charles an ihrer Seite nichts schiefgehen könne auf ihrem Weg zur Königin, sie habe ja auch schon ein halbes Jahr Zeit gehabt, sich in das royale Leben einzufinden. Die Ehe wurde 1996 nach dramatischen öffentlichen Zerwürfnissen geschieden.
Ein nie dagewesenes Ausmaß an Trauer
In jener Todesnacht 1997 muss Alastair Campbell, der Pressechef des damaligen Premiers Tony Blair, viel organisieren. Telefonate zwischen Blair und dem französischen Präsidenten, mit dem Botschafter, mit der Polizei und auch mit dem Palast.
Für den Tod der Queen, ihres Mannes Phillip und ihren Kindern habe man fertige Pläne in der Schublade, erfuhr er aus dem Palast. Für Dianas Beisetzung nicht, man könne lediglich den Plan für die Königinmutter als Basis nutzen. So gerät Campbell ins Planungsteam. Was ihn noch heute fasziniert, ist, wie klar Tony Blair die Situation damals sofort einordnete.
Die Prinzessin des Volkes
Blair wendet sich gleich am Sonntagvormittag, beim wöchentlichen Kirchgang, an die Öffentlichkeit. Zwei Minuten lang spricht er frei ohne Spickzettel, sichtlich bewegt und doch geschliffen über Diana in die Fernsehkameras und prägt den später immer wieder zitierten Begriff von der „People‘s Princess“, der Prinzessin des Volkes.
Blair sagt, sie sei in der ganzen Welt geliebt worden, die Menschen hätten sie als eine der Ihren gesehen und sie werde in den Herzen und im Andenken ewig die Prinzessin des Volkes bleiben.
Die Königsfamilie taucht ab
Die Angehörigen der Königsfamilie hingegen scheinen längere Zeit nicht zu begreifen, was da gerade passiert. Sie bleiben gut abgeschirmt auf Schloss Balmoral in Schottland, kümmern sich um die beiden Söhne Harry und William, 12 und 15 Jahre alt, die gerade ihre Mutter verloren haben.
Vor dem Kensington Palast und vor dem Buckingham Palast türmen sich enorme Blumenberge, weinende Menschen und wütende Medien fordern, dass die Flagge auf Halbmast gesetzt werden solle – was laut Protokoll nur bei vollwertigen Mitgliedern der Königsfamilie passiert.
Zwei Milliarden Menschen verfolgen die Trauerfeier im Fernsehen
Am 6. September 1997 wird Dianas Sarg auf einer Pferdekutsche vom Kensington Palast zur Westminster Abbey gefahren. Eine Million Menschen säumen die Straßen. Am St. James‘s Palast reihen sich Prinz Philip und Prinz Charles, Dianas Bruder Charles und die beiden Söhne in die Prozession ein.
Mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit verfolgen am Fernseher, wie die beiden Kinder hinter dem Sarg ihrer Mutter herlaufen. Harry äußert später, man hätte ein Kind nicht dazu auffordern sollen. Trotzdem sei er froh, es gemacht zu haben.
Die Schuldfrage wurde geklärt
Dianas Bruder Charles Spencer gibt den Medien, die seine Schwester ihr Leben lang belästigt hätten, die Schuld an ihrem Tod. Er lädt die Chefredakteure der britischen Zeitungen von der Trauerfeier wieder aus, nur Journalistinnen und Journalisten, die berichten, sind zugelassen. Die Mehrzahl der noch freien Plätze geht an Abgesandte der Wohltätigkeitsorganisation, für die Diana sich engagierte.
Die Frage, wer Schuld trägt an Dianas Tod, wird später in diversen Prozessen in Frankreich und England geklärt. 1999 kommt ein französisches Gericht zu dem Ergebnis, der getötete Fahrer des Wagens, Henri Paul, Sicherheitschef des Ritz, sei angetrunken gewesen und habe die Kontrolle über das Fahrzeug verloren.
Fahrlässige Tötung
Doch Verschwörungsmythen haben Hochkonjunktur. Eine lautet: Der britische Geheimdienst hätte Diana aus dem Weg räumen wollen, weil die Mutter des künftigen Königs keinen Muslim heiraten sollte. Der Vater von Dianas getötetem Freund Dodi, der ägyptische Milliardär Mohammed Al-Fayed, schiebt diverse Gerichtsverfahren an und ist überzeugt: Dodi und Diana wurden vom Königshaus ermordet.
Die britische Justiz investiert acht Millionen Pfund in einen Mammutprozess und vernimmt monatelang 240 Zeugen. 2008 kommt ein Geschworenengericht zu dem Urteil, dass Diana und ihr Freund Dodi bei einem Unfall starben, an dem der Fahrer Henri Paul und die Paparazzi schuld waren.
Laut Gericht handelte es sich um fahrlässige Tötung. Es gebe keine Beweise, dass Prinz Philip den Mord an Diana angeordnet und die Geheimdienste ihn organisiert hätten.
Diana machte sich die Medien auch zunutze
Den Fotografen die Diana an jenem Abend verfolgten, wird also eine Mitschuld gegeben an dem Unfall. Von der Presse bedrängt zu werden, gehörte zu ihrem Leben.
Ohne Medien würde die Monarchie nicht funktionieren. Eine Prinzessin, die Aidskranke Kinder umarmt, braucht Journalisten, die das filmen, fotografieren, darüber schreiben und in die Welt tragen.
Diana war sich sehr bewusst, wie sie die Medien auch für sich nutzen konnte. Als es in ihrer Ehe mit Charles zu kriseln begann, nutzte sie die Art wie sie sich präsentierte, um bewusste Botschaften auszusenden.
Aber Diana trat nicht nur als strahlend selbstbewusste Schönheit in Erscheinung, sie trug auch ihre Verletzungen, Schwächen und Zweifel in die Öffentlichkeit, nährte ihre Rolle als Opfer der Königsfamilie.
BBC musste für das Skandal-Interview Schadensersatz zahlen
Und es waren nicht immer nur die skrupellosen Boulevard-Blätter, die Diana verfolgen, sondern ausgerechnet die öffentlich-rechtliche BBC leistete sich einen besonderen Skandal.
Am 20. November 1995 schilderte Diana in einem Interview dem damals unbekannten Reporter Martin Bashir, wie sie sich vom Königshaus sabotiert fühlte. 23 Millionen Menschen verfolgten eine Panorama-Sondersendung der BBC, in der Diana enthüllte, wie sehr die „Ehe zu dritt“ mit Charles Geliebter Camilla sie belastete.
BBC-Intendant Tim Davie hat im Juli 2022 erklärt, dass dieses Interview für immer im Giftschrank des Senders verschwinden wird und nie mehr ausgestrahlt werden soll. Denn es kam mit unlauteren Mitteln zustande und die BBC musste dafür inzwischen Schadensersatz zahlen.
William geht in der Rolle als Thronfolger auf, Harry hat sich distanziert
Die Beziehung zwischen den Royals und den Medien. Für Dianas Söhne William und Harry stellte sich die Frage, wie sie nach den Erfahrungen ihrer Mutter mit der Presse umgehen. Beide haben wegen Berichterstattung in Zeitungen schon Prozesse geführt, bei Harry gibt es laufende Verfahren.
William entschied sich 2007, noch vor seiner Verlobung mit Kate, zu dem drastischen Schritt, in einem Statement die Presse öffentlich aufzufordern, seiner Freundin nicht mehr nachzustellen oder sie weiter zu bedrängen.
Inzwischen hat William in seiner Rolle als übernächster Thronfolger mit der fleißigen und tadellosen Kate an seiner Seite und den drei Vorzeigekindern einen überwiegend reibungslosen und sehr professionellen Umgang mit den Medien gefunden.
Sein Bruder Harry dagegen begründete den Rückzug seiner Familie in die USA mit der negativen und aggressiven Berichterstattung über ihn und seine Frau Meghan.
Diana ist beerdigt, wo sie aufgewachsen ist
Weil Prinzessin Diana so häufig die Kontrolle über ihr Leben abgeben musste, wollte ihr Bruder Charles nach ihrem Tod wenigstens die Kontrolle über ihr Grab behalten. Sie ist auf einer kleinen Insel im Park von Althorp House in Northamptonshire beerdigt, wo sie aufgewachsen ist.
Vom Ufer erkennt man unter einem Baum die Grabstelle, markiert mit einer quadratischen Steinsäule mit einer Urne darauf. Zwei Monate jeden Sommer ist Althorp für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Sie können um den Teich flanieren - und es sind auffällig viele Besucher*innen, an einem Tag im August 2022.