SWR2 Wissen | Equal Pay Day am 7. März

Frauen und Finanzen – Warum eigenes Geld so wichtig ist

Stand
Autor/in
Geli Hensolt
Geli Hensolt
Onlinefassung
Ulrike Barwanietz
Candy Sauer

Frauen verdienen weniger als Männer, haben weniger Vermögen, weniger Rente. Trotzdem kümmern sich viele nicht um Geld. Woran liegt das? Wie gelingt finanzielle Gleichberechtigung?

Unabhängigkeit durch eigenes Geld

Eigenes Geld zu haben heißt auch: unabhängig sein, Entscheidungen frei treffen können – ohne Rücksicht auf den eigenen Partner zum Beispiel oder die Eltern.

"Eigentlich hätten wir viel früher beginnen sollen" – diesen Satz würden viele Frauen und Männer vermutlich unterschreiben. Denn von finanzieller Gleichberechtigung und Selbstbestimmung ist Deutschland im Jahr 2022 noch weit entfernt.

Gender Pay Gap, Gender Wealth Gap und Pension Gap

Laut Statistischem Bundesamt beträgt die geschlechtsspezifische Lohnlücke, der Gender Pay Gap, 18 Prozent. Das heißt: Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger pro Stunde. Hinzu kommt: Sie arbeiten häufiger in Teilzeit; auch deshalb haben sie weniger Monatseinkommen als Männer.

Lupe zeigt auf Börsenteil in Zeitung: Frauen investieren deutlich seltener in Aktien als Männer: 2021 gab es 4,3 Millionen Aktionärinnen und 7,8 Millionen Aktionäre
Frauen investieren deutlich seltener in Aktien als Männer: 2021 gab es 4,3 Millionen Aktionärinnen und 7,8 Millionen Aktionäre

Auch heute gilt: Männer sind reicher, haben mehr Vermögen und Immobilien. Das nennt man den Gender Wealth Gap. Dazu kommt der Gender Pension Gap: Frauen haben auch weniger Rente zur Verfügung als Männer – und zwar rund 32 Prozent. 2020 bekamen Frauen im Alter rund 800 Euro, Männer fast 1.200 Euro monatlich. In einem Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD ist Deutschland damit weltweit Schlusslicht.

Schlechter bezahlte Berufe, Teilzeit, fehlendes Selbstvertrauen

Die Gründe: Frauen wählen noch immer oft schlecht bezahlte Berufe. Sie werden eben nicht Ingenieurin, sondern Altenpflegerin. Wenn die Kinder kommen, steigen sie aus dem Job aus und kehren in Teilzeit zurück. Bei Gehaltsverhandlungen sind sie zögerlicher. Die Folgen: finanzielle Abhängigkeit, prekäre Lebenssituationen vor allem für Alleinerziehende und Altersarmut.

Das Fatale aber ist: Frauen haben nicht nur weniger Geld – sie machen auch weniger daraus. Dies zeigt der s genannte Gender Investment Gap vor allem auch in Deutschland. Zahlen des Deutschen Aktieninstituts zeigen: Frauen investieren deutlich seltener in Aktien als Männer: 2021 gab es 4,3 Millionen Aktionärinnen und 7,8 Millionen Aktionäre.

"Für ein Anlagevermögen brauche es keine riesigen Beträge"

Dabei sind Aktien und Aktienfonds in Zeiten niedriger Zinsen einer der besten Wege, Vermögen aufzubauen und fürs Alter vorzusorgen. Das sei ihr ziemlich schnell klar geworden, als sie anfing, sich mit Geld zu beschäftigen, erzählt Finanzbloggerin Natascha Wegelin alias Madame Moneypenny.

Natascha Wegelin aka Madame Moneypenny, Autorin und Unternehmerin
Natascha Wegelin aka Madame Moneypenny, Autorin und Unternehmerin

"Für ein Anlagevermögen brauche es keine riesigen Beträge", sagt Wegelin. Schon mit 25 Euro monatlich lasse sich ein Aktiensparplan für einen ETF einrichten. ETF sind börsengehandelte Fonds, die die Entwicklungen eines Aktienindex abbilden. Das heißt: Anlegerinnen investieren nicht in die Einzelaktie eines Unternehmens, sondern in die vieler Firmen. Je früher die Frauen mit solchen Investments anfangen, desto länger haben sie Zeit, sich ein finanzielles Polster anzusparen.

Verunsicherung vergrößert die Wissenslücke

Tabea Bucher-Koenen untersucht am Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) das Finanzwissen von Frauen und Männern. Sie beobachtet, dass es zwischen Männern und Frauen zwar eine echte Wissenslücke im Finanzwissen gibt, diese jedoch vergrößert wird, weil es den Frauen an Selbstbewusstsein fehlt.

Bucher-Koenens Forschungen zeigen auch: Der Unterschied im Finanzwissen ist nicht auf die „ältere Generation“ begrenzt, die möglicherweise noch stärker in Rollenbildern verhaftet ist. Sie besteht auch zwischen jüngeren Frauen und jüngeren Männern.

Frauen erzielen an der Börse die gleichen Gewinne wie Männer

Wenn Frauen aktiv werden beim Thema Geld, machen sie das nicht schlechter als Männer. Nur anders. So investieren Frauen zum Beispiel häufiger in Aktienfonds als in Einzelaktien, also in Papiere einzelner Unternehmen, sagt die Mannheimer Wirtschaftswissenschaftlerin Alexandra Niessen-Ruenzi.

Sparschwein: Frauen investieren an der Börse oft in andere Produkte, Bereiche und Unternehmen: Sie stecken ihr Geld lieber in nachhaltige Anlagen
Frauen investieren an der Börse oft in andere Produkte, Bereiche und Unternehmen: Sie stecken ihr Geld lieber in nachhaltige Anlagen

Frauen handeln zwar weniger risikoavers, im Durchschnitt aber sieht man keine großen Unterschiede in der Performance von Männern und Frauen, so Niessen-Ruenzi. Das heißt: Die Rendite ist bei Anlegerinnen und Anlegern in etwa gleich gut.

Allerdings investieren Frauen oft in andere Produkte, Bereiche und Unternehmen: Sie stecken ihr Geld lieber in nachhaltige Anlagen. Alexandra Niessen-Ruenzi gibt deshalb zu bedenken: Wenn sich Frauen häufiger am Kapitalmarkt beteiligen, dann habe das auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen auf die Zukunft.

SWR 2022

Geld FinTechs statt Bankfiliale – Finanzgeschäfte per App

Immer mehr junge Menschen legen Geld in ETFs an und managen ihre Finanzen über Apps oder Online-Broker. Die etablierten Banken sind ihnen zu teuer, die Beratung zu schlecht.

SWR2 Wissen SWR2

Finanzen Grüne Geldanlagen – Wie nachhaltig sind sie wirklich?

Bei über 90 Prozent der „nachhaltigen“ Fonds fließt ein Anteil in nicht-nachhaltige Branchen, etwa in Mineralölkonzerne. Das kann sinnvoll sein, um den Umbau dieser Konzerne voranzubringen.

SWR2 Wissen SWR2

Armut

Gesellschaft Arm trotz Arbeit – Was gegen Erwerbsarmut hilft

Reinigungskräfte, Paketboten, Callcenter-Beschäftigte: Viele Menschen sind trotz Arbeit arm. Der Mindestlohn soll helfen, aber es gibt auch noch andere Stellschrauben.

SWR2 Wissen SWR2

Hochschule Arm an der Uni – Was Geldnot für Studierende bedeutet

Fast jeder dritte Studierende ist arm. Corona-Pandemie, Inflation und Energiekrise haben die Sorgen vieler verstärkt. Geldnot wirkt sich auch auf die Bildungsgerechtigkeit aus.

SWR2 Wissen SWR2

Feature Draußen. Vom Leben wohnungsloser Familien in Berlin

Die Gefahr, die eigene Wohnung zu verlieren, ist größer geworden. Obdachlosigkeit ist ein Thema, das alle angeht. 
Von Marie von Kuck

SWR2 Feature SWR2

Wirtschaft und Finanzen: aktuelle Beiträge

Kulinarische Diplomatie Staatsbankett und Streetfood – Wie mit Essen Politik gemacht wird

Kann ein gutes Essen Spannungen in der Politik abbauen? Wenn es allen schmeckt, ja! Davon ist zumindest der Koch des deutschen Bundespräsidenten überzeugt. "Gastrodiplomatie" nennt das die Wissenschaft. Von Peter Bratenstein (SWR 2024) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/staatsbankett-streetfood | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen

Das Wissen SWR Kultur

Persönlichkeiten

Stand
Autor/in
Geli Hensolt
Geli Hensolt
Onlinefassung
Ulrike Barwanietz
Candy Sauer