Weihnachten 1899 beglückt Bergwerksbesitzer Adolf Rechenberg aus der Niederlausitz seine Frau Anneliese mit dem neuesten Hightech-Spielzeug: Einem Edison-Phonographen. Und er hat die originelle Idee, sich selbst bei der Geschenkübergabe aufzunehmen.
Zunächst mahnt er seine Kinder mit einem "Silentium" zur Ruhe und weist ihnen ihren jeweiligen Platz auf dem Sofa zu. Anschließend spricht er zu seinem "lieben, guten Weib".
Transkript der Aufnahme von Adolf Rechenberg
"Silentium! Ruhig, Kinder! Joachim, setze dich auf das kleine Sofa. Annemarie da rechts, links zur Seite auf den Sessel Walter, rechts Egon, sodann Anne-Dorothee und Anneliese links dahinter, rechts Adolf und Karl, in der Mitte aber Mutter. Und nun hört, was Vater zu Mutter sagen wird:
Mein liebes, gutes Weib! Weil du doch selten dich zu trennen vermagst von deinen lieben Kindern in treuster mütterlicher Besorgnis und somit auf viele Genüsse der Welt verzichten musst, so schenke ich dir heute am heiligen Weihnachtsfeste des Jahres 1899 diesen wunderbaren Apparat, der dir zu jeder Zeit auf deinen Wunsch auch in dem trauten Heim erzählen und vortragen wird, wie es in der Welt zugeht, was in den Konzerten gespielt, was in den Theatern gesungen wird. Und so, wie ich heute, liebe Anna, zu dir spreche, aus diesem geheimnisvollen Dunkel, so werde ich zu dir sprechen jederzeit, sobald du mich rufst, auch dann, wenn ich längst von dir gegangen sein werde in die Ewigkeit. Und so grüße ich dich, mein heißgeliebtes, treues Weib, viele, viele tausend Mal. Adolf Rechenberg." (Edison-Walze)
Auch wenn Adolf Rechenberg den Phonographen seiner Frau geschenkt hat, hat er vielleicht auch ein bisschen an sich selbst gedacht. Eine Woche später jedenfalls hält er mit diesem Phonographen eine Ansprache an seine Silvestergäste fest. Es ist die älteste erhaltene Silvesteransprache überhaupt.
31.12.1899 Älteste erhaltene Silvesteransprache – Adolf Rechenberg begrüßt das Jahr 1900
31.12.1899 | Nachdem Bergwerksbesitzer Adolf Rechenberg seiner Frau zu Weihnachten einen Edison-Phonographen geschenkt hat, beeindruckt er damit schon eine Woche später die Gästen seiner Silvesterfeier. Er hält um kurz vor Mitternacht eine kleine Ansprache, die er auch auf dem neuen Gerät festhält. So entsteht die älteste erhaltene Silvesteransprache der Welt. Und zugleich: Neujahrsansprache – denn am Ende begrüßt er das Jahr 1900.
9.4.1860 Ältestes Tondokument der Menschheit: "Au claire de la lune"
9.4.1860 | Thomas Alva Edison war zwar der erste Erfinder, der 1877 bewusst menschliche Sprache aufgenommen hat, um sie hinterher wiederzugeben – und zwar mithilfe des von ihm erfundenen Phonographen.
Doch 2008 wurde ein 17 Jahre älteres Tondokument rekonstruiert. Es geht auf den Pariser Drucker und Buchhändler Édouard-Léon Scott de Martinville zurück. Er hat 1857 ebenfalls ein Gerät gefunden, das er Phonautograph nennt. Sein Ziel war es gar nicht, Sprache aufzunehmen, um sie wiederzugeben. Er wollte lediglich Klang visuell aufzeichnen.
Dazu benutzte er rußgeschwärztes Papier, das auf eine Walze montiert war. Er sprach in einen Schalltrichter mit einer Membran am Ende. Die Schwingungen der Membran übertrugen sich auf eine Schweinsborste, die wiederum Linien in den Papierruß kratzte.
1878 / 1888 Älteste erhaltene Edison-Aufnahmen: "Mary had a little lamb"
1878 / 1888 | Als Thomas Edison am 18. Juli 1877 den ersten Phonographen erfand, ging es ihm noch nicht um Aufnahmen für die Ewigkeit, sondern primär um das Festhalten und Wiedergeben von Sprachnachrichten, etwa aus einem Telefon – eine Erfindung, die noch ganz jung und Edison natürlich vertraut war.
Bei seinem ersten geglückten Versuch mit dem Phonographen nahm Edison ein Kindergedicht auf: "Mary had a little lamb" – Mary hatte ein kleines Lamm.