3.11.1987

Demonstrant erschießt zwei Polizisten an der Startbahn West

Stand
Autor/in
ARD Archivradio

Startbahn West 1984 eröffnet: Bürgerbewegung konnte Bau nicht verhindern

Die geplante Startbahn West am Frankfurter Flughafen war Anfang der 1980er-Jahre das große Streitthema im Rhein-Main-Gebiet und Anlass für eine der größten Bürgerbewegungen der alten Bundesrepublik. Jahrelang gab es Proteste. Die Gegner errichteten sogar ein Hüttendorf, das 1981 geräumt wurde.

Nach der Eröffnung der Startbahn 1984 flauten die Proteste ab. Es gab noch regelmäßige sogenannte Sonntagsspaziergänge, die vor allem von der autonomen Szene organisiert wurden, sowie größeren Demonstrationen jeweils am 2. November, dem Jahrestag der Hüttendorf-Räumung.

Jährlicher Protest eskaliert 1987

Eine solche Demo findet auch 1987 statt – und eskaliert. Am Abend setzt sich der Demonstrationszug von Mörfelden-Walldorf in Bewegung. An der Mauer, die an die Startbahn grenzt, errichten sie Barrikaden und werfen Molotowcocktails auf die Polizeikräfte.

Die Polizei reagiert mit Wasserwerfern und versucht gegen 21 Uhr, das Gelände zu räumen. Kurz darauf zieht einer der Demonstranten eine Pistole, feuert 14 Mal, trifft neun Beamte. Zwei von ihnen erliegen ihren Verletzungen. Am Tag drauf ist das Entsetzen groß. Auch außerhalb Hessens bringen die Radiosender Sondersendungen wie hier die Mittagssendung des Süddeutschen Rundfunks.

Joschka Fischer spricht von Tabubruch

Ebenfalls noch mittags berichtet der Südwestfunk, wie es inzwischen an der Startbahn West aussieht. Er hat auch schon Stellungnahmen von der Hessischen Kabinettssitzung am Frankfurter Flughafen und vom Grünen-Fraktionssprecher Joschka Fischer, der die Schüsse auf die Polizisten klar verurteilt und von einem Tabubruch spricht. Jetzt müssten umso mehr die Gegner von Gewalt auf die Straße gehen.

Vermummungsverbot gefordert

Im Lauf des Tages fällt ein Wort immer öfter: Vermummungsverbot – es müssen auf Demonstrationen die Gesichter der Beteiligten zu sehen sein. Das fordern nach den Ereignissen an der Startbahn die Innenpolitiker der Union umso lauter.

Archivradio-Gespräch D-Zug, Ölkrise und "7. Sinn": Wie die Deutschen mobil wurden

Das Verkehrsaufkommen wächst: auf den Straßen, auf Schienen und in der Luft. Regierungen versuchen, der Lage mit neuen Straßen, Flughäfen, Kanälen und Bahntrassen Herr zu werden. Doch fast jedes Großprojekt ruft Großproteste hervor: von der Startbahn West über den Rhein-Main-Donau-Kanal bis zu Stuttgart 21.

Stand
Autor/in
ARD Archivradio