26.9.1953

Verkündung und Begründung des Urteils

Stand

Der Richter Walter Ziegler spricht. Das Strafmaß reicht von 4,5 bis 15 Jahren Zuchthaus.
Dieses Verfahren fand vor dem 1. Strafsenat des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik statt, dem höchsten Gericht der DDR.

Forschung in der Haft und Begnadigung

Fleischer sollte in der Haft forschen und bekam dafür Mittel und Personal zugeteilt. Er arbeitete an Festkörperantrieben für Raketen – jedoch ohne vorzeigbare Ergebnisse. Nach acht Jahren wurde er begnadigt. Er starb im Wendejahr 1989 und wurde danach vollständig rehabilitiert.

Urteilsbegründung mit Lehrstunde zur Geschichte des Sozialismus

Richter Walter Ziegler verkündet das Urteil und begründet es. Er holt weit aus und erzählt von der Entstehung der DDR durch Überwindung des Hitlerfaschismus, der amerikanischen Imperialisten, des westdeutschen Monopolkapitals. Der Westen hat Tag X zur Vernichtung des Sozialismus angesetzt. Dabei sollte die Werktätige Intelligenz von großer Bedeutung sein. Offiziere des Kapitals konnten sich nicht von der Rolle der Ausbeuter lösen, um größte Profite aus der Arbeiterklasse herauszupressen. Ihre Verbrechen sind nicht typisch; schwerste Verbrechen an der DDR. Die Zeugen Jehovas hat die DDR als "Spionageorganisation" enttarnt.
Ziegler unterstellt Fleischer "Zynismus". Er habe DDR-Funktionären wie Otto Grotewohl und dem ZK der SED in mehreren Schreiben seine Solidarität mit dem sozialistischen Gedanken beteuert – um sich zu tarnen.

Angeblich Sabotagegruppe in Zwickau gegründet

Ziegler unterstellt, Fleischer und Kappler hätten eine Sabotagegruppe in Zwickau gegründet. Man drosselte Kohleförderung, verhinderte Techniken zur besseren Wetterführung. An der Nordostfeld-Erschließung sei einiges unterlassen worden, um den Amerikanern, wenn sie die DDR überfallen würden, große Bodenschätze präsentieren zu können. Stattdessen habe man in sinnlose Dinge wie das Anlegen eines Kohlebunkers investiert, obwohl schon ein Bunker da war.

Richter Ziegler: "Durch die Preisgabe der beabsichtigten Westeinkäufe war es dem amerikanischen Geheimdienst möglich, die für den sächsischen Steinkohlebergbau dringend benötigten Materialien auf ihre sogenannte "Vorbehaltsliste" zu setzen und damit eine Lieferung an die Deutsche Demokratische Republik zu verhindern."
Fleischer habe Elektroloks abgelehnt. Der Angeklagte Kuchheida sei faschistischem Denken erlegen.

Richter Ziegler: "Die Besonderheit dieses Prozesses besteht darin, dass alle Angeklagte, mit Ausnahme des Angeklagten Fankhähnel [...] zur technischen Intelligenz gehören. [...] Ihre langjährige, durch die ständige Zusammenarbeit hervorgerufene enge Verbindung zu den kapitalistischen Unternehmern hat sie zu verschworenen Feinden unserer demokratischen Entwicklung gemacht. [...] Trotz aller Vergünstigungen [...] haben sie [...] nur das eine Ziel verfolgt, den Bestand unseres Staates zu untergraben und durch ihre verbrecherische Tätigkeit zu beweisen, dass die Werktätigen nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft eine volkseigene Wirtschaft erfolgreich aufzubauen, ohne dafür die Hilfe kapitalistischer Unternehmer in Anspruch zu nehmen."

Ziegler zu Fleischer: "Auch durch sein Schreiben an die SPD-Leitung in Hannover, in dem er sich gegen die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands und gegen die Aufstellung nationaler Streitkräfte aussprach, beging er Kriegshetze."

Vorwurf der Kriegshetze

Neben Kriegshetze (Artikel 6) ist Sabotage ein wichtiger Teil der Vergehen. Die Angeklagten waren "Offiziere des Kapitals."

Gericht reduziert die für Fleischer vom Staatsanwalt geforderte Strafe

Das Gericht reduziert die vom Staatsanwalt geforderte lebenslange Zuchthausstrafe für den Hauptangeklagten auf 15 Jahre, weil man davon ausgeht, dass Fleischer in der Haft "zu einem verantwortungsbewussten Handeln erzogen werden kann".

Das Band endet mit Zieglers Bemerkung, dass das Urteil nunmehr rechtskräftig ist und "keiner Anfechtung durch ein Rechtsmittel" unterliegt.

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SWR