Drehpause am Tatortset. Richy Müller sitzt am Schreibtisch des Hauptkommissars Thorsten Lannert, den er seit eineinhalb Jahrzehnten spielt. Bereitwillig gibt er Auskunft über sein Leben.
„Ich habe einfach immer alles auf mich zukommen lassen“, sagt er. Und es ist eine Menge auf ihn zugekommen, Hollywood inklusive. Geboren in Mannheim in den 1950er-Jahren, ein Arbeiterkind, getauft auf den Namen Hans-Jürgen – in Richy Müllers Wiege lagen eher Schraubstock und Feile als die Schauspielerei. Er lernte Werkzeugmacher, wie sein Vater. „Ein guter Beruf, an dem es nichts zu meckern gibt“, findet Müller.
Aus Hans-Jürgen wird „Richy“
Die Kumpels aus der Rockband seines Bruders brachten ihn auf die Idee, es doch mal an der Schauspielschule zu versuchen. Er brauchte einen einzigen Versuch: In Bochum wurde er sofort genommen.
Kurz darauf die erste Filmrolle: In „Die große Flatter“ spielte er den halbstarken Träumer Richy derart überzeugend, dass Viele meinten, Regisseurin Marianne Lüdcke habe ihn tatsächlich auf der Straße aufgepickt. Nicht weniger als 27 Millionen Menschen sahen damals das Fernsehspiel. Widerstand war zwecklos, pötzlich war er für alle „Richy“. Und das blieb er.
Der Ruhm aus heiterem Himmel war für Müller gleichermaßen Fluch und Segen: Zwar konnte er sich kaum vor Angeboten retten – nur waren es immer neue „Richys“, die die Branche von ihm wollte. Keine Option für Müller.
Für ein paar Jahre spielte er ausschließlich Theater: In Berlin und Frankfurt arbeitete er unter den Regiegrößen der Zeit: Hans Neuenfels, Einar Schleef, Robert Wilson. „Für die ganzen Verrückten“, sagt Müller heute liebevoll.
Das Theater hat immer noch einen festen Platz in Richy Müllers Leben: Den „Rain Man“ nach dem berühmten Kinofilm der Achtziger hat er weit über dreihundert Mal gespielt. Und die Vorstellungen im Karlsruher Kammertheater sind noch immer ausverkauft.
Schirmherr einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung
Der Privatmann Müller engagiert sich intensiv für mehrere Sozialprojekte. So ist er Schirmherr des bhz, einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Stuttgart. Und das nicht nur auf dem Papier.
Wenn er sich einmal im halben Jahr unter die Beschäftigten mischt, herrscht Ausnahmezustand. Alle sind hell begeistert, wenn Müller hilft, die berühmten „Männle“, urkomische Figürchen aus Abfallholz , zu bemalen oder wenn er Mittagessen ausgibt. Richy Müller zeigt sich ganz offen und von Berührungsängsten völlig frei.
Auch die „Arche“ in Kusterdingen liegt ihm am Herzen. Es ist eine Art Intensivstation draußen auf dem Land für Kinder, die ohne Beatmungshilfe nicht überleben würden und die dauerhaft auf Apparate angewiesen sind. Manche von ihnen ihr Leben lang. Die Gerätschaften sind teuer, nichts geht hier ohne Spenden. Müller hilft nach Kräften, sie zu beschaffen. Und immer wieder schaut er auch hier vorbei.
„Ich weiß, dass ich privilegiert lebe, dadurch, dass ich meinen Unterhalt mit Schauspielerei verdienen kann“, denkt Richie Müller. „Was ich halt wichtig finde, ist, dass man, auch wenn man privilegiert lebt, nichts Besseres oder Besonderes ist den Anderen gegenüber.“
Seine Lorbeeren, hat sich Richy Müller redlich verdient, auf der Bühne, in vielen Dutzend Filmrollen und immer wieder als „Tatort“-Hauptkommissar Thorsten Lannert. Er ruht sich nicht auf ihnen aus.