Der Diener Jacques und sein adliger Herr reisen mit unbestimmtem Ziel zu Pferd durch Frankreich. Wenn sie nicht über die amourösen Abenteuer des Dieners plaudern, diskutieren sie über das Problem der Willensfreiheit. Paradoxerweise ist der welterfahrene, tatkräftige und vorwitzige Jacques Anhänger eines stoischen Fatalismus und betont bei allem, was passiert, dies habe in der großen himmlischen Schicksalsrolle geschrieben gestanden, während sich sein langweiliger und schläfriger Herr zur Freiheit des Willens bekennt, ohne von ihr im Leben wirklich Gebrauch zu machen.
Diderots Erzählweise spiegelt Jakobs Determinismus: Der Erzähler erklärt, dass er sich alle Geschichten zufällig ausgedacht habe und dass er sie auch ganz anders hätte erzählen können. Gleichzeitig gibt er vor, sich der Wahrheit verpflichtet zu fühlen, und bezieht sich auf Dinge, die er wirklich gehört haben will. Jakob und sein Herr fragen sich, ob immer das passiere, was vom Schicksal vorgesehen sei, oder ob man im Nachhinein Schicksal nenne, was sich vorher ereignet habe.
Diderot nimmt den von Brecht für das Theater entwickelten Verfremdungseffekt vorweg: So wie bei Brecht die Schauspieler jederzeit als wirkliche Menschen in ihrer Rolle zu erkennen sein sollen, durchbricht Diderot die Illusion der Erzählung und weist immer wieder darauf hin, dass sie nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln sei.
Radioroman nach "Jacques le Fataliste et son Maître" von Denis Diderot
Komposition: Helge Jörns
Übersetzung aus dem Französischen und Hörspielbearbeitung: Hans Magnus Enzensberger
Mit: Stefan Wigger, Klaus Herm, Otto Sander, Margot Leonhard, Christa Lorenz, Christian Brückner u. a.
Regie: Manfred Marchfelder
Produktion: SR/SWF 1979