Substanz, Qualität, Quantität, Relation, Ort, Zeit, Lage, Haltung, Tun und Leiden - - zehn Kategorien sollen nach Aristoteles die Welt und ihre Erkenntnis strukturieren. Der Pianist, Komponist und Hörspielmacher Hermann Kretzschmar hat sich für sein Hörstück „ΑΡΙΣΤΟ GAMES“ die zehn Kategorien zum Thema gemacht. Seit über 2000 Jahre sind sie auf die eine wie andere Weise fürs Denken und Leben wirkmächtig, auch wenn nicht jede einsichtig sein dürfte. Braucht auch keine von ihnen in diesem Stück, denn Hermann Kretzschmar greift sie auf spielerisch-musikalische Weise auf: Ernst folgt hier auf Joke, Pop-Song auf literarisches Sprachspiel, Erzählung auf Sachtext oder gar einen YouTube-Vortrag über höhere Mathematik.
Hierarchien werden, wie fast immer in Kretzschmars virtuosen Hörspielen subversiv, anarchisch und mit viel Witz und kompositorischem Eigensinn unterlaufen wie zugleich hintersinnig bestätigt - mit dem Anliegen, dem Kategorienwechsel unserer Zeit auf die Spur zu kommen bzw. mit ihm „gut auszukommen“ - und über das Game „Kunst“ Erkenntnis zu erspielen.
Musik und Wort und Geräusch treten gleich berechtigt hier auf. Dieses Hörspiel versteht sich radikal als eine „akustische Bühne“, deren Existenz und Zusammenspiel sich der Wirklichkeit des Studios verdankt.
Die Sprecherinnen und Sprecher in ihren Rollen
Stimmen:
Leslie Malton
Caroline Junghanns
Jeremy Mockridge
Musik:
Αριστο-Band (Aristo-Band) mit:
Georgios Panagiotidis (Violine und E-Violine)
Steffen Ahrens (Gitarren)
Yuka Ohta (Schlagzeug und Perkussion, Drums-Set und singender Säge)
Hermann Kretzschmar (Klavier)
Sowie der Frankfurter Kantorei unter der Leitung von Winfried Toll
Musik- und Choraufnahmen: Felix Dreher
Ton und Technik Wortaufnahme und Mix: Christian Eickhoff und Tanja Hiesch
Dramaturgie: Manfred Hess
Komposition und Regie: Hermann Kretzschmar
Produktion: SWR 2024 in Kooperation mit Deutschlandfunk - Premiere
Hermann Kretzschmar studierte zunächst Schulmusik und Germanistik sowie im Anschluss Klavier bei Bernhard Ebert in Hannover. 1985 wurde er Mitglied des Ensemble Modern, arbeitet dort als Solist und Kammermusiker. 1994 gründete er gemeinsam mit Catherine Milliken und Dietmar Wiesner HCD-Productions. HCD veröffentlichte die CDs „Migrations“ (Werke von Paul Bowles), „Surface Tension“ (Werke von Howard Skempton) und die Hörstücke „Denotation Babel“ (Prix Italia 1999), „Cosmic Memos“ nach Calvino und „Die Blüte des nackten Körpers“ (R. Schrott, 2011).
Seit 2001 realisierte Kretzschmar folgende Hörstücke: „Strahlungen“ (2004) (Hörspiel des Monats Mai), „Harmonies of Paradise“ (2006), „Doktor Faustus“ (2007), „Arnold auf dem schönen Berg“ (2009), „Der Tod in Rom“ (2009), „Het Witte Kind“ (2010), „Kuno Kohns Capriccio“ (2011), „Soundcuts Wasserkuppe“ (2011) und „Superpsalm“ (2016).
2016 erschien bei Hörbuch Hamburg der Roman „Manhattan Transfer“ nach John Dos Passos, den Kretzschmar zusammen mit Leonhard Koppelmann bearbeitete, 2017 im belleville Verlag seine beiden frühen Hörstücke „Zur Zeit-revisited“ (2001) und „John Cages Stufen“ (2003) (mit den Stimmen von Walter Zimmermann, Fredric Rzewski, Hans Zender und Dieter Schnebel). 2017 erschienen 50 „SaVaSa Games“ für Blechbläsertrio sowie das dreiteilige Hörstück „Sodom und Gomorrha“ nach Proust mit dem Ensemble Modern (Hörverlag München), 2018 das Hörstück „Das Bad im Knall“ (SWR). 2020 erarbeitete Kretzschmar eine Fassung von Mauricio Kagels „Ludwig van“ für das Ensemble Modern, ebenso erschienen das Hörstück „Die Gefangene“ nach Proust mit dem Ensemble Modern, „Die 32 Scansonaten“ (alle Beethovensonaten in 85 Minuten) sowie „Rattenfloh“ (HR-Hörstück mit Wolfram Koch). 2021 folgte „Phantome“ mit dem Ensemble Modern (SWR-Hörstück). Auf seiner Porträt-CD bei Ensemble Modern Medien veröffentlichte er „Knotts Klavier“, Werke 1991-2007.