"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Frühling 2024 - zwischen Sommerlaune, Klimasorgen und Spaghettieis

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Sommer im Frühling: Dieser April hat schon jetzt neue Wärmerekorde aufgestellt - und wirkt damit wie ein Lebensfreude-Booster. Zumindest, wenn man nicht zu lang darüber nachdenkt, so die Erfahrung von Kolumnistin Laura Koppenhöfer.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, mitzuerleben, was so eine Dosis sommerwarmer Frühlingssonnenschein mit uns macht: Da verwandeln sich zu Boden blickende Graugesichter in lächelnde Leuchtgesichter. Erschöpfte Eltern grinsen breiter als der Nachwuchs über einem Berg Spaghettieis. Couch-Kartoffeln, die monatelang kaum raus wollten, waten jauchzend in 14-Grad-kalten Fließgewässern oder werfen sich gleich ganz rein. Räder werden aufgepumpt, Wiesen belagert, Ausflugsziele gestürmt, und nicht mal die dort unvermeidbaren Warteschlangen können der allseitigen Aufbruchsstimmung etwas anhaben.

Spaßbremse Klimawandel

Dass in der gleichen Woche der Klimadienst “Copernicus” den wärmsten März seit Beginn der Aufzeichnungen gemeldet hat und damit den zehnten Monats-Rekord in Folge, mag man da gerne verdrängen. Auch, dass fast zeitgleich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz wegen mangelnden Klimaschutzes verurteilt hat: Laut Gericht fürchten die selbst ernannten “Klima-Seniorinnen” zu Recht um ihr Leben, wenn die Hitzesommer häufiger und heftiger werden. Echt, ey. Diese olle Spaßbremse von Klimawandel.

Früher, hach, da war Sonnenschein noch was uneingeschränkt Positives. Sommerhitze im Frühling war einfach gutes Wetter. So scheint zumindest die nostalgisch vergoldete Erinnerung.

Laura Koppenhöfer
Laura Koppenhöfer

Und während man selig die von den Stiefelmonaten bleichen Füße endlich wieder in offene Schuhe steckt, kommt einem ein sehr unseliger Gedanke: Werden wir auch diese Jahre irgendwann später nostalgie-seufzend verklären? Wisst ihr noch, damals, in den 20ern, als wir uns noch stundenlang in den Stau am Gotthard stellten, um freiwillig in den Süden zu fahren? Als im Stadtwald noch Birken und Buchen standen und keine Palmen und wüstentauglichen Sträucher. Als die Freibadsaison gerade mal vier Monate dauerte statt acht. Das waren noch Zeiten!

Vorsicht vor der Nostalgie-Falle

Um nicht in diese Nostalgie-Falle zu gehen, hilft es, sich die Zeitwahrnehmung von Kindern abzuschauen. Sie erinnern sich an vieles beeindruckend detailliert und gucken auch gerne Videos von früher, “als wir noch Babys waren”. Aber insgesamt spielt die Musik im Hier und Jetzt, das aktuelle Bedürfnis oder Gefühl ist - oft zum Leidwesen der Eltern -  das allesentscheidende. Und ist der Blick nach vorn gerichtet, dann auf das nächste greifbare Highlight: Auf die Geburtstagsparty, Gartenübernachtung, Tanz-Aufführung. Und natürlich auf den ungewöhnlich frühen Start der Freibad-Saison. Weil das Wetter ja so gut ist. Oder?

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Autor/in
SWR