Immer mehr junge Menschen betroffen

Burnout - zwischen Erfolg und Erschöpfung

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Unsere Gesellschaft ist mit einem alarmierenden Anstieg psychischer Erkrankungen konfrontiert. Besorgniserregend dabei ist unter anderem, dass immer mehr junge Menschen an sogenannten Burnouts erkranken. Welche Faktoren tragen dazu bei?

Peter Henke aus Ingelheim am Rhein führte ein Leben auf der Überholspur. Als erfolgreicher Mountainbike-Profi in der Sportart "Slopestyle" war er international bekannt und erfolgreich. Doch hinter den spektakulären Sprüngen und waghalsigen Abfahrten verbarg sich ein ständiger Kampf gegen die eigene Psyche.

"Ich habe auch erst spät gemerkt, (…) dass ich vielleicht Burnout oder Depressionen in einem Stadium habe, wo es gar nicht mehr auszuhalten ist."

Durch sein Management bekam er viele Anfragen und sagte so gut wie nie ab. Auch wenn ihm die Termine und Veranstaltungen zu viel wurden, traute er sich nicht, seine wahren Gefühle zu äußern. Bis der Stress so groß wurde, dass er keine Lust mehr am Fahrradfahren hatte. Sein Spaß wurde zur Last.

Die alarmierende Statistik der Pronova BKK

Doch auch dann holte sich Peter Henke noch keine Hilfe: Vor knapp drei Jahren stürzte er sich ins Feiern und versuchte, seine Krankheit zu verdrängen. Bis sein Körper streikte: Panikattacken und Herzrasen gehörten zum Alltag.

"Dann kam irgendwann der Punkt, wo ich gesagt habe, wenn ich jetzt nichts mache, weiß ich nicht, wie das alles ausgeht und bin in eine Klinik gefahren. Ich hätte mir früher Hilfe holen müssen."

Nach sechs Wochen in der psychiatrischen Schlossparkklinik im pfälzischen Dirmstein veränderte Peter Henke sein Leben radikal. Er arbeitet heute als Radtester und Coach.

Burnout - Peter Henke aus Ingelheim führte ein Leben auf der Überholspur
Peter Henke ist nach zwei Klinikaufenthalten derzeit weiter in ambulanter Therapie.

Die alarmierende Statistik

Laut dem DAK Psychreport 2023 liegen psychische Leiden wie bei Henke auf Platz drei der Erkrankungen, die die meisten Fehltage im Job verursachen. Besonders auffällig ist der Anstieg bei jungen Menschen. Rheinland-Pfalz liegt hier über dem Bundesdurchschnitt. 

Verdrängen als Ausweg 

Felipe Lopez-Ruiz, ein Vertriebsingenieur aus Oppenheim bei Mainz, erfuhr am eigenen Leib, wie die Hingabe zum Job zu einem unaufhaltsamen Abstieg führen kann. Trotz zweier Burnouts ignorierte er die dringende Notwendigkeit einer Veränderung. 

70-Stunden-Wochen, weltweite Geschäftsreisen und zu wenige Auszeiten führten bei ihm mit Mitte Fünfzig im Jahr 2011 zu dauerhaften Schlafstörungen und einem Ziehen in der Brust. Bei einem Blutdruck von 235 zu 180 wurde er in die Notaufnahme eingeliefert.  

"Ich war am Sterben und das ist mir persönlich gar nicht aufgefallen."

Burnout - ein gesellschaftliches Problem
Jahrelang arbeitete der Vertriebsingenieur für einen Autozulieferer.

Nach seinem Klinikaufenthalt 2011 und einer Reha kehrte Felipe in seinen alten Job zurück. Ohne eine Eingliederung startete er wieder durch. Zweieinhalb Jahre später erlitt er den nächsten Burnout. 

Das Loch, in das er danach fiel, war laut Lopez-Ruiz groß. Der Umgang mit dem gesellschaftlichen Druck ließ ihn mit einem schlechten Gewissen zurück: Was denkt die Familie? Was denken die Nachbarn? Warum gehe ich nicht mehr arbeiten? 

Jeder fünfte hat Angst, an Burn-Out Syndromen zu leiden

Der heute 65-jährige Vater von vier Kindern sieht ein Problem in der Leistungsgesellschaft. Die Automobilindustrie, in der er arbeitete, steht dauerhaft im Fokus, die Zielvorgaben waren laut Lopez-Ruiz gnadenlos. 

"Und wenn man die Tätigkeit gut macht, wird man auch mit Geld geködert." 

"Ich war am Sterben und das ist mir persönlich gar nicht aufgefallen."
Felipe Lopez-Ruiz ist nach dem zweiten Burnout nicht mehr in seinen Job zurückgekehrt.

Ein Blick auf die Gesellschaft

Eine Studie der Pronova von 2023 offenbart die tieferliegenden Ursachen dieses alarmierenden Trends. Über 60 Prozent der Bundesbürger fürchten, an Überlastung zu erkranken. Jeder Fünfte stuft die Gefahr als hoch ein, einen Burnout zu bekommen. Die ständige Erreichbarkeit, hohe Arbeitsbelastung und mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind die Hauptkritikpunkte an der Arbeitswelt. 

"Am Anfang ist man natürlich sehr geprägt von Angst: Kommst du da raus, kommst du da nicht raus? Aber mit viel Wille und viel Eigeninitiative schafft man das doch. Heute muss ich sagen, geht es mir eigentlich gut!" 

Rheinland-Pfalz

DAK-Kinder- und Jugendreport für RLP Depressionen, Angst- und Essstörungen - Vor allem Mädchen sind psychisch krank

Seit Beginn der Pandemie ist die Zahl der psychischen Erkrankungen von Jugendlichen in RLP stark gestiegen: Vor allem Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sind betroffen.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

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SWR