Steuern statt Gedichte

Warum es keinen lebensnahen Finanz-Unterricht an Schulen in RLP gibt

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Joachim Wulkop
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Tim Stobbe
Tim Stobbe ist Redakteur bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Immer wieder werden Forderungen nach einem lebensnahen Wirtschaftsunterricht als Pflichtfach an Schulen laut. Doch in Rheinland-Pfalz ist das nicht geplant. Warum nicht?

Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet einer Umfrage zufolge Finanzbildung in der Schule. 93 Prozent gaben in einer repräsentativen Forsa-Befragung für die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) an, ihnen sei es wichtig oder sehr wichtig, dass Kinder und Jugendliche in der Schule, Wissen und Kompetenzen über Finanzen erwerben. Gemeint sind etwa Themen wie Inflation, eigene Haushaltsfinanzen oder Verträge und Versicherungen.

Lieber Steuererklärung als Gedichtsinterpretation

Passend dazu fordert die Landesschüler*innen-Vertretung (LSV) Rheinland-Pfalz ein neues Schulfach, welches ab der 7. Klasse über Wirtschaftssysteme und den Umgang mit Geld und Versicherungen unterrichtet. Der bisherige Umfang an Unterricht zum Thema Wirtschaft sei nicht ausreichend, sagte eine Sprecherin dem SWR.

Viele Bestandteile des Unterrichtsplans seien nicht mehr aktuell, kritisiert die LSV. Gedichtsanalysen etwa seien weiterhin fester, aber unbeliebter Bestandteil des Unterrichts, praktische Themen aus der Wirtschaft wie Versicherungen, Anlagen und Steuern dagegen kaum oder gar nicht.

Schule müsse sich weiter entwickeln und dürfe nicht auf dem Stand von vor 50 Jahren bleiben. Finanzunterricht von Experten wie dieser bleiben eher die Ausnahme an den Schulen in Rheinland-Pfalz:

Verbraucherzentrale: Kein Geld für Finanz-Bildung

Der Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz geht ein Schulfach "Wirtschaft und Finanzen" nicht weit genug. Kinder und Jugendliche sollten insgesamt besser darauf vorbereitet werden, dass sie selbst im Fokus von Unternehmen stehen und lernen, seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden, sagte eine Sprecherin dem SWR.

Um Kinder, Jugendliche und Lehrer ausführlich in Sachen Verbraucherbildung zu unterrichten, fehlt der Verbraucherzentrale aber nach eigenen Angaben das Geld. Es sei sehr bedauerlich, dass ein Projekt dazu Anfang nächsten Jahres auslaufe.

Bildungsministerium: Viele Angebote für junge Menschen

Unterrichtsstoff wie Gedichtsanalysen zugunsten von Wirtschaftsthemen zu verbannen, lehnt das rheinland-pfälzische Bildungsministerium ab - und weist damit die Kritik der LSV zurück. Es sei nicht zielführend, unterschiedliche Bildungs- und Lerngegenstände gegeneinander ausspielen zu wollen. Sprachliche Bildung, wie eben auch Gedichtsanalysen, sei ebenso wichtig.

Es gebe bereits jetzt viele Angebote für wirtschaftliche Bildung, zum Beispiel über Bankenplanspiele, Schülerfirmen und -genossenschaften und außerschulische Kooperationen. Außerdem würden wirtschaftliche Themen in Sozialkunde, Erdkunde und Gesellschaftslehre aufgegriffen. Darüber hinaus gebe es ein Angebot für Grundschulen, die Themen Wirtschaft und Gesellschaft in den Unterricht mit einfließen zu lassen.

Bildungsministerium: Schule kann nicht alle Lebensbereiche abdecken

Es sei nicht geplant, ein eigenes Schulfach "Finanzen und Wirtschaft" einzuführen, auch weil "zu entscheiden wäre, welche Fächer und Lernbereiche Stunden abgeben müssten, um die Belastung der Schülerinnen und Schüler nicht zu erhöhen", sagte eine Sprecherin des Bildungsministeriums dem SWR.

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Schule könne nicht sämtliche lebenspraktischen Bereiche abdecken, das sei auch Aufgabe der Familie und der Gesellschaft. Wichtig sei, dass die junge Menschen zur Problemlösung befähigt würden und seriöse Ansprechpartner wie zum Beispiel Verbraucherzentralen kennen lernten.

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