Es sei das erste Urteil dieser Art in Deutschland, so eine MissBiT-Sprecherin im Gespräch mit dem SWR. Die Initiative hält die Entscheidung eines Zivilgerichts für richtungsweisend für andere Missbrauchsfälle.
Historisches Urteil in der Rechtsgeschichte
Das System der freiwilligen Zahlungen der Kirche gerate damit ins Wanken, so MissBiT. Es sei jetzt klar, dass die Kirche für die Taten ihrer Priester in Haftung genommen werden könne. Daher sei es ein historisches Urteil in der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik.
Die Höhe der Schmerzensgeldsumme übersteige die bisherigen Zahlungen der Kirche an Opfer, die sogenannten freiwilligen Leistungen in Anerkennung des Leids, um ein Mehrfaches. MissBIT arbeitet nach eigener Aussage derzeit an ähnlichen Klagen.
Als Messdiener jahrelang missbraucht
In der wegweisenden Gerichtsentscheidung ist das katholische Erzbistum Köln am Dienstag zu 300.000 Euro Schmerzengsgeld an einen Missbrauchsbetroffenen verurteilt worden. Das Landgericht Köln sprach das Urteil nach einer mündlichen Verhandlung, bei der kein Vergleich zwischen den beiden Parteien zustande gekommen war.
Der Kläger Georg Menne war in den 1970er Jahren als Messdiener viele Jahre lang von einem Priester sexuell missbraucht worden. Dabei hatte der inzwischen verstorbene Geistliche ihn mehr als 300 Mal vergewaltigt.
Erzbistum macht keine Verjährung geltend
Das Erzbistum Köln teilte mit, es übernehme für das erlittene Unrecht und Leid institutionelle Mitverantwortung. Deshalb habe Erzbischof Rainer Maria Woelki in dem konkreten Fall auch entschieden, keine Verjährung der in den 1970er Jahren begangenen Taten geltend zu machen.
Urteil mit Signalwirkung
"Dies ist ein wichtiges Signal für Tausende ähnlich gelagerte Fälle in Deutschland", teilte auch die Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch" mit. Die Kirche hafte für die Verbrechen ihrer Priester, Bischöfe und Ordensvorgesetzten.
Es gilt als wahrscheinlich, dass nun auch viele andere Missbrauchsbetroffene den Klageweg beschreiten werden, so dass auf die Kirche hohe Kosten zukommen könnten.
Bistum Trier sagt noch nichts zu Urteil
Das Bistum sagte auf SWR-Anfrage, man könne noch nicht bewerten, welche Folgen das Urteil haben werde. Außerdem verweise man auf ein Statement der Deutschen Bischofskonferenz. Darin heißt es unter anderem, dass die Bischöfe das System der freiwilligen Zahlungen weiterhin für ein geeignetes Verfahren halten.
Die gezahlten Summen "orientierten sich am oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder".